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The Humongous Fungus Among Us Issue

The Humongous Fungus Among Us Issue: Reviews

Der One-Night-Stand sorgt für kurze Ablenkung, aber das ordentliche Verknallen findet seltener, dafür viel interessanter statt. Der Zufallsfund im Plattenladen ist selten und manchmal das Ding, das einen beim Hören so sehr flasht, dass man sich...

BESTES ALBUM DES MONATS

ADULT JAZZ: Gist Is (Spare Thought)

Der One-Night-Stand sorgt für kurze Ablenkung, aber das ordentliche Verknallen findet seltener, dafür viel interessanter statt. Die lang erwartete Platte vom Festival-Headliner ist das, was einem ein paar Tage über den Frühsommer hilft—aber der Zufallsfund im Plattenladen ist selten und manchmal das Ding, das einen beim Hören so sehr flasht, dass man sich hinsetzen und erst mal sammeln muss. Dieses Ding hier ist von der Sorte „nach dem zwölften Anhören immer noch kryptisch, aber nach dem 50. wird sich der Himmel auftun“, so präzise und beeindruckend und interessant. Ich bin verknallt und möchte diese Platte wirklich auf ein Date einladen. Nein, mehrere.
NAMA STAY

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SCHLIMMSTES ALBUM DES MONATS

SUPEGAUL: Musik für Menschen mit oder ohne Penis (Rummelplatz Musik)

Seit der Typ weg ist, der mit Kapuze in der Ecke saß, um sich CDs anzuhören und dann die Hälfte wegzuschmeißen und die andere Hälfte für ein Feuer im Hof zu verwenden oder mir an den Kopf zu werfen, muss ich jetzt die Reviews schreiben. Ich habe einfach in den Haufen gelangt, der mal der Arbeitsplatz von diesem CD-schleudernden Griesgram war, und natürlich die Platte mit dem Penis rausgezogen. Nach dem ersten Track, fing ich an, mit Dingen zu werfen und musste beim zweiten stoppen, als ich merkte, dass ich plötzlich eine schwarze Kapuze auf dem Kopf hatte und Totenköpfe in meinen Eiermann-Tisch ritzte.
SUPER GAU

BESTES COVER DES MONATS

SPIDER BAGS: Frozen Letter (Merge)

Ich persönlich habe ja noch nie Heroin genommen, aber irgendwie habe ich die Vermutung, dass der Name dieser Band eine Anspielung auf das braune Gold ist. Sie hören sich ein bisschen so an, wie getrocknete Kotze unter den Polstern einer Hollywoodschaukel auf der Terrasse, aber nur, wenn das mit dem Kotzen damals vor vier Jahren passiert ist, in dieser unvergesslichen Sommernacht. Die Art von Dreck, die man nicht wegmachen will. Mein Vater nannte Kotzen immer „Nach Bill rufen“, wegen dem Geräusch, dass du machst: „Billllllll!“
BECA GRIMM

SCHLIMMSTES COVER DES MONATS

THE NEW PONOGAPHES: Brill Bruisers (Matador)

Wow, das hier ist echt abgefuckter Yuppie-Bullshit! Ich hätte es wissen müssen, als mir das Album von einem übertrieben freundlichen, Zehenschuhe tragenden Pädagogik-Studenten empfohlen wurde. The New Pornographers sind wie zu Hause gebrautes Bier—je älter ich werde, desto mehr Idioten mögen es.
MICHAEL DROP

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STATIK SELEKTAH
What Goes Around …
Duck Down

Statik Selektah ist ein DJ, der zwar langweilige Beats macht, aber genug berühmte Freunde hat, um HipHop-Fans das Gefühl zu geben, dass sie sich trotzdem seine Platten reinziehen müssen. Von Producern kuratierte Alben sind aber in der Regel immer das, was im alten China als scha-hei-ssee bezeichnet wurde—die Rapper schlunzen irgendwas hin, weil sie eh nicht bezahlt werden, und die Producer haben ihre guten Beats eh schon längst verkauft. Da hast du’s, ich hab dir gerade 70 Minuten Zeit gespart!
DOG LOG

