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Mode

Oh, entschuldigung, ich glaube jemand hat auf dich drauf gekotzt

Eine Woche lang wollte ich der bösen Kosmetikindustrie den Rücken kehren, und mich nur mit selbsthergestellten Produkten um mein Äußeres kümmern. Vier Tage, zwei Ausschläge, und einen Klempnerbesuch später...

Eine Woche lang wollte ich der bösen Kosmetikindustrie den Rücken kehren, und mich nur mit selbsthergestellten Produkten um mein Äußeres kümmern. Vier Tage, zwei Ausschläge, und einen Klempnerbesuch später kam die Erkenntnis: CHEMIE RULES!

Wenn ich an der Supermarktkasse stehe, gucke ich immer was die anderen Leute so aufs Band legen, und überlege mir, was das wohl für Menschen sind und was sie mit diesem Zeug anstellen. Während ich mir gerade überlegte wie wohl die Abendplanung des Typen vor mir, der demnächst Einweghandschuhe, Rohrreiniger, Kondome und eine Packung Merci sein eigen nennen konnte, aussehen könnte, musste ich zwangsweise überlegen was wohl jemand über meine Einkäufe denken würde. Voller Selbstbewusstsein hatte ich eine Gurke, Sahne, Apfelessig, Eier, Joghurt, zwei Flaschen Bier, Tomaten, zwei Avocados, Mandeln und Honig aufs Band geschmissen. Ich glaube selbst ein übermotivierter Jamie Oliver hätte daraus nichts Schmackhaftes zaubern können. Aber diese Lebensmittel waren ja auch nicht zum Verzehr gedacht, sondern sollten mich verschönern.

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Jahrelang gebe ich nun schon Kohle, die ich ja eigentlich sowieso nicht habe für allen möglichen kosmetischen Scheiß aus, der zuvor großzügig auf geschundene Affenärsche geschmiert wurde, nur damit wir keine Pickel davon bekommen. Nun bin ich der Affenarsch. Große Kosmetik Hersteller brüsten sich damit nur natürliche Inhaltsstoffe zu verwenden, man kann die tausenden Lush und Body Shop Fialen, dank der Globalisierung in keiner größeren Stadt umgehen und ich frage mich wenn doch das jetzt alles so natürlich ist, warum dann so scheiße teuer?! Mein Einkauf kostet nur 12,95…. Das wäre so ungefähr eine Messerspitze total natürliche Clinique Creme.

In der kommenden Woche würde ich also allerhand natürliche Kosmetik Rezepte an mir ausprobieren und sehen wie die Wirkung, insbesondere auch die auf andere Menschen ist.

Im Internet findet man alle möglichen Rezepte für selbstgemachte Kosmetik, ich sehe zwar davon ab mir meine Zahnpasta selbst herzustellen, aber werde versuchen die nächsten Tage Shampoo, Spülung, Duschgel, Bodylotion, Rasierschaum, Make-up Entfernen und Gesichtsreiniger durch Selbsgematschtes zu ersetzen. Ich hasse es schon nach Rezept zu kochen, zudem habe ich eh alle die Zettel verschlampt auf denen ich mir die besten Rezepte zur optischen Verschönerung rausgesucht hatte. Die Hauptsächlichen Dinge sind aber leicht zu merken. Sahne, Milch und ähnliches für eine sanfte Haut, Gemüse und Obst für Vitamine ( ist der Körper eigentlich in der Lage Vitamine über die Haut aufzunehmen, warum klebt man dann all den nach Nutella Brot lechzenden Kleinkindern nicht ein Stück Gurke an den Hinterkopf oder bindet ihnen Ananas Scheiben am Bauch fest?).

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Heilerde kann man anscheinend in alles rein mischen weil es ein „kosmetischer Alleskönner" ist, wie mir das geschulte Fachpersonal im Rossmann Drogeriemarkt versichert, „Das ist echt gut, kann man voll viel machen, Gesichtsmasken und so- ich nimm das auch IMMER!“ strahlt sie mich an, ich schaue auf ihre Erdbeerporige Nase, und den zwei zitronengelb leuchtenden Pickeln an ihrem Kinn und vollbringe das Wunder meine Gesichtszüge nicht völlig entgleiten zu lassen.

