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Eine ganz normale Woche

Jemand hat ein ganzes Mietshaus angezündet, weil dort auch Flüchtlinge leben

Diesen und alle anderen brutalen Angriffe auf Flüchtlinge in der letzten Woche haben wir hier aufgelistet.
Brennendes Haus. Foto: imago | Thomas Frey

Mittlerweile schaut kaum noch jemand hin, wenn alle zwei Wochen mal wieder gemeldet wird, dass die Gewalt gegen Flüchtlinge zugenommen hat. Stattdessen muss sich seit den Anschlägen von Paris auch der ein oder andere Politikerstark zusammenreißen, um die Flüchtlinge nicht als eine existentielle Bedrohung darzustellen. Gleichzeitig hat die reale Bedrohung für Asylbewerber auf deutschen Straßen zugenommen: Laut dem BKA gab es in den ersten drei Quartalen dieses Jahres bereits 461 Taten gegen Flüchtlingsunterkünfte, bei denen die Behörden von einem rechten Hintergrund ausgehen. Am Mittwoch erklärte der BKA-Präsident, dass die Behörde davon ausgeht, dass diese Angriffe zunehmen.

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Die Statistik ist unheimlich, aber eben auch irgendwie eine abstrakte Statistik. Die nackte Überlebensangst, die Schmerzen und die Traumata der einzelnen Opfer tauchen darin nicht auf. Um sich vorstellen zu können, was in Deutschland gerade wirklich passiert, muss man die Einzelheiten kennen.

Deshalb haben wir uns vorgenommen, jeden Freitag einen Überblick über die Gewalttaten gegen Flüchtlinge in den letzten sieben Tagen zu geben. Wir haben uns vor allem auf diese Zusammenstellung gestützt.

Eine ganz normale Woche eben, vom 20.11. bis zum 27.11.:

Brandenburg

Jüterborg: Am Freitagabend wurden mehrere starke Böller in einer kirchlichen „Jugendbegegnungsstätte" gezündet, in der immer wieder Treffen mit Asylsuchenden und Deutschkurse stattfinden. Das Zimmer ist bis auf weiteres unbrauchbar. Der Bürgermeister des Ortes war übrigens Anfang November aufgefallen, weil er seine Bürger vor „geringfügigem Kontakt" mit Asylbewerbern gewarnt hatte, da sie ansteckende Krankheiten einschleppen würden.

Berlin

Marzahn: Am Samstagabend brachen sechs Unbekannte in einer Asylunterkunft ein, wo sie zwei Bewohner zuerst rassistisch beleidigten und dann auch bespuckten. Einer der Männer versuchte schließlich, einen der Asylbewerber mit einer Bierflasche zu schlagen, der Angegriffene konnte aber ausweichen. Die Angreifer türmten daraufhin.

Mecklenburg-Vorpommern

Schwerin: Knapp zweieinhalb Stunden nach dem Ende einer AfD-Demonstration am Dienstagabend (an der natürlich auch wieder Neonazis teilgenommen hatten) wurden vier jugendliche Syrer an einer Straßenbahn-Haltestelle angegriffen. Eine Gruppe von ca. zehn Männern versperrte den 14- bis 16-Jährigen den Weg und beschimpften sie. Als einer der Syrer heftig an der Schulter geschubst wurde, ergriffen alle vier die Flucht. Die Männer verfolgten sie und warfen dabei Bierflaschen und Steine auf die Fliehenden. Offenbar waren sie aber zu langsam, um die vier einzuholen, so dass niemand ernsthaft verletzt wurde.

Woldegk: In einem Mehrfamilienhaus, in dem unter anderem zehn Flüchtlinge aus Syrien und der Ukraine leben, wurde am Montagabend Feuer gelegt. „Nach Polizeiangaben konnten die Bewohner wegen des Rauches nicht mehr durch das Treppenhaus gehen", berichtet die Ostsee-Zeitung. „Mehrere Menschen kletterten über ihre Balkone ins Freie, die meisten mussten von der Feuerwehr über Drehleitern in Sicherheit gebracht werden." Ein 76-Jähriger und eine 14-Jährige mussten im Krankenhaus behandelt werden, weil Verdacht auf Rauchgasvergiftungen bestand. Das Haus ist fürs erste unbewohnbar, alle Bewohner wurde in Notunterkünfte gebracht.

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Rheinland-Pfalz

Traben-Trarbach: Eine Gruppe von sieben Menschen aus der Region randalierte am Sonntagabend vor einem Haus, in dem sieben Flüchtlinge untergebracht sind. Sie riefen fremdenfeindliche Parolen und rissen ein Schild von der Hauswand ab, dass sie dann durch ein offenes Fenster warfen. Von den Bewohnern wurde niemand verletzt, die Angreifer sind mittlerweile ermittelt worden.

Sachsen

Bischofswerda: In der Kleinstadt nahe Dresden wurde ein 33-Jähriger festgenommen, der zugab, in den letzten Wochen mehrere Asylbewerber angegriffen zu haben. Er habe vor allem mehrere Male Flüchtlinge vom Fahrrad aus beschimpft und mit der flachen Hand geschlagen, andere habe er mit Steinen beworfen. Schwer verletzt wurde dabei niemand, trotzdem wird gegen ihn wegen Körperverletzung und versuchter schwerer Körperverletzung ermittelt.

Jahnsdorf: Drei Flüchtlinge wurden am Samstag von einem Unbekannten attackiert. Sie waren zu Fuß auf einer Umgehungsstraße unterwegs, als ein schwarzer Kombi neben ihnen hielt, ein kräftiger Mann mit einem Schlagstock ausstieg und unvermittelt auf einen der drei einschlug. Die drei Flüchtlinge flüchteten darauf.

Roßwein: Unterstützer des Bündnisses „Willkommen in Roßwein" sowie ein Asylbewerber wurden am Samstagabend von unbekannten Tätern angegriffen, berichtet das Bündnis auf seiner Facebook-Seite. Die Täter sollen die Angegriffenen als „Zeckenpack" beschimpft haben, einer von ihnen hatte ein Hakenkreuz im Nacken tätowiert. „Ein junger Mann wurde bei dem Übergriff mit einem Messer so schwer verletzt, dass er noch in der Nacht im Uniklinikum Dresden notoperiert werden musste", heißt es in dem Post. In Lebensgefahr schwebt er aber nicht mehr.

UPDATE: In einer früheren Version dieses Artikel wurde über einen Vorfall in Rottenburg berichtet, der sich allerdings schon 2014 ereignet hat. Wir entschuldigen uns für die Verwechslung.