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Laut einer neuen Studie bringt Kokain das Gehirn dazu, „sich selbst aufzufressen"

Echt jetzt?

Foto: Imago | Westend61

In einer neuen Studie ist festgestellt worden, dass hohe Dosen Kokain „das Gehirn dazu bringen können, sich selbst aufzufressen". Das klingt: sehr schlecht. Ich meine, man hört viel Übles über die Droge: Riesige Regenwaldareale werden niedergebrannt, damit du dir ein Gramm reinziehen kannst. Menschen werden abgestochen. Arbeiter werden ausgebeutet. Und dann stecken auch noch Entwurmungs- oder Abführmittel in dem Zeug. Aber diese Meldung ist wahrscheinlich die schlimmste. Es bringt dein Gehirn dazu, sich aufzufressen, und das, obwohl es gar keinen Mund hat. Das Gehirn verkonsumiert sich im Hungerwahn selbst, und dann reißen die Neuronen, und elektrische Impulse wandern durch deine Nervenbahnen in deinen Mund und dein Gesicht und du redest noch viel länger und lauter über dich selbst als ohnehin schon.

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Lasst uns jedenfalls mal die Fakten aus der Studie ansehen, welche überall mit Schlagzeilen präsentiert wird, die betonen, dass Gehirne auf Kokain Monsterschlünde entwickeln, die dann das besagte Gehirn in kleine Häppchen zerbeißen und verschlingen:

Die Forschung legt nahe, dass hohe Kokaindosen das Gehirn veranlassen können, sich selbst aufzufressen.

Eine Studie bei Mäusen hat festgestellt, dass die Droge eine unkontrollierte „Autophagie" auslösen kann; bei diesem Prozess verdauen Zellen sich selbst.

Press Association, 18. Januar 2016

Es bildet sich also kein wirklicher Mund, sondern es handelt sich um einen Vorgang in Zellen.

Richtig reguliert liefert die Autophagie einen wichtigen Reinigungsdienst—unerwünschte Substanzen und Fremdkörper werden von Enzymen in „Zelltaschen" aufgelöst.

Dr. Prasun Guha von der US-amerikanischen Johns Hopkins University School of Medicine, der auch der Hauptautor der Studie ist, die in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurde, sagte: „Eine Zelle ist wie ein Haushalt, der ständig Abfall generiert. Autophagie ist die Haushaltshilfe, die den Müll rausbringt—das ist meist eine gute Sache. Doch Kokain bringt die Haushaltshilfe dazu, wirklich wichtige Dinge wegzuwerfen, wie Mitochondrien, die Kraftwerke der Zelle."

Es wurde also festgestellt, dass man Mäusen einen Haufen Kokain geben kann, und dass dann dieser unkontrollierte Prozess passiert, der zum Zelltod führt, doch ein experimentelles und an Menschen getestetes Medikament namens CGP3466B kann die Hirnzellen der Mäuse vor dieser ganzen Gehirn-essen-selbst-auf-Sache bewahren. Also: Kokain stellt uns vor ein Problem, doch Forscher haben eine potentielle Lösung für dieses Problem gefunden, die noch weiter getestet werden muss.

Ich schätze, die Schlagzeilen sollten also nicht lauten: „Ach du Scheiße: Kokain bringt dein Gehirn dazu, sich selbst aufzufressen!" sondern mehr so: „Kokain bringt dein Gehirn dazu, echt seltsame Sachen zu machen"—aber das schlägt halt nicht ganz so gut ein. Und dann betreten wir das neblige Tal der Berichterstattung über medizinische Studien, wo man erst einmal die Schlagzeile von dem eigentlichen, extrem zusammengefassten Inhalt der Studie abpellen muss, und dann hinterher sowieso beides verwirft.

MOTHERBOARD: Warum ein Pathologe Einsteins Gehirn 40 Jahre lang in einem Mayonnaiseglas herumtrug

Es ist doch auch bekannt, dass Rauchen schlecht für die Lunge und fürs Blut ist, aber letztendlich lieben es die Leute trotzdem, sich alle 15 bis 20 Minuten eine Zigarette ins System zu fahren. Alkohol macht den Magen, die Leber und den Sinn für Selbsterkenntnis kaputt, aber trotzdem leeren wir das Zeug wie Wasser weg. Und Kokain ist schlecht für die Gehirnzellen und außerdem hochgradig unethisch, aber zu einer Line würden viele trotzdem nicht Nein sagen. Tja, das müssen sie schon selbst wissen.