Nachdem ich in die zwei Tupperware Behälter schaue, die meine Gesichtsreinigung und meine Haarpflege für die nächsten zwei Tage beherbergen, wünschte ich mir vielleicht doch nach Rezept gemischt zu haben. Ich schmiere mir das Zeug vor dem Spiegel in die Haare und unweigerlich kommt mir die letzte Hausparty in den Sinn, denn das was ich mir da gerade über mein Haupt gieße sieht eins zu eins exakt so aus, wie das Zeug dass eine Freundinn nach übermäßigen Caipirihnia und Gucamole Verzehr in den Flur gekotzt hat. Nachdem ich mir dann auch noch die Gurken-Tomaten-Heilerde-Honig Pampe ins Gesicht klatsche sehe ich endgültig so aus als wäre ich auf einer Party mit Wodka Ahoi Shots, und abgestandenen Salatbüffet in der Badewanne eingeschlafen in die sich kurze Zeit später die Leute übergeben würden.

Angepisst weil optisch angekotzt. Das fasst mein Experiment in einem Satz wohl am besten zusammen. Nachdem ich mehr oder minder erfolgreich alle Avocado Stückchen aus meinen Haaren rausgeschüttelt und die Gurkenpampe vom Gesicht hatte war mir klar, dass dieser Versuch nicht viel mit Wellness und Schönheit, sondern eher mit Grenzerfahrung zu tun hat. Meine täglichem Schönheitsbehandlungen schloss ich von nun an damit ab mein Haar mit Bier auszuspülen. Beim Blick in die Badewanne wünschte ich mir sehr mir das jämmerliche, unangenehm riechende Ergebnis dieser Behandlung und ihre unappetitlichen Reste in meiner Wanne mit dem Bier schön trinken zu können.

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Am zweiten Tag meines Versuchs, fange ich mit dem Duschgel an. Milch und Mandelmehl. Erstaunlich gut riechend und eine einfache homogene Masse mit annehmbarere Farbe und sogar recht angenehmen Geruch. Ich habe meine Zweifel ob es den tatsächlichen Reinigungseffekt gebracht hat, aber ich rede mir erfolgreich ein, dass meine Haut viel sanfter ist als sonst. Aus lauter Begeisterung rieb ich es mir dann noch in die Haare, da ich ja alles irgendwie gut für alles ist. Mandelmehl in die Haaren ist jedenfalls nicht gut, doch bin um die Erkenntnis bereichert worden, dass Mandelmehlreste auf dem Kopf aussehen wie tonnenweise Schuppen.

Am nächsten Tag sollte es noch schlimmer werden. Nachdem mich selbst die Berliner Motzverkäufer mich nicht mehr anschnorrten, sondern mir verschwörerisch zunickten, beschloss ich die tägliche Bierspülung aus dem Pflegeplan zu verbannen und probierte mich stattdessen an einer Eiweiß Kur. Die roch um einiges Gesellschaftsfähiger und sah auch fast so aus wie Shampoo. Dieser Eindruck hat mich geblendet und ich sollte meine Naivität bitter bereuen. Chemie war leider nie mein bestes Fach in der Schule. Ich stellte mich unter den heißen Strahl meiner Dusche und kurze Zeit später verbrachte ich eine halbe Stunde und drei konventionelle Haarwäschen damit mir das gestockte Ei aus den Haaren zu fummeln. Man mag es nicht denken, aber ich stand in kosmetischen Fragen nun zwischen den Optionen Eiersalat oder abgestandem Bier.

