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Sex

Warum haben Gefängnisaufseherinnen immer wieder Sex mit Häftlingen?

Eine ehemalige Justizvollzugsbeamtin und ein langjähriger Strafgefangener haben uns erklärt, wie es Gefängnisinsassen schaffen, die Leute zu manipulieren, die eigentlich für ihre Überwachung zuständig sind.
Bild einer Gefängniszelle

Ob wir zurzeit den Anfang vom Ende des Krieges gegen die Drogen erleben oder nicht: Die Inhaftierungsrate in den USA scheint ihren Scheitelpunkt erreicht zu haben. Im gleichen Atemzug ist zu sagen, dass es immer mehr Frauen möglich ist, einen Fuß in die Tür der Gefängnisindustrie zu bekommen und dort Berufe ausüben, die vormals Männerdomäne waren.

Diesem fortschrittlichen Wandel verdanken wir allerdings auch viele Geschichten über intime Beziehungen zwischen Wärterinnen und Häftlingen. Letzte Woche wurde die Justizvollzugsbeamtin Ciara Jones angeklagt, weil sie drei Mal Sex mit einem Häftling hatte—deswegen könnte sie zu einer Freiheitsstrafe von bis zu 12 Jahren verurteilt werden.

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Wir sollten jetzt allerdings nicht allzu geschockt sein. Es gibt kein Gesetz und keine Vorschriften, die ein cleverer Gefangener nicht umgehen kann. Das wurde jetzt schon unzählige Male bewiesen und wird auch in Gesprächen mit langjährigen Gefängnisinsassen bestätigt.

„Ich liebe es, wenn eine naive junge Frau ihren Job im Gefängnis antritt", erzählt mir ein Verurteilter, den wir hier mal Mack nennen.

In den vergangenen 20 Jahren ist Mack in Staats- und Bundesgefängnissen ein und aus gegangen. Er ist Mitte 40 und durch und durch kriminell. Ihm geht es immer nur darum, was andere Menschen für ihn tun können. Solche Leute wie Mack habe ich in meinen 21 Jahren Haft oft kennenlernen dürfen. Sie sind wie Raubtiere, die sich auf Schwächere stürzen und dann alles und jeden ausnutzen, um das zu erreichen, was sie wollen. Erinnert ihr euch noch an die Fernsehserie Oz - Hölle hinter Gittern? Darin hat ein Häftling ebenfalls Sex mit mindestens einer Wärterin, nur um sich gewisse Vorteile zu verschaffen.

„Es ist dabei nicht mal wichtig, ob sie gut aussieht. Also das ist schon ein Pluspunkt, aber eigentlich kommt es nur darauf an, ob sie mutig ist", sagt Mack. Mit ‚mutig' meint Mack in diesem Fall, dass die Aufseherin zu allem bereit ist, was er von ihr verlangt. Dazu gehört zum Beispiel das Schmuggeln von Dingen wie Tabak, Handys oder Drogen—aber eben auch Geschlechtsverkehr.

Alles beginnt mit einem kleinen Flirt bei der Postvergabe oder der Frage, ob die Wärterin ihr Büro geputzt haben möchte. Dann kann der Häftling anfangen, um kleine Gefallen zu bitten—zum Beispiel ob er das Essen vor den anderen bekommt oder ob die Vollzugsbeamtin etwas für ihn im Internet nachschauen kann.

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Aber wieso lassen sich die Aufseherinnen überhaupt auf so etwas ein?

„Ich glaube, dass die Frauen, die diese Art des ethischen Suizids begehen, schon vor dem Antreten des Jobs oft große Probleme haben", erzählt uns Tamara, eine ehemalige Justizvollzugsbeamtin, die jetzt in der Gefängnisverwaltung arbeitet. „Viele von ihnen sind alleinerziehende Mütter, die eine gewisse Leere in ihrem Leben füllen wollen. Das kann zum Beispiel der fehlende Mann an ihrer Seite oder eine nicht vorhandene Vaterfigur sein." Insassen wie Mack wissen dann genau, wie man diesen Umstand ausnutzt.

