FYI.

This story is over 5 years old.

Stuff

Was ist eigentlich aus deinen alten Schulfreunden geworden?

Während deiner Schulzeit gab es die Stoner, die Weltverbesserer, die Coolen, die heißen Mädchen und die Big Band Mitglieder. Aber was machen die heute?

Irgendwann im Leben eines jungen Mannes oder einer jungen Frau kommt der Moment, in dem die Leute um einen herum heiraten, Hypotheken aufnehmen und schwanger werden. Mit diesem Verantwortungsbewusstsein am Horizont müssen auch wir anfangen, eine Bestandsaufnahme der eigenen Entscheidungen im Leben zu machen. Glücklicherweise ist dieses Phänomen —angesichts der Tatsache, dass alle meine Freunde in große Städte gezogen sind, um sich auch in ihren Zwanzigern noch wie verzogene Gören zu benehmen—auf die Leute beschränkt, mit denen ich mal zur Schule gegangen bin.

Anzeige

Es ist schade, dass ich den Kontakt mit ihnen verloren habe, aber die Teenies, mit denen ich mal Speichel, Bleistifte und gebrannte Eminem, Spice Girls und Backstreet Boys-CDs geteilt habe, spuken immer noch in meinem Leben herum—auf meinen Facebook-Feed, wie Geister aus einer anderen Zukunft—die sich übers Wetter beschweren, ihre Hunde fotografieren, jeden Abend in das gleiche Beisl in der heimatlichen Kleinstadt gehen und mich auf dem neusten Stand halten, was Familienfeiern, Urlaubsausflüge und Verlobungen angeht.

Manche—normalerweise die, die noch nicht so lange verheiratet sind—scheinen mit ihrem Schicksal sehr glücklich zu sein, was mich unweigerlich dazu bringt, mich zu fragen, ob ich nicht die letzten paar Jahre besser damit verbracht hätte, lieber einen festen Partner zu suchen und den nett zu behandeln, als hungrig von Party zu Party zu ziehen. Andere Bilder lösen einen andere Art von Traurigkeit in mir aus. Eine Art Traurigkeit, für die ich mich schäme. Aber ich wüsste auch nicht, wie ich mich sonst fühlen sollte, wenn ich den intelligenten und schlagfertigen Schüler von Früher als depressiven Alkoholiker mit Dreifachkinn wiedererkenne, der scheinbar mit rechten Werten liebäugelt und Mafia Wars geil findet.

Ich sage nicht, dass es diesen Leuten schlechter geht oder so—im Gegenteil, bei denen scheint mehr los zu sein, als bei mir, die ich zwischen Mikrowellenspaghetti und unsicheren Wohnverhältnissen schwanke. Aber dann habe ich die Leute heute mit dem Typ, der sie früher waren verglichen und erkenne ein gewisses Muster. Das ist es, was tendenziell mit den Leuten passiert, die ich nicht mehr gesehen habe, seit wir alle zu „Movin' Too Fast" beim Maturaball getanzt haben.

Anzeige

Die coolen Jungs

Damals: Wie die unantastbaren Könige der Tierwelt dominierten die coolen Typen die Schulkorridore und die Rumknutsch-Zonen auf Hauspartys. Sie haben die meiste Zeit damit verbracht, über den Kram, den ihre älteren Brüder gemacht haben, zu reden und Rivalitäten mit anderen Schulen zu arrangieren, die sich niemals wirklich materialisiert haben.

Wichtig dabei: Die Typen sind nicht wie ihre amerikanischen Äquivalente, mit ihren Sportjacken und humpenförmigen Köpfen. In den Staaten reicht es nicht nur, im Sport und im schwache-Jungs-köpfüber-in-Toiletten-zu-stecken gut zu sein. Du musst auch gesund, rechtschaffen und gut in der Schule sein, um am oberen Ende der männlichen Hierarchie mitzuhalten. In Österreich und der Schweiz, oder generell in Europa, ist das anders. Da sind die Hälfte der coolen Typen dank ruinierter Lungen im Alter von 16 nicht mehr in der Lage, das andere Ende des Fußballfelds zu erreichen. In Amerika arbeiten die Alphatiere vom Spielplatz heute für Ölmagnaten und Hedge Funds. Hierzulande sind sie Söhne von Tankwärtern und Kinobetreibern.