BUSDRIVER
Perfect Hair
Big Dada/Ninja Tune/Rough Trade

Als Busdriver vor 15 Jahren sein Debüt veröffentlichte, schwebte das Subgenre, das keiner Indie Rap oder Alternative HipHop nennen wollte, auf einem ungeahnten Alltime-Peak. Company Flow hatten zuvor mit Funcrusher Plus alles auf null gesetzt, unabhängige Labels wie Anticon, Mush und Future Primitive legten nach, die Raps wurden immer kryptischer, die Beats immer brösliger und Busdriver war einer der schlimmsten … Danach hat er vergeblich versucht, so Lollapalooza-mäßig beim Bad-Religion-Label Epitaph bzw. Anti eine Karriere außerhalb der Welt des Raps zu realisieren. Schlechte Idee, dafür präsentiert ihn Perfect Hair, sein neues und nach Cosmic Cleavage (2004) zweites Album für Big Dada in später Höchstform; seltsamer klang er 1999 auch nicht.
FKA PRINZ

UNDERACHIEVERS
Cellar Door
RPM/Caroline

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Als ich das erste mal LSD genommen habe, war ich mit diesem Mädchen zum Sonnenaufgang am Times Square. Wir haben solange gekichert, bis es sich so angefühlt hat, als würden unsere Gesichter wegschmelzen, weil wir einen geheimen Cheat entdeckt hatten, mit dem wir den furchtbarsten Ort der Welt zu unserem persönlichen Spielplatz machen können. Wir waren damals im College, also haben wir Animal Collective gehört. Aber wenn ich es noch mal machen könnte, dann würde ich dazu diese Musik hören wollen.
PETER PABLO

SHABAZZ PALACES
Lese Majesty
Sub Pop

Für diejenigen, die sie nicht kennen, Shabazz Palaces machen geistreiche, afrofuturistisch angehauchte „mitgeschnittene Happenings“, deren Titel die Länge von Sätzen haben und impulsive, konzeptuelle Haken schlagen. In etwa so als hätte Sun Ra als kleines Babygeschöpf bereits harte Bars über Transzendentalismus ausgespuckt. Im Grunde ist dieses Album wie ein Blockseminar in der Uni—die interdimensionale Masche fängt irgendwann an zu nerven, aber die Platte gibt dir irgendwie auch das Gefühl, als hätte dich jemand in ein UFO gebeamt und glaub mir, du wirst die Analsonde lieben, die nur darauf wartet, da oben im All deinen Seestern zu knacken.
ZACH SOKOL

TRE MISSION
Stigmata
Big Dada/Ninja Tune/Rough Trade

Alle Jubeljahre kommt mal jemand daher, der wirklich auf alle Grenzen, Gesetze und Spielregeln scheißt; der auf dem schmalen Grad zwischen Wahnsinn und Genie balanciert wie die Schnecke auf der Rasierklinge; Tre Mission ist so einer, den sie in der heißgelaufenen Ratrace-Economy ehrfürchtig einen „Game Changer“ nennen würden. Er lebt im kalten Toronto und es könnte ihm nicht egaler sein, wie man sein Rap in Nordamerika und sein Grime in Südlondon gern hätte, er macht daraus seins. Dizzee Rascal bekommt nicht nur Namechecks, sondern mit „Boy In The Corner“ eine eignen Song-Hommage; geholfen hat u. a. Wiley-top-notch.
CUTMASTER COL. KURTZ

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DILATED PEOPLES
Directors of Photography
Rhymesayers

