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Monsanto den World Food Prize zu geben, ist wie Shakespeare in Love den Oscar zu verleihen

Monsanto ist ein schrecklicher, multinationaler, geldgeiler Konzern, der mit fiesen Methoden versucht, den Markt des Saatguts zu dominieren. Und dafür bekommt die Firma sogar einen Preis.

Foto von Flickr-User Donna Cleveland

Der Biotechnologie-Gigant Monsanto aus den USA ist so umstritten wie kaum ein anderer multinationaler Konzern: Das liegt an den überaus aggressiven Methoden, die sie nutzen, um die gesamte Breite des Agrarmarkts uneingeschränkt zu beherrschen—ohne Rücksicht auf Verluste oder in vielen Fällen Menschenleben.

Monsanto stellt Herbizide und gentechnisch verändertes Saatgut her, das unter anderem für Mais, Raps und Baumwolle verwendet wird. Wie schädlich gentechnisch veränderte Feldfrüchte tatsächlich für den Menschen sind, ist dabei nach wie vor umstritten. Wenn dir aber in ein paar Jahren Hörner aus der Stirn wachsen, dann kann es vielleicht daran liegen, dass du Monsantos genmanipulierte Scheiße gegessen hast.

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Jetzt hat dieses überaus sympathische Unternehmen den World Food Prize gewonnen, den der Vizepräsident Robert Fraley mit Freuden entgegengenommen hat. Der World Food Prize ist eigentlich eine internationale Auszeichnung für Personen, die besondere Leistungen für die Verbesserung der Quantität, Qualität oder Verfügbarkeit von Lebensmitteln erbracht haben. Ganz so nobel würde ich Monsanto eigentlich nicht einschätzen. Der Preis war übrigens mit 250.000 Dollar dotiert —welche das geldgeile Unternehmen mit einem Umsatz von fast 12 Milliarden Dollar im Jahr 2011 sicherlich bitter nötig hat.

Laut der New York Times ist der Preis in der Nahrungsmittelbranche in etwa das, was der Oscar für die Filmgiganten Hollywoods ist. Nur dass bei denen Dekadenz und Reichtum zur Branche gehören. Bisher wurde der Preis übrigens eher für Schulernährungsprogramme, Mikrobewässerung oder das Entwickeln kostenarmer Fischereimethoden für arme Menschen vergeben …

Kenneth Quinn, Präsident der World Food Prize Foundation, begründet die Preisvergabe dieses Jahr damit, dass die Gewinner „für ihre individuellen Leistungen in der Gründung, Entwicklung und Anwendung von moderner Agrar-Biotechnologie geehrt werden.“ Die Stiftung ließ verlauten, dass gentechnisch veränderte Pflanzen höhere Erträge bieten und resistenter gegen schlechtes Wetter, Krankheiten und Schädlinge seien. Von noch nicht erforschten Folgeschäden oder einem generellen Bedenken dieser neuen Technologie gegenüber ist allerdings keine Rede.

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Monsantos Executive Vice President und Chief Technology Officer Robert Fraley freut sich.

Hier sind einige Gründe, warum Monsanto den Preis nicht verdient hat:

Grund 1: Die Spende

Die Tatsache, dass Monsanto der Stiftung hinter dem Preis, der World Food Prize Foundation, allein im Jahr 2008 zufälligerweise fünf Millionen US-Dollar zukommen ließ, stellt noch nicht einmal das größte Problem dar.

Grund 2: Das Monopol

Monsanto ist seit jeher auch dafür bekannt, die umfangreiche Monopolisierung der eigenen Saatgüter voranzutreiben und die weltweite Marktwirtschaft zu ihrem Vorteil zu manipulieren. Dafür ist gerne mal jedes Mittel recht: Nachdem Monsanto nämlich in den vergangenen Jahren einen Großteil der weltweit konkurrierenden Agrarfirmen aufgekauft hatte oder eng mit ihnen zusammenarbeitete (Monsanto ist mittlerweile weltweit zweitgrößter Saatgutanbieter nach dem US-Konzern DuPont), wird es für Landwirte immer schwieriger, an Saatgut zu kommen, welches nicht vom Agrarriesen patentiert wurde. Die Landwirte haben also keine andere Wahl, als ihr Saatgut von Agrarfirmen zu beziehen, die es wiederrum von Monsanto einkaufen müssen.