Heute: Das alte Klischee, nach dem deine Schulzeit die beste Zeit deines Lebens ist, wurde ziemlich schnell zur furchtbaren, technicolor gefärbten Realität für diese Typen. Das Bier nach dem Training, die heimlichen Zigaretten nach dem Mittagessen, die Mitsis vom Freitagabend und die Tatsache, dass es eigentlich scheiße schwer ist, Profi-Sportler zu werden, hieß schon bald das Ende ihrer Träume.

Anzeige

Jetzt leben sie wie die Protagonisten eines Romans: In der Schule waren sie Superstars, die ziellos durch eine Welt driften, die nichts von ihren Errungenschaften weiß. Heute nehmen ihre Ehefrauen sie einfach nicht mehr wirklich Ernst, ihre Geliebten hassen sie oder haben sie längst verlassen, ihre unehelichen Kinder werden ihr ganzes Leben damit verbringen, nicht so wie sie sein zu wollen. Sie klopfen immernoch ihre alten Sprüche, aber die sind schon seit langer Zeit obsolet. Sie träumten davon, mit ihrem Team ins Olympiastadion einzumarschieren und endeten als verpixelte Gesichter in den schlechten Talkshows des Privatfernsehens (oder wenns richitg scheiße läuft, sind sie nur die Zuschauer dieser Talkshows auf ihrer Couch zu Hause).

Die beliebten Mädchen

Damals: Du weißt schon, welche. Sie haben alle gesagt, dass sie mal Fußballspieler heiraten und eine Girlband gründen würden und hatten die Angewohnheit, jede, die nicht zu ihnen gehörte, als „Schlampe" und „uncool" abzustempeln. Ernsthaft, selbst wenn du bodenlange gebügelte Kleider getragen hast und in der Hofpause im Klassenraum Vampirromane gelesen hast, warst du eine Schlampe und mit Sicherheit uncool. Kein Handy? Schlampe. Religiös? Schlampe. Hast gerne Klavier gespielt? Schlampe. Meistens waren sie auch noch mit einem der coolen Typen von oben zusammen.

Heute: In Amerika wäre ihr Leben wahrscheinlich voll mit Golfklubs und Spenden sammeln für Republikaner, aber hier sieht das Ganze ein bisschen anders aus. Sie versinken in häuslicher Dunkelheit. Nur gelegentlich wird man durch kurzes Facebook-Auftauchen daran erinnert, dass es sie noch gibt.

Anzeige

Wahrscheinlicher sind dein Elend und deine Enttäuschung die einzigen Dinge, die euch beide verbindet—sie ist traurig, weil sie die Angst, das Verlangen und den Neid, der ihr entgegen gebracht wurde, vermisst und du, weil diese Abwesenheit von Aufmerksamkeit bedeutet, dass sie niemals wieder so begehrenswert für dich sein wird, wie früher. Aber während du deine Zeit mit Zitteranfällen nach brutalen Drogenpartys verbringst, in der Hoffnung, ein kleines bisschen von dem längst vergangenen Abenteuergefühl zusammenzukratzen, versucht sie, die Vergangenheit zu vergessen und sich ein Familienleben aufzubauen—etwas Echtes, dass du wahrscheinlich nicht bekommen wirst, bis du zu alt bist, um dich noch drum zu kümmern.

Du schaust vielleicht auf sie herab, weil sie so bieder und langweilig heute sind, aber sei ehrlich—sie sind es wohl, die gewonnen haben. Schon wieder.

Foto von Shetland Arts

Die Musikraumleute

Damals: Hast du dich jemals hingesetzt und gefragt, wer eigentlich diese Typen sind, die in der Big Bands spielen, auf Jazz stehen und alle alten klassischen Komponisten in und auswendig kennen und sogar selber auf dem Klavier, der Geige oder sonst was spielen? Nun ja, denke dran, dass so ziemlich jede Schule mindestens drei Typen in farbigen Hemden mit Brille hat, die in den Pausen darüber reden, wie man das oder jenes Intro von einer Mozart oder Beethoven Sonate besser spielt und interpretiert.

Anzeige

Heute: Wenig überraschend angesichts des aktuellen wirtschaftlichen Klimas weigern die meisten von ihnen sich, die kuschelige Welt der Bildung zu verlassen. Sie sind immer noch in irgendwelche Unis eingeschrieben, studieren immer noch irgendeinen technischen Scheiß (Game Design, Rollrasentechnologie, Hommeologie). Sie alle haben gewellte Ponyschwänze, Reddit-Accounts, Kunstlederjacken mit 3/4-Ärmeln und reden über Drachen und ihre Zeit in der Schulband.