Manchmal hast du einfach Bock auf geilen, unkomplizierten Rap. Und an diesem Punkt ihrer Karriere geben uns Dilated Peoples genau das. Sie sind irgendwie alt und unstylish und sie können nicht einfach darüber rappen, wie cool und authentisch sie sind. Aber du bist ja längst auch irgendwie alt und unstylish—von Coolness und Authentizität mal ganz zu schwei­gen. Dein Leben dreht sich um anderen Shit. Davon aber mal abgesehen sind das die besten Beats, die man sich mit einem Jahrzehnt Street Credibility kaufen kann und das ist definitiv um Welten besser, als dem Mitbewohner deines Dealers zuzuhören bei einem miesen Freestyle über seine neuen Jorts, die er beim WoodWood-Sale ergattert hat.
KARA GARGA

MOIRÈ
Shelter
Werkdiscs/Ninja Tune/Rough Trade

Will man seiner letzten Verlautbarung auf der Labelseite trauen, hat Werkdiscs-Boss Darren J. Cunningham als Actress ausgespielt—Ghettoville scheint sein Vermächtnis zu bleiben. Auch wenn er noch hier und dort ein paar Auftritte mit K. Marts The Bug zu absolvieren hat, ruht die Hoffnung nun auf Moiré. Lustigerweise hat er Shelter nicht in einer besonderen Ecke von London aufgenommen, sondern hier bei mir, umma Ecke—in einem Bunker zwischen Schanze und St. Pauli. Das und ein sehr sympathisches Interview im Fact-Magazin geben dem ehedem enigmatischen Mann eine ungleich realere Aura. Damit wirkt er weniger geisterhaft als der Chef, aber die Liebe zum Synthesizer gepaart mit einem, leicht ins Manische lappen Work-Ethos, geben Shelter den entscheidenden Twist, der es morgen zum Klassiker machen könnte.
FLOPPY9

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THE BUG
Angels & Devils
Ninja Tune

Lass dich nicht vom billigen Cover täuschen—das hier ist nicht das Akustik-Debüt von Converge. Das hier ist ein UK-Producer, der gerade unter schwierigsten Bedingungen diese Rezension für sich entschieden hat. Stell dir vor: Ich habe Deadline, habe mir gerade Rührei auf matschigem Weißbrot in den Mund gestopft und das Gefühl, dass eindeutig zu viele positive Bewertungen in dieser Ausgabe sind. Ich habe gebetet, dass diese Musik nach komprimierten Penisfürzen klingt, aber die Songs sind leider tatsächlich innovativer Future-Dancehall mit Grime-Anstrich und hier und da dem Anflug ­einer Pop-Hook. Nimm noch ein paar Kollabos mit Grouper, Death Grips, Godflesh und Copeland dazu und du hast genug Argumente, um das Ding ein paar Mal anzuhören. Was kann man mehr verlangen von Electro heutzutage?
SHATTY ARBUCKLE

RUSTIE
Green Language
Warp

Tut mir leid! Ich dachte, Musik ist dazu da, sich gut anzuhören! Mein Fehler. Ich habe einfach nicht bedacht, dass 200.000 Jahre Klangevolution von altsteinzeitlichen Knochenflöten über Strawinskis Frühlingsopfer bis hin zu den Beatles in einem einzigen Moment kulminieren würden, nämlich dem, an dem ein DJ-Möchtegern 30 08/15-Klingeltöne in Garageband packt und damit seinen Soll erfüllt sieht.
MUSCHA TRIMPOP

CRETIN STOMPTERS
Look Forward to Being Attacked
HoZac

Stell dir vor, du bist in Feivel, der Mauswanderer, auf der Bühne tritt eine Band auf, es kommt ein Schnitt zu einer Nahaufnahme und man sieht eine kleine Mausdame, die auf der Bühne singt und ihre kleinen Pfötchen ausstreckt, als würde sie etwas sehr, sehr Wichtiges singen. So klingt Track eins. Die anderen Tracks klingen exakt wie die jeder anderen beliebigen Band, also gib dein Geld lieber für was Cooles aus, wie zum Beispiel eine kleine Minipistole, die klei­ne Nuggets abfeuert, die so gut riechen wie n­och kein Grasduft, der je deine Nasenhöhle hochgestiegen ist.
DAB SOULEYMAN