„Verdammt, ich kann ihr Vater, ihr Mann, ihr Partner oder ihr bester Freund sein, das ist mir egal. Ich richte mich da ganz nach ihr", sagt Mack. „Wenn sie mir das besorgen, was ich brauche, dann bin ich auch die Person, die sie sich wünschen. Im Grunde ist alles nur ein Spiel, ein Geben und Nehmen. Ich weiß, dass man nichts geschenkt bekommt und wenn ich wirklich eine dieser Bräute flachlegen muss, damit sie mir Zeug reinschmuggelt, dann immer her damit." Ohne eine ordentliche Ausbildung werden die Frauen quasi ohne Überlebenschancen in die Höhle des Löwen geworfen. Die Einstellungsverfahren der Gefängnisse helfen da auch nicht wirklich weiter.

„Viele Leute, die im Strafvollzug arbeiten, sind eigentlich gar nicht dafür geeignet und wären wohl auch gar nicht eingestellt worden, wenn jeder Arbeitgeber zusätzlich zur Prüfung des Strafregisters auch noch psychologische Untersuchungen durchführen würde", erklärt Tamara. „Heutzutage geht es nur noch darum, welche Vorteile ich als Wärterin daraus ziehen kann." Und genau das geht dann Hand in Hand mit der „Was ist da jetzt für mich drin"-Mentalität der Häftlinge. Nur sofortige Belohnung ist wichtig. Und es ist ein Geben und Nehmen, da liegt Mack richtig.

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„Sex und Aufmerksamkeit für Drogen und Handys—das ist für mich ein fairer Tausch", sagt Mack. „Ich will hier nur etwas Geld machen, denn Geld bedeutet Macht und Macht bedeutet hier drin Respekt. Ich will meine Haft bestimmen und mich nicht von ihr bestimmen lassen. Etwas weibliche Ablenkung ist ja auch ganz schön, vor allem wenn ich so meine Geschäfte weiterlaufen lassen kann." Die Justizvollzugsbeamtinnen gehen wahrscheinlich davon aus, dass sie die Kontrolle über die Situation haben, weil sie im Besitz der Schlüssel sind. Manchmal werden sie aber auch einfach nur ausgenutzt.

„Ich sage das zwar nur ungern, aber viele Justizvollzugsbeamte—egal ob männlich oder weiblich—haben nur wenig Selbstvertrauen", erklärt Tamara. „Deswegen fangen sie oft eine Freundschaft oder eine Beziehung mit einem Häftling an."

Aber Wärterinnen, die sich in so etwas verstricken, zahlen einen hohen Preis. Während meiner Haftzeit konnte ich oft beobachten, wie Aufseherinnen gefeuert wurden und das Gefängnis verlassen mussten. Oftmals wird die ganze Sache von den Beamten dann einfach unter den Teppich gekehrt und Aufseherkollegen können so nur darüber spekulieren, wieso es überhaupt zu der Affäre kam.

Laut Tamara lässt sich der Reiz folgendermaßen erklären: „Das Ganze ist eine Kombination aus dem Davonkommen mit einer verbotenen Sache, dem Nervenkitzel einer Beziehung mit einem Gefängnisinsassen und dem falschen Kontrollgefühl, das man glaubt, über die Situation zu haben—jedoch nicht zwangsläufig über den Häftling. Vielleicht haben sie diese Kontrolle über jeden anderen Aspekt ihres Lebens verloren, aber sie denken, dass sie bei dieser Art der Beziehung noch die Zügel in der Hand haben, weil sie nicht von ihren Vorgesetzten oder anderen Insassen erwischt werden."

Durch eine bessere Ausbildung, höhere Standards und eine ordentlich durchgeführte psychologische Untersuchung könnten solche Vorfälle vielleicht verhindert werden. Und genau das sollte passieren, denn die einzigen Menschen, die von diesen Beziehungen profitieren, gehören zum manipulierendsten Teil von Amerikas Gefängnispopulation.


Titelbild: Flickr | Dierk Schäfer | CC BY 2.0