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Mode

Krankenbett mit Blick auf Berlins Catwalks

Ein Recap der Berlin Fashion Week vom Krankenbett—aber glücklicherweise gibt es ja iPhones und Instagram. Da kann man auch gemütlich liegen bleiben.

Vor kurzem bekam ich das iPhone 5 und die allererste App, die ich mir holte war Instagram. Seitdem ist Facebook so A/W/S/S 2012! Mein liebster procastination-past-time des neuen Jahres erwies sich diese Woche sogar als besonders hilfreich.

Ich bin leider seit einigen Tagen im Krankenhaus. Es ist nichts schlimmes (ich erspar euch die Details), aber ich wurde ausgerechnet während der Berlin Fashion Week operiert. Als ich das erfuhr, musste ich lange heulen–vor Freude! Es blieb mir erspart, in der eisernen Kälte von Catwalk, zu Party, zu Cocktail, zu Catwalk zu rennen. Trotzdem bin ich voll auf dem Laufenden. Wie ich schon sagte, ganz einfach durch ein wenig Finger-Gymnastik über mein iPhone. Ich lag im Krankenbett, aber habe direkt alles erfahren, was in Berlin vom 15. bis zum 19. Januar ablief—über Instagram hauptsächlich.

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Die Liste der Designer wurde seit letztem Juli kaum verändert. Als ich 2009 erstmals an der BFW teilnahm, kannte ich keinen einzigen Namen, außer Rena Lange. Das Label präsentierte für Herbst 2013 einen sehr klassischen dandy-meets-the-mod Look mit viel schwarz, weiß, akzentuiert mit knalligem lila und rot. Und Hugo ByHugoBoss—wie immer die langweiligste Show, wo sich aber dafür ein paar internationale Stars blicken ließen (gesehen wurden Renée Zellweger, Eddie Redmayne und Pixie Geldof).

Im Ausland bekam man anfangs nicht wirklich was von Berliner Labels mit. Die Fashion Welt hat sich eher für die Nachwuchsdesigner aus London interessiert.

Aber das war auch vor vier Jahren! Acht Saisons später ist die BFW viel etablierter und Namen wie Schumacher, LaLa Berlin oder Lena Hoscheck sind mittlerweile auch international zumindest schon mal am Rande erwähnt worden.

Von den eleganten, aber ziemlich unoriginellen Schumacher Looks, ist mir besonders Nr.40 aufgefallen—ein senffarbiges langes Seidenkleid, dass sich nach vorne hin öffnet, mit langen Leggings darunter— ein absoluter Favorit bei Instagram. Lala Berlin zeigte romantische City-Cowgirls in rosa und roten Layer-Look, mit einem Mix an Maxi- und Miniteilen. Die Prints sind eine meist gelungene Überarbeitung von Navajo-Mustern, mit Rauten und Zickzack-Linien oder schwarz-weißem Sternehimmel, die mich an die Südweststaaten der USA erinnern. Einige Looks der LalaBerlin Kollektion im Camouflage-Style gingen ganz daneben.

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Die Wienerin Lena Hoscheck hat wieder einmal Powerfrauen in dirndl-artige Gewänder gesteckt. Obwohl ich bewundere, dass sie ihrem Stil treu bleiben will, kann ich nur sagen: wer 2013 noch Blumenkleidchen (mit den schrecklichsten Mustern) und gelöcherte Strumpfhosen auf den Catwalk schickt, ist alles, aber nicht glamourös.

Eines muss man der BFW wirklich zugute halten: im Gegensatz zu anderen Fashion Weeks sind die meisten Labels sehr jung. Designer sind oft nicht älter als 35 Jahre.

Also weiter geht's. Sissi Goetze zeigte strenge Männermode mit einem 50er-Jahre-Preppy-Piloten Touch: Hochgeschnittene Hosen und zugeknöpfte Hemden ohne Kragen, dazu Mäntel und Cappies. Alles in Grau- und Blautönen mit weißen und roten Akzenten. Silhouetten sind für sie immer das wichtigste, aber es sieht eher nach einem COS-Abklatsch aus.

