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Sex

Wie schreibt man ein gutes Porno-Drehbuch?

Ein Mash-Up aus berühmten Filmen oder doch lieber Realismus? Wer liegt bei der Double Penetration unten? Wo drehen wir? Solche Fragen müssen beantwortet werden, um einen perfekten Porno zu drehen.

Alle Fotos: Julian Lucas

So viel Freude wir auch daran haben, irgendwo halten wir Pornos doch für selbstverständlich. Viele von uns konsumieren Pornos wirklich häufig genug, aber keiner von uns macht sich Gedanken darüber, wie viel Arbeit in einem guten Pornofilm steckt: die Kamerawinkel, die Beleuchtung, die Schauspielerei und ja, auch das Drehbuch. Ein Porno-Drehbuch zu schreiben, ist tatsächlich eine Kunst. Das habe ich von Kayden Kross und ihrem Verlobten Manuel Ferrara gelernt, die mich dazu eingeladen haben, den Drehbuchentstehungs- und Produktionsprozess vom Anfang bis zum Ende mitzuverfolgen.

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Ich treffe Kayden und Manuel in einer Shisha-Bar, ihrem Lieblingsort für ein Brainstorming. Pornos sind quasi ein Familienunternehmen und man sieht sofort, warum die beiden so erfolgreich sind: Sie sprudeln nur so vor gemeinsamen Ideen und Kompromissen und es ist nicht zu übersehen, dass sie einander vergöttern.

An diesem Abend arbeiten sie an einem Projekt für Jules Jordan Video: Manuel soll bei einem DP-Film, einer Co-Produktion von Manuel Ferrara Productions, die Hauptrolle spielen und Regie führen. DP steht für „Double Penetration" (falls ihr das nicht ohnehin schon wusstet) und bedeutet, dass eine einzelne Schauspielerin gleichzeitig vaginal und anal penetriert wird. (Ich weiß, wenn man es so erklärt, hört sich das nicht besonders toll an.) Um eine DP-Szene durchzuführen, braucht es ziemlich viel Koordination. Manuel hat viele DP-Szenen mit einem 53-jährigen deutschen Porno-Star namens Steve Holmes gedreht (der von sich sagt, dass er dafür bekannt ist, alt und gruselig zu sein und einen großen Schwanz zu haben). Karden erklärt mir, wie kompliziert die Choreografie ist: Der Mann, der oben ist, muss um den „Anker", der unten liegt, herum manövrieren. Manuel und Steve haben das ganz gut im Griff, weshalb sie jetzt wieder zusammen einen DP-Film drehen sollen, drei Jahre nachdem sie das letzte Mal zusammengearbeitet haben.

Kayden und Manuel beginnen den Schreibprozess mit dem Bestimmen von „Parametern"—sie legen anders gesagt fest, welche Arten von Sex eingebracht werden müssen. In diesem Fall wurde ihnen zum Beispiel vorgegeben, vier verschiedene DP-Szenen mit vier verschiedenen Frauen auszuarbeiten, die sich dann über einen Zeitraum von zweieinhalb bis drei Stunden erstrecken. Sie erwähnen, dass normalerweise weder die Handlung noch die Dialoge von großer Bedeutung sind (Überraschung). Kayden erzählt mir: „Letztendlich zählt nur das, was den Zuschauer erregt—wenn die Dialoge dazu beitragen, dann ist das toll. 70 Prozent spulen da aber einfach nur vor."

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Die Zuschauer wollen dennoch einen gewissen Grad an Handlung. „Es ist wichtig, dass sie sich zum Drumherum genauso gut einen runterholen können wie zum eigentlichen Sex", sagt Manuel.

Für das DP-Projekt mit Manuel und Steve wollen sie sich etwas Witzges ausdenken. „Ich denke da an so was wie Ey Mann, wo is' mein Auto? trifft auf Aschenputtel'", schlägt Kayden vor. Zwei Typen wachen nach einer Nacht auf, in der sie es einer scharfen Braut zusammen richtig besorgt haben. Sie wollen sie für eine Neuauflage wiederfinden und müssen auf der Suche andere Mädels durchprobieren. Besagte Frau bleibt jedoch unauffindbar und zu Hause finden die Beiden dann heraus, dass sie dort die ganze Zeit mit ihrem Mitbewohner Sex hatte.

„Ein Twist!", rufe ich. Manuel meint daraufhin scherzhaft, dass er „der M. Night Shyamalan der Pornos" sei.

Letztendlich gefällt Manuel die Idee dann doch nicht so gut und das Brainstorming geht weiter. Eine anständige Handlung ist wichtig, aber sie müssen auch bedenken, dass der durchschnittliche Porno-Konsument darauf keinen wirklichen Wert legt.

„Leider wurde jede Geschichte schonmal erzählt", sagt mir Kayden. „Irgendwann sind die Vorlagen ausgeschöpft und alles bezieht sich dann irgendwie auf eine bereits verwendete Handlung." Sie zählt noch ein paar Geschichten auf, die sie gerne verfilmen würde—darunter auch eine pornografische Interpretation von Ayn Rands Der ewige Quell. Einen solchen Klassiker umzusetzen, ist jedoch nicht einfach: Normalerweise liegen zwischen dem Entwurf und der Fertigstellung eines Pornos nur vier Wochen. Mehr Zeit für die Produktion aufzuwenden, wäre dank der wirtschaftlichen Gegebenheiten der Porno-Industrie reine Geldverschwendung.

