One in the Oven

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Popkultur

One in the Oven

Ich bin mit Richard Kern zu Jemima Kirke nach East Hampton gefahren um sie hochschwanger zu fotografieren.

Interview: Annette Lamothe-Ramos 
Fotos: Richard Kern
Photo Assistant: Max Dworkin

Da ich in New York aufgewachsen bin, war mir Jemima Kirke ein Begriff lange bevor ich sie überhaupt getroffen hatte. Wir sind beide auf private Kunstschulen in Manhatten gegangen, und Jemima war immer ein Teil der Geschichten, die man montagmorgens im Klassenzimmer hörte. Ihr Vater war ein Rock-Drummer und ihrer Mutter gehörte eine Vintage-Boutique, die Sex and the City ausstattete, also war es einfach nur unfair, dass Jemima auch noch unfassbar gut aussah. Normalerweise ereilt diese coolen Mädchen nach der Schule meistens ein tragisches Schicksal, oder sie ziehen fort und man hört nie wieder von ihnen, bis man sie in einer japanischen Parfumwerbung wiedererkennt. unter anderem Namen.

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Irgendwie hat es Jemima geschafft beiden Schicksalen zu entgehen und heute ist sie bekannter denn je, hauptsächlich wegen ihrer Rolle als spaßliebendes Party-Girl in der HBO Serie Girls, die sich um vier junge Mädchen dreht, die versuchen Beziehung, Arbeit und Leben auf die Reihe zu bekommen (irgendwie macht das ein paar Idioten im Internet ziemlich wütend). Im echten Leben ist Jemima Ehefrau, Mutter eines kleinen Mädchens (das zweite Kind ist ganz offensichtlich unterwegs) und bildende Künstlerin. Als Richard Kern und ich also zu ihrem Haus in die East Hamptons unterwegs waren, um sie zu fotografieren (sie war im 8. Monat schwanger), war ich gespannt, ob sie sich wohl schon völlig häuslich niedergelassen hatte. Ich wollte auch wissen, ob sie immer noch so schön ist. Sie ist es und sie kriegt ihren Scheiß so geregelt, dass es schon wieder verdammt deprimierend ist.

VICE: Ich bin dir das erste Mal über den Weg gelaufen, als du 18 Jahre alt warst und über die Ferien aus der Rhode Island School of Design nach Hause gekommen bist. Es war auf einer Aftershow-Party für die Band eines unserer Freunde, Dopo Yume. Seit damals bist du für mich diese wunderschöne, glamouröse Jemima Kirke.

Jemima: Warte, was ist damals auf der Party passiert? Das würde ich jetzt gerne wissen. Kannst du dich erinnern?

VICE: Nunja, ich könnte es dir off the record erzählen…

Jemima: Nein, nein, das ist schon okay.

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VICE: Wir waren in diesem Club, ,Black and White‘, und offensichtlich war keiner von uns alt genug, um überhaupt dort zu sein. Ein gemeinsamer Freund hat uns bekannt gemacht, ist aber gleich danach abgehauen, dann hast du mich hinter dir auf die Toilette gezogen.

Jemima: Ahja, ich erinnere mich daran, auch dass du irgendwie so gewirkt hast, als könnte man dich leicht beeinflussen. Also habe ich mir gedacht „Ich könnte dieses Mädchen wohl dazu bringen mit mir Drogen zu nehmen“. Aber ich denke es war sonst eh niemand in der Bar…

VICE: Du hast mir angeboten von deinem Schlüssel zu ziehen, während du pissen warst. Und ich erinnere mich daran, dass ich mich nur gefragt habe, wer zur Hölle dieses Mädchen ist. Als ich dich dann in der Serie sah, wie du das gleiche getan hast nur eben ohne die Drogen, habe ich mich wieder erinnert. 

Jemima: Die Rolle, die ich spiele, ist nicht mir gar nicht so unähnlich. Ich denke, dass ihre Persönlichkeit und vieles von ihrem Verhalten von dem abgeleitet ist, was ich getan habe.

