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So hausen die oberen Zehntausend

Während bei uns die 99% bei Eiseskälte vor dem Reichstag schlafen, weiß das ein Prozent von Manhattan nicht, welche unnützen, protzigen Wohnaccessoires es als Nächstes kaufen soll.

Letzte Woche hatte ich echt keine Lust mehr auf meine Wohnung—die Kakerlaken, die verkratzten Holzdielen, das Licht, das nie angeht, der Rost rund um die Badewanne, mein trauriger Haufen Dreckwäsche. Ich entschloss mich daher dazu, an der 12. jährlichen Inside Tribeca Lofttour teilzunehmen. Diese Lofttour läuft so ab: Du kaufst ein Ticket und kannst dann durch Tribeca laufen und dir einige ausgefallene, nach Feng-Shui ausgerichtete Wohnungen, die zu den teuersten „Lofts“ der Welt gehören, anschauen. Vordergründig dient die Lofttour dem Zweck, Spenden für die Erhaltung des Duane Parks zu sammeln, einem winzigen Fleckchen Vegetation mitten in der Nachbarschaft. Die Tickets kosteten je 50 Dollar, 400 Tickets wurden verkauft. Macht also Einnahmen von 20.000 Dollar—das hätten diese Wohlhabenden auch zusammenbekommen, wenn sie eine ihrer Straußenledercouches verkauft hätten. Ich vermute, der wahre Grund, warum die Loftbesitzer andere Menschen in ihre Häuser lassen, ist, um zu sagen: „Schau dir mein ganzes verrücktes, Reiche-Leute-Zeug an! Schau mal, wie verdammt geschmackvoll das ist! DIESE THEKE IST AUS PUREM GRANIT AUS SCHEISS VERMONT! DEINE FRAU WIRD NOCH AN MEINE KÜCHE DENKEN, WENN DU HEUTE NACHT IN IHR STECKST!“ Der Eintrittspreis hatte zur Folge, dass sich die wirklich armen Leute diesen Komfort und Luxus nicht ansehen konnten. Daher war dieser Inneneinrichtungsporno ganz offensichtlich darauf ausgelegt, die Nachbarn neidisch zu machen—denn das ist eins der wenigen Dinge, die man sich mit Geld nicht kaufen kann.

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Auf der Tour gab es keinen Guide, jedoch war da eine Schar Freiwilliger, die vor jedem Gebäude standen, sicherstellten, dass du ein Ticket hast, und dir erklärten, dass du keine Bilder machen darfst. (Ich hatte in einigen Lofts die Erlaubnis, Fotos zu schießen, musste aber dennoch mit ein paar Leuten diskutieren.) Mein absoluter Lieblingsfreiwilliger war dieser Jugendliche, das ultrahöflich war und erwachsener gekleidet als ich. Die meisten anderen Freiwilligen waren mürrisch dreinblickende, reiche Frauen aus Manhattan.

Viele der Lofts wirkten eigenartig unpersönlich. Ich schätze, wenn man ein paar Millionen besitzt, kann man jemanden dafür bezahlen, sein Zuhause „nett“ einzurichten—und „nett“ bedeutet oft einfach „wie ein protziges Hotel“. Könntest du dir vorstellen, in dem Raum zu schlafen oder unter diesem Kronleuchter zu vögeln? Ich mir auch nicht. Ich dachte weiter über das Sexleben der Tribeca-Sippe nach, besonders als ich an einer Schlafzimmerwand diese Stühle sah:

Also, man stellt sich die nur dann neben sein Bett, wenn man regelmäßig Leute da hat, die einen beim Sex beobachten, oder? Würdest du dir diese Stühle (ich hab mir sagen lassen, dass sie aus einem alten Kino stammen) als „Dekoration“ in dein trautes Heim stellen?

Alle Lofts hatten mehrere Badezimmer und viele davon waren größer als mein Schlafzimmer. Diese Toilette hat zwei Spülknöpfe an der Wand—und das kommt dem Luxus eines anderen Bades auf der Tour nicht ansatzweise nahe. DAS HATTE EINEN FERNSEHER IN DEN SPIEGEL EINGEBAUT (davon durfte ich keine Fotos machen). Die Reichen scheißen nicht mal so wie du und ich. Die Welt ist dem Untergang geweiht.

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In jedem Loft gab es mindestens einen riesigen Flachbildfernseher, manche sogar bis zu vier Stück, was ich sehr enttäuschend fand. Ich dachte, die Reichen sollten wirklich kulturell interessiert sein und ein gigantischer Bildschirm scheint mir der ungehobeltste und offensichtlichste Weg, viel Geld auszugeben. Selbst wenn du einen Haufen klassischen Schrott um den Fernseher positionierst, ist er noch immer Opium des Volkes. Und wo ich gerade vom Opium des Volkes spreche: Ich weiß echt nicht, was ich von dem Banksy-Druck hier halten soll.

Der gleiche Typ hatte einen Haufen „Street Art“ überall rumhängen. Er hat eine Menge Geld dafür ausgegeben, seinen Loft wie eine “edgy“ Galerie aussehen zu lassen. Ich wette, er führt einen inneren Konflikt wegen seines sozioökonomischen Status.

Auf der Tour gab es mehr Fotos von Heroinabhängigen, als ich erwartet hatte.

Sogar die Kinderzimmer waren sehr, sehr viel schöner als alles, worin ich jemals geschlafen habe.

Das hier ist das Zimmer eines kleinen Mädchens. Sie hatte einen Flachbildfernseher in ihrem Bett. Ihr Leben wird ganz anders ablaufen als meins.

Ich war überrascht, wie eigenartig und hässlich einiges Zeug der Reichen ist. Das war im Esszimmer. Würdest du gerne unter einer herabhängenden Glasskulptur und umgeben von sonderbar intensiver Wassertapete essen? Ich auch nicht. Ich konnte nicht anders, als die Loftbewohner irgendwie zu bemitleiden. Sie haben jemandem mehr Kohle dafür bezahlt, als ich mir vorstellen kann, damit derjenige ihren Wohnraum in etwas stylisches, aber steriles Wohnähnliches verwandelt. In vielen Wohnungen auf der Tour sah ich winzige, bonsaiähnliche Pflanzen—mögen alle diese Leute wirklich Bonsaibäume? Eigentlich müssten sie für das ganze Geld, das sie für ihr Zuhause ausgegeben haben, jeden Tag und jede Sekunde denken: „Mein Loft ist fantastisch!“ Aber ich bezweifle, dass sie das tun. Dennoch würde ich lügen, wenn ich behaupten würde, dass mir nicht wenigstens ein paar der Dekosachen dort gefallen haben:

Wenn ich so viel Geld hätte, würde ich EINE MENGE davon kaufen—was auch immer das ist.