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„Sobald deine Filme ins Internet kommen, werden sie gestohlen", erzählt sie mir und bezieht sich dabei auf die vielen kostenlosen Tube-Seiten, die sich ihrer Arbeit bedienen. „Der Konsum ist immens hoch. Deshalb müssen wir auch mit so wenig Budget auskommen."

Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass Manuels Rückbesinnung auf etwas Realistisches am Ende das Rennen macht. „Ich denke mir gerne mein eigenes Zeug aus", sagt er. „Das muss jetzt nicht unbedingt etwas total Komplexes mit unerwarteten Wendungen sein." So einigen sie sich auf eine einfache Idee: eine feierliche Double Penetration, um Steve Holmes (wohnhaft in Europa) Rückkehr nach Amerika zu feiern.

„So wirkt das Ganze lebhafter und realistischer", sagt er und spielt damit auch auf einen Vorschlag von Kayden an, es mit der Schauspielerei nicht zu übertreiben. Porno-Darsteller fassen das Wort „realistisch" jedoch vielleicht anders auf als du und ich. Nimm diese Szene als Beispiel: Steve hat gerade eine Double Penetration fertig gedreht und erwischt Manuel dann in flagranti, wie er zur Entspannung eine DP-Session mit seiner Maskenbildnerin einlegt.

Nachdem sie sich auf die Idee geeinigt haben, notieren sich Kayden und Manuel ein paar Gedanken zu den DP-Szenen und zu dem, was als „Anheizer" fungieren soll. Der „Anheizer" ist ein essentielles Element eines jeden Pornos: Darin erregt die Darstellerin den Zuschauer durch Strippen, Flirten mit der Kamera, Selbstbefriedigung und so weiter. „Es ist nicht leicht, einen Anheizer einzubauen, ohne dass er deplatziert wirkt", erklärt Manuel.

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Nur ein paar Stunden später ist Manuel DPs Them All fertig geschrieben. Sie planen, das Ganze innerhalb von wenigen Tagen zu drehen und die Vorproduktion ist auch schon fast beendet.

„Im Vergleich zu Hollywood läuft es bei uns umgekehrt ab: Wir haben unsere Drehorte schon für drei von vier Tagen im Voraus gebucht", sagt Kayden. „Wir mieten uns ein richtig schönes Haus und dann noch eins mit 80er-Jahre-Möbeln. Wir sind uns schon bewusst, dass wir nur in einem Studio oder in einem Haus drehen können. Sie werden jetzt nicht den Hollywood-Boulevard für uns freimachen."

Alles wird schon im Voraus gebucht, um sich die besten Drehorte zu sichern. Das kostet eine Produktionsfirma zwischen 100 und 300 Dollar die Stunde. Für die Hausbesitzer hat das Ganze ebenfalls Vorteile: So kann die Hypothek schneller abbezahlt werden und bei der nächsten Dinner-Party kann man eine unterhaltsame Geschichte erzählen.

Ein paar Tage später treffe ich Kayden und Manuel am Set von Manuel DPs Them All wieder. Das Skript ist im Grunde immer noch das Gleiche wie in der Shisha-Bar, nur eine Szene wurde noch umgeschrieben. Wenn Manuel nicht gerade vor der Linse agiert, ist er als Kameramann tätig. Zum einen kann er das sehr gut und zum anderen handelt es sich um einen Gonzo-Film—dabei wird versucht, alles aus der Sicht der Darsteller zu zeigen. Anstelle von vorgegeben Dialogen und Anweisungen wird viel auf Improvisation gesetzt. Ich fühle mich wie in einem Film von Christopher Guest, nur nicht ganz so witzig und mit mehr Sex.

Was die eigentliche Double Penetration angeht, so gab es eine vage Vorstellung von den Stellungen und der Reihenfolge, in der sie gezeigt werden soll. Der eigentliche Geschlechtsverkehr ist jedoch eine Kunst für sich. Es kann ziemlich kompliziert werden, wenn zwei Penisse versuchen, gleichzeitig in zwei Körperöffnungen einer Frau einzudringen, und dabei nur wenig Bewegungsspielraum vorhanden ist.

„Je nachdem mit wem du zusammenarbeitest, kann sich das Ganze als sehr einfach oder als sehr schwer herausstellen", erzählt mir Manuel. „Steve und ich machen das jetzt schon seit Jahren, deswegen gibt es da keine Probleme mehr. Normalerweise läuft es besser, wenn er unten ist. Diese Position gefällt ihm auch. Wenn du die Szene jedoch mit unerfahrenen Typen drehst, dann kann das zu einem echten Albtraum werden." Als ich mich später mit dem Cutter zusammensetze (nennen wir ihn einfach mal „Tom"), erklärt er mir die Notwendigkeit einer „kolbenartigen Bewegung" und lobt Manuel und Steve für ihre perfekte Ausführung.

Ich bleibe noch eine Weile bei Tom und starre auf den Bildschirm, auf dem Manuel, Steve, eine ganze Reihe Mädels und ganz viel Sex zu sehen sind. Meine Gedanken sind verschwommen und drehten sich nur um Genitalien, aber Tom erklärte mir den ganze Schnittprozess so, als würde er mir verschiedene Kachelmuster für meine Küche zeigen. „Ich habe das jetzt schon Tausende Male gemacht", sagte er. „Inzwischen fühle ich dabei nichts mehr. Das ist auch besser so."