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Mode

Rumäniens Mode-Wunderkind

Der 26-jährige rumänische Designer Lucian Broscățean ist einer der seltsamsten, aber auch vielversprechendsten Designer seines Landes.

Der 26-jährige rumänische Designer Lucian Broscățean ist einer der seltsamsten, aber auch vielversprechendsten Designer seines Landes und VICE Rumänien ist total verrückt nach ihm. Er entwirft überkonzipierte Kleidung, die auf Theaterstücken, Filmen und minimalistischer japanischer Architektur basiert. Zur Zeit promoviert er an der Universität von Cluj-Napoca, was merkwürdig ist, da es gut 400 km von der rumänischen Hauptstadt Bukarest—dem Herz von Rumäniens Modeszene—entfernt ist.

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VICE: Eine einfache Frage: Warum ausgerechnet Mode?

Lucian Broscățean: Weil es die Sache ist, mit der ich mich am leichtesten ausdrücken und eine Geschichte über bestimmte Aspekte unserer Gesellschaft erzählen kann.

Wie versuchst du das zu tun?

Jede meiner Kollektionen kann als Pilgerweg durch ein urbanes Labyrinth gesehen werden. Alles darin wird von verschiedenen Charakteren und Zusammenhängen beherrscht. Nomadische Lebensstile, Mobilität, zeitgenössischer Tanz und Architektur alle das ist in meiner Mode enthalten. Was mich wirklich beschäftigt und was ich versuche zu verstehen, sind die Themen, die aus dieser modernen Welt, in der wir leben, entspringen. Das mache ich, indem ich mich unter Anderem von Becketts Theaterstücken oder den strengen Räumen, die Tadao Andos und Mona Hatoums in ihren Installationen entwerfen, inspirieren lasse.

Worum genau ging es in deiner letzten Kollektion?

Der Avantgarde-Regisseur Peter Tscherkassky war einer der Ansatzpunkte für meine SS12-Kollektion Inverted Perspective—sein Universum hat eine seltsame, beunruhigende Schönheit. Ich würde eigentlich gerne einmal mit darüber sprechen, wie er es schafft, eine solche Kraft durch bildliche Metaphern zu übertragen.

Rumänische Designers bei der Berlin Fashion Week von rofilco auf Vimeo.

Und die Kollektion davor?

Enclosed Garden ist eine Geschichte über jemanden, der vor der ganzen Technik der Großstadt fliehen möchte. Solch ein Ausbruch impliziert einen unweigerlichen Übergang—eine Art Ritual, das den Charakter in einen anderen Raum, eine andere Dimension projiziert.

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Welche Materialien hattest du im Kopf als du angefangen hast daran zu arbeiten?

Stoffe wie Wolle, Filz, Strick, Baumwolle, Neopren—ich wollte verschiedene, untypische Textilien.

Bist du von Schwarz besessen?

In gewisser Weise. Schwarz taucht in allen meinen Kollektionen auf. Es ist diese Nichtfarbe, es ist tief symbolisch und mystisch. Ich habe ein wenig Weiß da reingebracht und in dieser Show Kobaltblau—es ist mehr als nur eine Farbe—es steht für den Charakter, der ein Ritual durchgeht.

Ich habe irgendwo gelesen, dass du darauf bestanden hast, dass bei deiner Show bei der Berlin Fashion Week ein Semantron gespielt wird.

Ich war schon immer von der Musik und der Strenge und der tiefen Symbolik von orthodoxer Religion inspiriert. Ich habe versucht, diese dunkle Atmosphäre zu unterstreichen. Deshalb habe ich das Semantron verwendet—Mönche in diesem Teil Europas benutzen es, um die Leute zum Beten aufzufordern. Ich habe mit dem bestem Stylisten von Rumänien, Marian Pălie, zusammengearbeitet und wir haben versucht, mit beidem, der Musik und dem Styling, die Show so rumänisch wie möglich zu machen und deswegen haben wir das Semantron und die traditionellen rumänischen Astrakhan-Hüte miteinbezogen.

Du unterrichtest auch, oder?

Ja, ich mache gerade ein Promotionsstudium in der Modedesignabteilung der Universität für Kunst und Design in Cluj-Napoca und ich unterrichte im Zuge dessen auch.

Gibt das Studieren in Cluj einem eine andere Einstellung zur Mode, verglichen mit der Modeszene in Bukarest?

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In Cluj dreht modetechnisch alles um das Modeinstitut an der Uni. Dort ist man ziemlich aktiv und nimmt an nationalen und internationalen Designwettbewerben teil. Die Studenten haben also die ganze Zeit mit der Außenwelt zu tun.

Wirst du es als Designer in Rumänien schaffen? Wirst du in sieben Jahren noch hier sein?

Ich wage es gar nicht, soweit in die Zukunft zu schauen.

Nimmst du dir auch manchmal Zeit für Dinge außerhalb der Mode?

Ja. Ich mag es, zu lesen, gute Filme zu schauen, zu meditieren—alles, was mir hilft, aus der sehr lebhaften Welt, in der ich stecke, auszubrechen.