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NAOMI PUNK
Television Man
Captured Tracks

Meine Mum hat mal gesagt, dass diese Band hier Krautrock macht. Nachdem sie das gesagt hat, haben wir einen riesigen Streit vom Zaun gebrochen über die genaue Definition von Krautrock. Ich habe gesagt, dass Krautrock Musik ist, die in einer bestimmten Ära an einem bestimmten Ort entstanden ist. Sie hat gesagt, dass es Musik ist, die monoton und voller Synthie- und Droneklänge ist. Dann hat sie mir eine auf die Fresse gehauen.
BLETCHARD REGTAM

TY SEGALL
Manipulator
Drag City

Diese Platte ist ein bisschen glatter und noch T.Rex-iger als seine letzten Alben und sie ist großartig, wie all sein Zeug, aber sie stößt trotzdem nicht Melted vom Thron als bestes Album, das Ty bisher rausgebracht hat. Meine Freundin hat mal versucht, sich an Ty ranzuschleichen und ihm ihre Zunge in den Hals zu schieben, aber er hat sie abblitzen lassen. Bist du dir zu schade, meine schwarz­haarige Fickgefährtin zu küssen, Ty? Vielleicht bin ich mir ja auch zu schade für deine Platte! Ich verlange von dir, dass du dich mit einem Arschgrabscher bei ihr entschuldigst, um ihren verwundeten Stolz zu heilen!
SOOGAL BOOGARSON

ACCEPT
Blind Rage
Nuclear Blast

Weißt du, was ein Hesher ist? Das sind die Vokuhila tragenden, headbangenden Söhne Baphomets, die alles rauchen, was grün ist, und alles ficken, was ein Judas-Priest-Shirt trägt. Du kannst dich bei diesen Typen auf wenig verlassen, außer dass sie zuverlässig zu viel Grillanzünder benutzen, aber sie sind 100 Prozent lustiger als du, wissen penibel Bescheid über Mercyful-Fate-Bootlegs und sie lieben Accept, weil jeder, der das nicht tut, seinen Kopf in eine Mikrowelle stecken sollte.
FRED PESSARO

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MARY MONDAY
I Gave My Punk Jacket to Ricky/Popgun
HoZac

„I Gave my Punk Jackett to Ricky“ ist einer dieser großartigen Punksongs, den noch wenige gehört haben. Wenn du ihn Leuten vorspielst, haut er sie um und lässt dich wie jemand wirken, der Ahnung von Punk hat, so als wärst du Glenn O’Brien in TV Party, oder so.
GRAVY BABY

MERCHANDISE
After the End
4AD

Irgendein Arschloch im Internet hat Merchandise’ frühere (und bessere) Alben beschrieben als zusammengeschmolzene Tapes von The Smiths und The Stone Roses. Das könnte ich unterschreiben, nur klingen sie jetzt eher wie eine geschmolzene U2-Kassette, die von Echo & the Bunnymen in ihrer hochtrabendsten Phase vollgepisst wurde. Sorry, Dudes es kotzt mich an, dass ich eurem 4AD-Debüt ans Bein pissen muss, aber bei Children of Desire fielen doch reihenweise Schlüppis auf den Boden, wieso um alles in der Welt musstet ihr ein Akkordeon einbauen und das ganze Ding vermasseln?!
HORACE GRANT

TWIN PEAKS
Wild Onion
Grand Jury

Eine Pressesprecherin der Plattenfirma hat mich gebeten, Twin Peaks nicht danach zu fragen, warum sie sich nach einer Serie benannt haben, in der es um Kindesmissbrauch, Inzest und Mord geht. Aber manche Sachen sind auch nicht so wichtig, also mache ich mir keine Gedanken und konzentriere mich lieber auf diese vier irren Typen, die witzigen Garagen-Rock machen und auf Promofotos posen. Und das ist immer noch cool. Diese Jungs haben keine Zeit für euren Zynismus. Lass sie einfach großartig sein.
ROBERT TUG