VICE: Jetzt bist du allerdings 27 Jahre alt und bald zweifache Mutter. Wie ist es dazu gekommen? Die meisten Leute in unserem Alter, die in der Stadt aufgewachsen sind, bekommen immer noch nichts auf die Reihe - sie leben meistens noch daheim und gehen immer noch nicht ihren Leidenschaften nach, wenn sie denn jemals welche gehabt haben.

Jemima: Dieser Lebensstil hat sehr schnell nicht mehr zu mir gepasst. Manche Leute haben es irgendwie raus alles auf die Reihe zu bekommen, zumindest so, dass sie es immer noch locker angehen können. Aber ich konnte das nicht. Ich bin eher der ,Ganz oder gar nicht‘-Typ, und du bist ziemlich schnell am Ende, wenn du so weiter machst. Mich hast das zumindest echt fertig gemacht.

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VICE: Wie bist du zur Schauspielerei gekommen?

Jemima: Meine Freundin Lena (Dunham) hat mich darum gebeten in dem Film Tiny Furniture mitzuspielen, den sie mit dem Geld ihrer Eltern produzierte. Sie hatte nicht genug Geld um richtige Schauspieler zu bezahlen, also hat sie mich gebeten mitzumachen und es hat irgendwie funktioniert. Danach hat man ihr die Fernsehshow angeboten und sie wollte mich wieder dabei haben. Ich hätte allerdings nie gedacht, dass es so groß wird.

VICE: Wie hat dieser plötzliche Ruhm dein Leben verändert?

Jemima: Das schönste daran ist eigentlich, dass ich meinen Kinder etwas bieten kann. In meinem Alter ist das meistens mit viel Stress verbunden, oder man muss Geld von den Eltern nehmen, bei mir ist beides nicht der Fall. Allerdings hat es mir viel Zeit und Energie meiner Arbeit als Künstler gekostet.

VICE: Würdest du eine Karriere als Künstler deinem jetzigen Job vorziehen?

Jemima: Das Schauspielern ist nur zweitrangig, ich denke nicht, dass es ein Teil meines Lebens bleiben wird, da es nichts ist, das ich für immer tun möchte. Meine Kunst war schon immer das Wichtigste für mich und ich habe weitaus mehr Erfahrung auf diesem Gebiet, als ich es in der Schauspielerei habe. Es ist schwer das zu erklären ohne wie ein komplettes Arschloch zu klingen. So ein Mensch bin ich nicht. Ich bin sehr dankbar für diese Arbeit, aber ich denke einfach nicht, dass ich eine Zukunft als Schauspielerin habe. Ich habe es mir nicht verdient, und ich möchte es auch gar nicht.

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VICE: Wie hast du deinen Ehemann Mike kennengelernt?

Jemima: Das ist eigentlich eine sehr kurze Geschichte: Wir haben uns in einer Arztpraxis getroffen. Ich hatte Bronchitis, ich weiß nicht mehr, wieso er dort war, aber ich habe ihn gemocht und ihm meine Nummer gegeben. Wir sind seit vier Jahren zusammen und drei davon verheiratet.

VICE: Welchen Beziehungstip wirst du deinen Kindern geben, wenn sie erwachsen sind?

Jemima: Wenn ich einen Jungen bekomme, werde ich ihm wohl sagen, dass er nett zu Mädchen sein soll. Es ist verammt hart bescheiden und nett zu sein. Man sollte immer selbstbewusst sein und nie aus Verzweiflung handeln, denn ich verspreche dir, die Leute, die du wirklich magst, sind meistens schlimmer als du denkst. Es gibt immer etwas, das sie dir nicht erzählen.

VICE: Und was ist mit deiner Tochter? Am besten wegsperren und nie mehr rauslassen?