Grund 3: Die Kontrolle

Die Landwirte, die ihr Saatgut von den Monsanto-Agrarfirmen kaufen, müssen Knebelverträge unterzeichnen, die es ihnen unter anderem verbieten, die eigene Ernte als Saatgut zu verarbeiten und dann wiederzuverwenden. Ihre Felder und Ernten dürfen jederzeit von Monsanto-Mitarbeitern kontrolliert werden. Die Verträge enthalten zahlreiche weitere Bestimmungen, die genau festlegen, was der Bauer hinsichtlich Aussaat, Ernte und Verkauf zu tun und zu lassen hat. Sollte jemand auch nur minimal gegen die Verträge verstoßen, drohen aufgrund von Patentrechtverletzung schwerwiegende juristische Maßnahmen und nie enden wollende Gerichtsverfahren. In neueren Verträgen Monsantos ist außerdem eine Klausel enthalten, die es dem Landwirt untersagt, Monsanto zu verklagen, sollte das genmanipulierte Saatgut versagen.

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Grund 4: Die Kontamination

Doch dort endet es noch lange nicht. Landwirte, die kein Monsanto-Saatgut verwenden, können auch verklagt werden, nur weil ihre Felder zu nah an denen von Monsanto liegen. Deren Felder können nämlich ohne ihr Wissen durch Monsantos gentechnisch veränderte Pollen oder Samen kontaminiert werden—einfach nur durch die gute, alte Windbestäubung. Das gilt auch für Situationen, in denen Pollen des Monsanto-Saatguts wie in Percy Schmeisers Fall einfach nur von einem Lastwagen fallen, der an so einem Feld vorbeifährt.  (Der kanadische Raps-Farmer, nicht einmal Kunde Monsantos, wurde 1998 wegen Patenrechtsverletzung verklagt, weil sich in seinen Pflanzen patentierte Gene befanden. Er verlor 2004 aufgrund der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Kanadas.)

Grund 5: Die globale Praxis

Welche Auswirkungen Monsantos Machenschaften für den Einzelnen haben, zeigt der Fall indischer Bauern, die sich massenweise umbringen. Das Unternehmen schaffte es in Indien, die Regierung und viele Kleinbauern davon zu überzeugen, dass ihr Saatgut zu viel besseren Ernten führen wird. Indische Regulationsbehörden schufen so eine Monopolstellung für das Monsanto-Saatgut in ihrem Land. Anderes Saatgut war nicht mehr zu haben und Kleinbauern sahen auch hier keinen anderen Ausweg, als das vollkommen überteuerte und als „Wundermittel“ beworbene Monsanto-Saatgut zu kaufen. Doch die versprochenen Ernten blieben vielfach aus, da der indische Boden nicht für die hochegezüchteten Pflanzen geeignet war. Dürren und der hohe Wasserbedarf der neuen Pflanzen taten ihr Übriges. Bauern, gebunden an jahrelange Knebelveträge, konnten ihre angehäuften Schulden und aufgenommenen Kredite nicht zurückzahlen, mussten aber weiterhin Saatgut von Monsanto beziehen. Komplett bankrott wählten viele den, ihrer Meinung nach, einzigen Ausweg: Suizid. Laut Monsanto haben die Selbstmorde allerdings weitaus komplexere sozioökonomische Gründe. Als ob.

Eine Änderung dieser Methoden ist kaum in Sicht. Erst dieses Jahr wurde in den USA ein Gesetz (der so genannte „Monsanto Protection Act“) beschlossen, das verhindern soll, dass amerikanische Gerichte bei eingereichten Klagen über die Zulassung oder Ablehnung des Verkaufs von Saatgut und Anbau ein Urteil fällen können.

Damit wird alles innerhalb der Industrie geklärt—ohne gerichtliche Klagen. Hierzulande gibt es dennoch einen Lichtblick. Nach massiven Protesten sieht es momentan so aus, als würde Monsanto langsam vom europäischen Markt verdrängt werden—auch wenn sie noch immer zahlreiche Zulassungsanträge für Gentech-Pflanzen in der EU laufen haben.Man kann nur hoffen, dass die nicht zugelassen werden.

Die Methoden, mit denen Monsanto sein Saatgut überall unterzubringen versucht, sind echt schrecklich. Die Verleihung des World Food Prize an Monsanto ist mindestens genauso kontraproduktiv und schwer nachvollziehbar, wie wenn man Shakespeare in Love den Oscar verleihen würde oder Drohnen-Obama den Friedensnobelpreis verleihen würde. Ach, Moment.