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CAMERA
Remember I Was Carbon Dioxide
Bureau B

Was sich bei CAMERA offenbar so tut im Lauf von zwei Jahren, also zwischen Debüt- und Nachfolge-Album: Der Krautrock mutiert von positiv gemeinter „Guerilla“-Konnotation zu einem „Etikett“, die Spontankonzerte in U-Bahnhöfen und auf Echo-Verleihungs-Herrenklos allerdings sorgen immer noch für ausreichend Credibility—jedenfalls, was die Selbstwahrnehmung im Begleitschreiben angeht. Klanglich ist das perkussive und manische der ersten Platte aber eben auch nur zu einem bekifften Seventies-Trip mit einem Schuss mehr Pink Floyd anstatt Dead Skeletons geworden: weniger Drums, dafür mehr Tralala-Orgel und ausgiebige Kiff-Intros. Oder wie der bekannte Zungenbrecher sagt: Rotkraut bleibt Brautkleid und Krautrock bleibt Krautrock. Dot Tumblr dot Com.
ZEH-OH ZWEI

MIREL WAGNER
When the Cellar Children See the Light of Day
Sub Pop/Cargo

In Äthiopien geboren, in einer Vorstadt Helsinkis behütet aufgewachsen, den Blues aus der Bibliothek geliehen, die Akustikgitarre vom Bruder—Mirel Wagner brauchte keine harte Vita und wenig mehr als einen Monat in der Abgeschiedenheit des finnischen Nordens, um zum Herzen der Finsternis vorzudringen. Selbst die Geschichte mit der Blockhütte, die als Ort der Einkehr und Transgression dient, kennt man in verschiedenen Ausprägungen, mit und ohne Geist/Elektrizität von Bon Iver, Timber Timbre und Wie-war-noch-ihr-Name? Umso frappierender und böser ist das aktuelle Ergebnis; insbesondere im Vergleich zu ihrem selbst betiteltem Debüt wirkt When the Cellar Children See the Light of Day trotz aller Sparsamkeit noch viel lauter, tiefer und, ja, wuchtiger—auch ein Verdienst des Tricksters Vladislav Delay, der das Ganze in seinem Studio aufgenommen hat. Wer hat hier etwas von den Swans gesagt?
DALTON BUCKLEY LOVECHILD

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BENJAMIN BOOKER
Benjamin Booker
Rough Trade

Hände hoch, wer erinnert sich noch an Two Gallants, diese beiden Jungs mit Gitarre und Drumset und (deswegen) zu großen Bühnen, die vor ein paar Jahren eigentlich Saddle Creek und die gesamte Country-Americana-Indie-Alt-Rock-Szene hätten umkrempeln müssen, wenn es Gerechtigkeit auf der Welt gegeben hätte? Benjamin Booker ist auch so ein Kandidat, nur eben ’ne halbe Portion im Vergleich zum besagten Duo. Dafür allerdings doppelt so Whiskey wie man’s seiner Blutjungigkeit zutrauen würde, im Tom-Waits-Stimmbruch dann vermutlich spätestens mit 30. Den Zorn und die Abgefucktheit muss er noch ein wenig hochpegeln, das mit der Alternative-Weirdness bekommt er schon ganz gut hin. Und an der Sache mit der Gerechtigkeit arbeiten wir nach wie vor.
BLACK JACK WHITE

PONYO
s/t
Self-Released

Oh Gott, erinnerst du dich an das Neon-Indian-Album? War es auch der Soundtrack deines Lebens? Heute klingt der Scheiß wie Hootie & the Blowfish für mich. Außer es läuft in einem Café, in dem ich rumsitze, um zu „arbeiten“ bzw. woanders Panikattacken zu haben als in meiner Miniwohnung. Warum treffe ich eigentlich immer die falschen Entscheidungen? Egal. Dieses Debütalbum von PONYO kann der neue Soundtrack deines Lebens werden. Es ist cool und opulent und heiß und perfekt.
LINDSEY LEONARD