Jemima: Ich wünsche mir sogar sehr für sie, dass sie sich einmal mit Jungs trifft. Ich denke, dass ich sie einfach ihr Ding machen lassen würde. Hoffentlich fühlt sie sich dann wohl dabei mit mir zu reden und Ratschläge von mir anzunehmen.

VICE: Man sagt ja, dass Mädchen eine Vorliebe für Arschlöcher haben. Was sagst du dazu?

Jemima: Ich denke das ist lediglich eine Phase, aus der man auch wieder herauswächst. Diese Spielchen werden schnell langweilig, hoffentlich früher als später. Als ich jünger war habe ich diese Spielchen auch geliebt, aber mein Ehemann ist das beste Beispiel für das, was ich heute heiß finde. Er ist der netteste und bescheidenste Mann auf der Welt, aber er hat immer noch diesen Bad-Boy-Touch. Wenn er  wollte, könnte er ein Arschloch sein, aber er ist es nicht- er weiß wie er die Frau behandeln muss, die er liebt.

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VICE: Was, wenn dein Sohn einmal so wird wie Adam, Hannahs Freund in der Serie? Oder wenn deine Tochter mit so einem Kerl zusammen wäre? Eigentlich scheint er ganz nett zu sein, aber er ist das pure Chaos.

Jemima: Eigentlich wäre ich ziemlich stolz, sollte mein Sohn so werden. Er ist ein kluger und intuitiver Kerl, wenn man ihn näher kennenlernt, aber er hat auch eine dunkle Seite und das kann unheimlich anziehend sein. Ich wäre allerdings sehr besorgt, wenn sich meine Tochter mit so jemanden einlassen sollte, und würde nur hoffen, dass sie eine starke Persönlichkeit hat, denn diese dunkle Art kann einen Menschen zerstören.

VICE: Das klingt ganz so, als würdest du mal eine sehr verständnisvolle Mutter werden.

Jemima: Wahrscheinlich würde ich innerlich total ausflippen, aber ich möchte, dass sich meine Kinder einmal wie unabhängige Menschen fühlen. Meine Aufgabe ist es ja ihnen zu helfen, wenn sie mich brauchen oder ihnen Tips zu geben; Ich werde ihnen nicht vorschreiben wer sie sein sollen.

VICE: Hast du vor deine beiden Kinder in der Stadt aufzuziehen?

Jemima: Erst einmal ja. New York ist ein toller Ort ist um aufzuwachsen.

VICE: Hast du das Gefühl, dass es dich in irgendeiner Art geprägt hat in so einer Stadt zu leben?

Jemima: Die Leute sagen ja immer gerne, dass man in New York zu schnell erwachsen wird, aber ich denke das ist nicht unbedingt so. Es kommt einfach auf die Person an. Wenn sich jemand in der Stadt vom Negativen angezogen fühlt, dann wird das in der Kleinstadt auch passieren.

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VICE: Bei dir scheint das ja geklappt zu haben. 

Jemima: Ja! Allerdings wäre ich in der Kleinstadt sicher auch ein völliges Disaster geworden. In der Stadt konnte ich in Clubs, zu Parties und kam leicht an Drogen ran, aber selbst wenn ich am Stadtrand gelebt hätte, hätte ich in meinem Schlafzimmer Pillen zerbröselt.

VICE: Das war dir wohl so vorbestimmt.

Jemima: Ja, das war einfach ich. Ich denke nicht, dass der Ort etwas geändert hätte. Meine Eltern haben mich nicht genervt und ich war auch kein verzögenes Gör, also denke ich nicht, dass mich die Stadt verändert hat. [Pause] Oh, Lindsay [Lohan] hat wieder zugeschlagen. Ich lese gerade die Post und sie hat einen Fußgänger mit ihrem SUV erwischt.

VICE: Ernsthaft?

Jemima: Ja, es ist um 2:30 in der Früh passiert. Das sieht nicht gut aus.

VICE: Sie ist wohl immer noch nicht erwachsen.

Jemima: Nein, das ist sie tatsächlich nicht und ich denke nicht, dass sie es je sein wird.