Wer in Berlin das Who-is-Who der Designer beherrschen will, kommt nicht an den Designerduos Perret Schaad und Augustin Teboul vorbei. PerretSchaad fällt durch lässig-asymmetrische Kleidung mit metallischen und seidigen Akzenten auf. Aber der Granny-look ist nicht gerade sexy und steht, meiner Meinung nach, keiner einzigen Frau!

In der Galerie Thomas Schulte hat Augustin Teboul, zwischen Licht und Nebel, dürre Gareth-Pugh Lookalikes präsentiert. Bekannt für seinen All-Black-Style zeigte das franco-germanische Duo—diesmal mit großen Hüten—detailverliebte Outfits kombiniert aus Strick, Spitze, Seide und Leder, die den Körper zu verschlingen scheinen, aber auch hier und da Haut durchblicken lassen.

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Auch Hien Le muss man nach dieser Mercedes Benz Fashion Week kennen. Der in Laos geborene Designer eröffnete mit seiner dritten Kollektion die diesjährige Fashion Week. Seine minimalistischen Entwürfe aus Seide, Wolle und Wildleder in Beige-und Blautönen mit gradlinigen Hosen, Pullovern und Jacken, sind ziemlich unspektakulär. Aber im Ganzen funktionieren die Rothko-artigen Farbblockkombinationen, und wirken mit den beige-blau-grünen Farbverläufen der Seidenhemden irgendwie entspannend.

Alles andere als entspannend ist der absolute Newcomer und auch mein persönlicher Favorit Leandro Cano. Er gewann im Juli den „Designer for Tomorrow Award“—ein Nachwuchspreis der Kaufhauskette Peek und Cloppenburg mit dem Designer Marc Jacobs als Schirmherr. Leandro Cano zeigte als einziger avantgardistische Mode mit dramatisch-gepolsterten Schnitten und Stickereien aus Materialien wie Porzellan, Leder oder PVC. So wirkt die Kollektion plastisch und dekorativ zugleich.

Ein wenig dramatisch war auch der Titel ‚Broken Promises’ von Michael Michalskys ordinärer „Stylenite" im Tempodrom, mit der die BFW, wie jede Saison, zum Ende kam. Ich gehe davon aus, dass von der Mode keiner was mitbekommen hat, da bei Instagram kaum ein Bild zu finden war. Die Lightshows, Performances und viele geladene ‚Stars’ haben wohl davon abgelenkt, wobei diesmal das absolute Highlight Jimi Blue Ochsenknechts (who???) Laufstegdebut war.

Im Gegensatz zu der Stadt Berlin, die sich im rasanten Tempo verändert, legt die Mode nicht die gleiche Geschwindigkeit an den Tag. Jedes Jahr versucht man glamouröse und kreative Modeschauen wie in Paris zu inszenieren, aber irgendwie fehlen dazu die Designer, die es auch wirklich können—außer einigen Ausnahmen, wie Leandro Cano oder AugustinTeboul. Jedes Jahr wieder hoffen alle, dass die Mercedes Benz Fashion Week in Berlin endlich den Sprung machen wird, um mit Mailand oder New York zu konkurrieren, aber irgendwie wirkt es dann doch viel zu provinziell. Es kommt mir so vor, dass die aufstrebenden Modedesigner, sowie die BFW selbst, viel zu sehr damit beschäftigt sind, irgendetwas nachzuahmen, statt eine eigene Identität zu finden. Das gilt auch für Blogger, Fashionistas oder It-Girls—alle in der Berliner Modewelt scheinen so möchtegern-übercool und übermodisch sein zu wollen, dass sobald der Hype vorbei ist, plötzlich auffällt, wie viel dem Ganze an Authentizität mangelt.