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Heulsuse der Woche: Der Typ, der Til Schweiger angezeigt hat, vs. den bayerischen Innenminister

Jemand hat Schweiger wegen Volksverhetzung angezeigt, und der bayerische Innenminister hat Angst, dass Flüchtlinge das Oktoberfest versauen.

Und wieder ist es an der Zeit, sich über ein paar Menschen zu wundern, die mit der Welt nicht fertigwerden.

Heulsuse #1: Der Typ, der Til Schweiger wegen Volksverhetzung angezeigt hat

Keine Zeit für sowas: Til Schweiger | Foto: imago/APress

Der Vorfall: Til Schweiger verlangt im Fernsehen, die rechten Demonstranten in Freital über Nacht einzusperren.

Die angemessene Reaktion: Umschalten, oder Til Schweiger in einem Brief höflich darauf hinweisen, dass man in Deutschland nicht einfach Demonstranten einknasten kann.

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Die tatsächliche Reaktion: Til Schweiger wegen Volksverhetzung anzeigen.

Wir alle erinnern uns gerne an die Ausgabe von Menschen bei Maischberger, in der Til Schweiger dem CSU-Generalsekretär erklärt, dass er ihm „auf den Sack" geht. Aber Til hat nicht nur geglänzt, weil das eigentlich jeder mal zu einem CSU-Generalsekretär sagen will. Der Schauspieler hat sich auch als einer der ersten deutlich und kompromisslos für Flüchtlinge stark gemacht—zu einer Zeit, als das noch überhaupt nicht so angesagt war wie in den letzten Wochen.

Offenbar hat der Auftritt aber nicht allen gefallen. Schweiger hatte nämlich auch ziemlich direkte Worte für die „Asylkritiker" gefunden, die mit ihrem lautstark rassistischen Protest zu der Zeit gerade das sächsische Freital in die Schlagzeilen gebracht hatten. Unter anderem schlug der Filmstar vor, da „zwei Hundertschaften" hinzuschicken, die dann „die Leute einkassieren, und sagen: ‚Heute Nacht bleibt ihr im Knast, denkt mal darüber nach, was ihr hier macht, und morgen kommt ihr hier nicht mehr her.'"

Eine relativ harmlose Forderung, wenn auch nicht unbedingt mit dem deutschen Recht auf Versammlungsfreiheit vereinbar, aber darüber kann man ja diskutieren. Eher überraschend ist die Auffassung, dass diese Aussage Volksverhetzung, mutmaßlich gegen die besorgten Freitaler Bürger, darstellt. Genau das findet aber ein Rechtswissenschaftler aus Münster, der den Schauspieler deshalb angezeigt hat.

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Die Staatsanwaltschaft prüft die Sache jetzt, auch wenn die Klage nicht viel Aussicht auf Erfolg hat. Immerhin haben wir schon eines aus der Angelegenheit gelernt: Man kann auch völlig ohne Unrechtsbewusstsein Rechtswissenschaftler werden.

Heulsuse #2: Der bayerische Innenminister, der Angst hat, dass Flüchtlinge das Oktoberfest versauen

Flüchtlinge hinten rechts. Foto: imago/Michael Westermann

Der Vorfall: In München kommen zur Zeit viele Flüchtlinge an, und das Oktoberfest fängt am 19. September an.

Die angemessene Reaktion: Den Flüchtlingen helfen, die Oktoberfestbesucher vollmachen und ausnehmen, wie jedes Jahr.

Die tatsächliche Reaktion: Sich Sorgen machen, dass es alles zu „eng" wird, wenn Flüchtlinge noch da sind, wenn die Wiesn anfangen.

Es ist bestimmt nicht der einfachste Job aller Zeiten, gerade bayerischer Innenminister zu sein. Auf der einen Seite verdankt man einer Partei seinen Job, die zwecks Machtsicherung fast schon routinemäßig Ängste vor „Asylschmarotzern" und „Asylschwemmen" macht. Auf der anderen Seite sorgt Bayerns Lage am Ende der Balkanroute dafür, dass jeden Tag Hunderte Flüchtlinge in dem Land ankommen. Gerade am Montag sind 3.000 Menschen auf einmal in Zügen aus Ungarn angekommen, um die sich die Münchner dann kümmern mussten.

Das ist zweifellos eine große Herausforderung für jede Verwaltung. Andererseits ist München an solche Ausnahmezustände eigentlich gewohnt: Letztes Jahr sind genau um die Zeit innerhalb von zweieinhalb Wochen 6,3 Millionen Menschen in München eingefallen, um das Oktoberfest zu feiern. Man könnte sich also fragen: Was machen da ein paar tausend Flüchtlinge mehr oder weniger wirklich aus, zumindest was den Platz angeht?

Oder man kann es machen wie der bayerische Innenminister und öffentlich befürchten, dass das „eng" werden könnte, wenn „auch noch ein so großer unerwarteter Zustrom von Flüchtlingen" gleichzeitig mit den Oktoberfest-Gästen ankommt. Aber keine Sorge, Herrmann: Oktoberfest-Besucher und Flüchtlinge haben nicht unbedingt dieselben Interessen. Die einen wollen zünftig saufen, die anderen sich ein neues Leben aufbauen. Es ist also eher unwahrscheinlich, dass zwischen den beiden Gruppen Straßenschlachten um das letzte Brathendl ausbrechen. Und Gott sei Dank habt ihr ja noch ganze zwei Wochen, um zu überlegen, wie ihr die Flüchtlinge so unterbringt, dass sie nicht mit den betrunkenen Italienern auf der Festwiese schlafen müssen.

Abstimmen! Jetzt!

Letzte Woche: Die Urin-Nazis gegen die Hundekot-Vermieter.