Sie hassen alles, was als Mode durchgehen würde: Jedes T-Shirt muss sich auf etwas anderes beziehen, ob es nun eine Band oder eine Figur aus Red Dwarf ist. Das Komische an dieser bestimmten Subkultur ist, dass sie nicht etwas zu sein scheint, aus dem man herauswächst. Wir alle hatten unsere Phasen mit unterschiedlichen Szenen, aber größtenteils waren das nur vergängliche Obsessionen mit dem Rebellenideal. Für diese Leute scheint das eher eine langfristige Lifestyle-Entscheidung zu sein—ein klösterlicher Eid, für immer uncool zu bleiben.

Die Bullies

Damals: Wenn du nicht einer von denen warst, die von buchstäblich jedem in der Schule gemobbt wurde (und zu dir kommen wir später), wirst du verstehen, dass es einen wichtigen Unterschied zwischen den echten Typen/beliebten Mädchen und den eingefleischten Bullies gibt. Die coole Crew hat gelegentlich mit ein bisschen Folter mitgemischt, aber man hatte das Gefühl, dass ihr Interesse daran flüchtig war.

Anzeige

Für die Bullies war es der Lebenszweck, ob es nun die grunzenden Clerasil-Schweinebacken waren, die heulten, wenn sie beim Fußball geschlagen wurden, oder wild dreinblickende Fischweiber. Jemals bei einem Bully zu Hause gewesen? Es ist nicht nur ein Filmklischee von John Hughes (Kevin allein zu Haus), dass sie immer hasserfüllte Eltern haben, die sich über sie lustig machen, weil sie fett oder dumm oder beides sind. Ich weiß, dass sie Leuten das Leben zur Hölle gemacht haben, aber sie taten mir auch immer ein bisschen Leid. Denkt außerdem daran, dass wir ohne Bullies sehr viel mehr abgedrehte Reality-TV-Stars und weichgespülte Singer-Songwriter hätten. Vielleicht sind Bullies also doch nicht ganz so schlimm. Sie erweisen der Gesellschaft einen wichtigen, allerdings ziemlich nervigen Dienst, wie Mücken oder die Polizei.

Heute: Hast du dich jemals gefragt, warum Türsteher dich stundenlang in der Schlange stehen lassen, obwohl der Club nur halbvoll und die Außentemperatur ungefähr auf sibirischen Minusgraden steht? Warum es eine Gemeindepolizei gibt, die deine Grillpartys sprengt? Wer diese Typen sind, die hinterm Bahnschalter oder beim Amt arbeiten, die dich genußvoll mit grausligen Vorschriften abservieren und außerdem für alles ewig brauchen? Weil du diese Leute früher dazu gebracht hast, auf Partys Bierdosen gegen ihre Köpfe zu smashen. Du erntest, was du säst.

Die Weltverbesserer

Anzeige

Damals: Jedes Klassenzimmer mindestens einen aufmüpfigen Revoluzzer, der—trotz der Tatsache, dass es unmöglich für ihn ist, die Welt als Ganzes zu verstehen—jede Geschichtestunde in eine Diskussion über Zionismus verwandeln muss. Ich bin nicht ganz sicher, wie die Hippies, mit denen ich zur Schule gegangen bin, schlussendlich zu ihren Ideologien gelandet sind. Vielleicht waren sie einfach nur das genaue Gegenteil von dem, was ihre Eltern ihnen eintrichtern wollten. Vielleicht haben sie auch einfach nur an das geglaubt, was ihnen Borat oder Michael Moore versucht haben, zu vermitteln.

Heute: Hier macht Ghetto- oder Privatschule definitiv den Unterschied. Vielleicht sieht man das wirkliche Bild von sozialer Immobilität nicht bei den „Bildungsfernen", sondern bei den Einser-Kandidaten. Eine der schlausten Mädchen meiner Schule ist heute Sozialarbeiterin. Der dümmste Typ von der Hamburger-Vorort-Privatschule sitzt wahrscheinlich im Bundestag.