SINEAD O'CONNOR
I’m Not Bossy, I’m the Boss
Nettwerk

Sinead O’Connor ist deine verrückte irische Tante, die in den 90ern behauptete, mal von Prince gefangen gehalten worden zu sein, und außerdem live im Fernsehen ein Foto des Papstes zerrissen hat. Du würdest auf ihre weisen Ratschläge vertrauen, wenn sie diese nicht immer wieder disqualifizieren würde, durch ihre wirklich verrückten Momente wie den, als sie einen Typen aus dem Internet geheiratet hat. In den letzten Jahren hat Sinead mehr Zeit damit verbracht, Briefe an Miley Cyrus zu schreiben, als Musik zu machen. Genau wie diese Briefe macht nichts an ihren Songs wirklich Sinn, aber sie sind wirklich, wirklich verrückt und das heißt, sie machen wirklich, wirklich Spaß.
BONES JUSTICE

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BALLET SCHOOL
The Dew Lasts An Hour
Bella Union

Wenn man erst mal überwunden hat, dass ein Album im Jahr 2014 noch so sehr nach Madonna und Kim Wilde und Cocteau Twins klingen kann wie dieses, wenn man dieses ironische Grinsen dann aus dem Hirn gewischt hat und sich mal zusammenreißt, wenn man also den Punkt hinter sich lässt, an dem man das irgendwie charming und niedlich findet, und gerade anfangen möchte, bei YouTube noch ein paar Stunden länger musikalische Leichenschänderei zu betreiben, dann fällt einem plötzlich wieder ein, wieso man die 80er ja scheiße findet, alle Ronnys-PopShow- und High-Life-Kassetten gern weiter auf dem elterlichen Dachboden verrotten können und dass so ein Romantisieren der eigenen Kindheit die Menschheit auch echt nicht weiterbringt. Und dann ist The Dew Lasts An Hour ja noch nicht mal ironisch gemeint.
GLORIUS E STEFAN

THE RENTALS
Lost in Alphaville
Polyvinyl

Geil! The Rentals sind zurück. Für die unter euch, die zu jung sind: Matt Sharp war der einzig erträgliche Mensch in Weezer. Seine Kopfstimme durchzieht The Blue Album und Pinkerton und er hat das sinkende Schiff verlassen, bevor es angefangen hat, deinem großen Bruder auf den Sack zu gehen. The Rentals haben die „Nerdrock-Ära“ bestimmt (die sagenumwobene Epoche zwischen Mallrats-Soundtrack und 9/11-Soundtrack) und machen wieder gut, was für ein furchtbarer Mensch Rivers Cuomo ist. Die neue Platte klingt wie ihre alten Platten (Wee-ooh-wee-ooh-Synthies und zerbrechliche Idioten-Vocals) und es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie damit genug Kohle machen, um auf Tour zu gehen, ohne ans Ersparte für den Collegebesuch ihrer Kinder zu gehen, aber hey, es sind die 90er, amirite? Carpe Noctem!
LEMMY CAUTION

GOAT
Commune
Rocket Recordings

Kommen aus Skandinavien, nennen sich Goat und schreiben das in Schnörkelfraktur auf die Platte—machen aber, verrückt, gar keinen Kirchenanzündermetal! Knapp 40 Minuten lang durchgegniedelter Psychedelic (anderswo charmant „Afrokraut“ genannt) der Sorte Sabbath Assembly wäre aber eben doch abendfüllender, wenn wenigstens eine eigenartige SciFi-Sekten-Botschaft drinstecken würde—oder zumindest irgendwas Perkussiv-hypnotisch-Repetitives, für gesellige Abende mit Kraut der Sorte Kraut. Aber so richtig ent­scheiden, ob man jetzt eher Animal Collective oder Neu! sein möchte, konnte sich dann offenbar keiner. Und die Kirchen stehen auch noch.
JEX THOTH