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Der dritte Tag meines Experimentes kam einer Erleuchtung gleich. Ich musste feststellen, dass es nun einmal nicht einer meiner hellsten Momente war, frisches Haarshampoo und Gesichtsreiniger im warmen, feuchten Badezimmer aufzuheben. Die schon zu Beginn unschönen Massen schienen seltsame mehr statt weniger geworden zu sein, und rochen so gar nicht mehr nach sauber und schön. Inzwischen hatte ich schon eine Packung H-Milch und Mandelmehl immer in unmittelbarer Duschnähe stehen, und Heilerde die ich nun auch lediglich mit Wasser vermischte um mir das Gesicht zu reinigen, was sehr praktisch war, da der Abfluss nach der ersten „Behandlung“ sowieso komplett verstopft war und schon ähnlich unangenehm roch wie ich. Die Haarwäsche blieb weiterhin eine Tortur. Egal was euch erzählt wird: Weder Essiggeruch, noch Biergestank verfliegen, wenn das Haar getrocknet ist! Die erträglichste Weise die Haare zu behandeln, denn von Reinigen oder pflegen kann hier echt keine Rede sein, war eine weitere schleimige Pampe aus Banane, Joghurt und ein wenig Apfelessig und Mineralwasser. Apfelessig bleibt allerdings egal in welcher Form und an welcher Körperstelle als ein widerlicher Geruch zurück.

Als Deo verwendet, juckt es erst einmal höllisch, zudem riecht es so, als hätte man Apfelmost hergestellt in den man tonnenweise Fallobst zwischen den Achseln zerdrückt hat. Auch das wurde während meiner Hygiene-Revolution am dritten Versuchs Tag, bis auf eine kleine Ausnahme mit Kamillentee ersetzt. Der roch zwar angenehmer, hatte allerdings wie auch schon der Apfelessig weder eine Schweißhemmende noch eine besonders gute gesichtsreinigende Wirkung.

Irgendwann im Laufe der Woche war klar, dass ich mir, um mein Wohlgefühl zu steigern die Beine und die vom Apfelessig geschundenen Achselhöhlen rasieren musste. Schlagsahne ist wirklich ein super Rasierschaum Ersatz. Es macht die Haut weich, der Rasierer gleitet so sanft und gekonnt wie in der tollsten Gillette Werbung, und der leichte Fettfilm auf der Haut machen sie schön weich und zart. Noch am Abend desselben Tages kaufte ich mir schnell eine Flasche Sprühsahne, die war genial in der Anwendung und roch im Gegensatz zu der selbstgeschlagenen aus dem Tetrapack wirklich angenehm.

Am letzten Tag meines Selbstversuches machte war ich mit einer Freundinn zum Sauna Besuch verabredet. Abgesehen davon, dass ich mir vorkam wie im Handlungsärmsten Pornofilm als ich mir die Sprühsahne auf meinen Venushügel verteilte um die Saunagesellschaftsfähige Skinhead Frisur im Intimbereich wieder herzustellen, war ich auch noch besorgt darüber wie mein Bananenhaar mit der Hitze zu recht kommt. Es war eine gute Idee dieses Experiment mit einem Saunagang zu beenden. Erstens lobte mich meine Freundin für meine weichen Beine und wird nun auch das Vergnügen erleben können sich auf die Oberschenkel verirrte Muschihaare mit Hilfe von Sprühsahne, Pickel- und Rötungslos und mit dem Selbstbewusstsein einer Gina Wild zu ihren cineastischen Bestzeiten, entfernen zu können. Und ich stellte fest, es gibt doch tatsächlich einen Ort an dem man nicht ständig befürchtet, die Menschen nehmen auf Grund deines fragwürdigen unchemischen Körpergeruchs Abstand von dir. Hier schwitzen alle- und sind alle so blöd wie ich, sich kurz nach einer Ganzkörper Rasur mit Honig und Meersalz einzureiben.

In diesem Moment bin ich all den Kosmetikindustrie verwöhnten Idioten überlegen, da ich dank eines Ausschlags -Debakels am dritten Experimente Tag weiß, dass das selbst nach einer Sahnerasur unangenehm und unschön ist.