Die Stoner

Damals: Womöglich die Gruppe, die am meisten Ähnlichkeit mit ihrem amerikanischen Äquivalent birgt. Die Stoner sind eine eigenartige Spezies. Sie zogen Armeejacken den Reebok-Sweatjacken, Rammstein und Gravediggaz Blu Cantrell und Sean Paul vor. Sie philosophierten über ihre Verschwörungstheorien, seltene afghanische Hasch-Züchtungen und grausame Scherze von Rotten.com. Immer, wenn du sie zufällig im Park gesehen hast, haben sie gerade irgendwas komisches gemacht, zum Beispiel einen toten Vogel angezündet. Sie waren die, die sowohl am wahrscheinlichsten nicht erfolgreich werden würden, aber auch am wahrscheinlichsten etwas erfinden würden, das die Welt verändern würde.

Anzeige

Heute: Hier herrscht wirklich Dunkelheit. Irgendwann in der Mitte der 2000er haben die Leute, die von ihren Drogen wollten, dass sie sie in Stumpfsinn statt Stratosphäre versetzen, groß mit Ketamin angefangen. Ich sage nicht, dass die Pferde-Beruhigungsmittel-Epidemie der Crack-Boom zur Reagan-Zeit unserer Generation ist, aber es hatte sicher einen großen Einfluss auf die Psyche unserer Jugend. Wir sind vielleicht durch Pete Doherty und Trainspotting von Crack und Heroin abgewichen, aber einige von uns stehen auf eine Droge, deren Langzeitauswirkungen keiner kennt, aber wahrscheinlich auf Bettnässen vor deinem 40. Lebensjahr hinausläuft.

Die Weirdos

Damals: Du entsinnst dich vielleicht an deine Schulzeit als eine fabulöse aber verschwommene Anreihung friedlicher Erinnerungen mit einem relativ geregelten Rhythmus, vielen Filmen, Musik, Ausgehen und anderen gechillten Aktivitäten. Ganz normale Sachen halt. Da sind dir die Weirdos nur aufgefallen, weil sie neben den normeln Aktivitäten immer ein komisches Hobby hatten, oder ein seltsames und intensives Vergnügen in irgendetwas Abwägigen hatten. Manche waren sie auch einfach nur seltsam, und du hast dich lieber von ihnen fern gehalten.

Heute: Seit ich die Schule endlich verlassen habe, habe ich festgestellt, dass die erfolgreichsten Leute, die ich kenne, wahrscheinlich die Weirdos in der Schule waren. Ich habe Geschichten von Models, die in den Spind gesperrt wurden, gehört, von DJs, die immer in der Schulbibliothek gehockt haben, Skateboarder, die auf Computerspiele standen. Tatsache ist, dass diese Leute immer noch mehr als alle anderen etwas beweisen mussten. Ich meine, die Probleme, die sie in der Schule aushalten mussten, wirken sich wahrscheinlich noch bis heute auf jeden einzigen Aspekt ihres Lebens aus. Aber zumindest genießen sie heute offen all die Sachen, für die sie in der Schule immer verarscht wurden oder zu unsicher waren, sie überhaupt zu machen.

Die Lehrer

Damals: Trotz der Masse an Mittzwanzigern, die wegen der vielen Jobs, vielen Ferien und der Tatsache, dass du nicht erst ein sechsmonatiges unbezahltes Praktikum vorher machen musst, darüber nachdenken, Lehrer zu werden, ist das Ganze eine ziemlich undankbare Aufgabe. Irgendwann vergisst jeder Lehrer seine Ambition, wie der nette, coole Lehrer aus Dangerous Minds und Club der toten Dichter zu sein und gibt sich damit zufrieden, eine Stimmtechnik zu entwickeln, die einigermaßen das Klassenraumchaos durchbricht.

Heute: Genau das Gleiche, jeden verdammten Tag ihres Lebens. Also, versuche es mit einer Entschuldigung, das nächste Mal, wenn du einem von ihnen mit einem Einkaufswagen voll mit hartem Alkohol im Supermarkt begegnest. Ich weiß, du willst ihnen deine bisherige Erfolge unter die müde, traurige Nase reiben, aber in Wirklichkeit bist du nur eine Absage-Mail davon entfernt, einer Klasse mit apathischen Neunjährigen, die ihre Köpfe in Angry Birds vergraben haben, das Periodensystem zu erklären. Trotzdem, du kriegst tatsächlich eine Menge Urlaub, also ist auch nicht alles schlecht.