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Auch der nächste Versuch, eine empathische Psychologin zu finden, ging völlig schief. Die Praxis lag direkt über der damaligen Arbeitsstelle meiner Mutter—dementsprechend kannten sich die beiden flüchtig. Als ich die esoterisch eingerichtete Wohnung betrat, spürte ich sofort Schwingungen gegenseitiger Antipathie. Kaum hatte ich mich auf den weißen Ikea-Sessel fallen lassen, sollte ich erläutern, was mein Problem war. Hm, genau das wollte ich ja eigentlich hier herausfinden. Bald unterbrach mich die Frau, musterte mich und fragte spitz: „Hast du eine Essstörung?"Auch, wenn ich die Frage schon ein paar Mal gehört hatte, wurde ich in diesem Moment unfassbar wütend. Ich sitze hier wie ein Häufchen Elend mit angeritzten Unterarmen, thematisiere die Probleme mit meiner Mutter, meinem Exfreund, meinen Verlustängsten, und die Alte wirft mir Essstörungen vor? Ernsthaft? Als sie daraufhin noch in einem Monolog zum Ausdruck brachte, dass ich ein undankbares Kind und meine Mutter doch ein wahnsinnig herzlicher Mensch sei, reichte es mir. Ich stand auf und ging.MOTHERBOARD: Warum wir unseren Ängsten hilflos ausgeliefert sind
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Wir redeten über die Schule, über Tiere, sie zeigte mir verpixelte Handyfotos von ihren Zimmerpflanzen und brachte lustige Geschichten aus ihrer polnischen Kindheit zum Besten. Neben: Wann ist der Zirkus hier endlich vorbei?, stellte ich mir nur eine Frage: Wie bitte soll mir die fröhlichste und unreflektierteste Grinsekatze der Welt bei Depressionen helfen? Warum meine Mutter im Streit seit Kurzem immer künstlich lachte—was jedes Mal zu Gewaltausbrüchen meinerseits führte—, wurde auch irgendwann klar: Die Therapeutin hatte ihr diesen Tipp gegeben. Bravo.Als ich nach etwa der Hälfte der Sitzungen einen Fragenbogen ausfüllen sollte, und bei „Haben sie manchmal Selbstmordgedanken?" wahrheitsgetreu „Ja" ankreuzte, rief die Psychotante fassungslos meine Mutter an—und ich verlor langsam den Glauben an die Menschheit. Ich brach die Therapie ab.Das Projekt Psychotherapie beendete ich mit folgender Erkenntnis: Fast alle Psychiater und Therapeuten, die ich getroffen hatte, waren freundliche Menschen, aber leider fehlte es ihnen vollkommen an Empathie. Sie waren alle nicht in der Lage, eine 17-Jährige ernst zu nehmen. Tatsächlich bestanden die hilfreichsten Ratschläge aus 08/15-Sprüchen wie „Den Schmerz akzeptieren" und „Loslassen".Was mir persönlich aus meinem Tief herausgeholfen hat, waren Gespräche mit der Familie, Spaziergänge mit meinem Hund und einfach mal weniger traurige Musik zu hören. Und nein, das soll nicht heißen, dass man einfach nur die Sommer-Playlist anschmeißen muss und schon wird alles gut.Ich sage nur, dass man sich manchmal eben eine Blase aus destruktiven Gedanken und miesen Stimmungen schafft, in der es nicht unbedingt einfacher wird, sein eigentliches Problem zu überwinden. Außerdem erfand ich das „Tennisspielen"—eine Methode, bei der ich vor meinem inneren Auge heranfliegende destruktive Gedanken mit einem großen Schläger über eine Mauer zurückschlage.Ich habe mir also im Endeffekt selbst Strategien beigebracht, um mit depressiven Phasen klarzukommen. Mir ist schon klar, dass es eine Menge kompetenter Psychiater und Psychotherapeuten auf dieser Welt gibt und deshalb möchte ich keinesfalls raten, auf professionelle Hilfe zu verzichten. In meinem Fall habe ich aber auf diejenige gehört, die mich am besten kennt: mich selbst.Wie sollte mir die fröhlichste und unreflektierteste Grinsekatze der Welt bei meinen Depressionen helfen?