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Der Knigge für betrunkene Taxifahrten

Im Vollsuff einen Taxler zu bequatschen ist nicht gerade höflich. Was man sonst noch beachten sollte.
Foto via VICE Media

Es ist einer dieser Abende, an denen du einen über den Durst getrunken hast und plötzlich nicht mehr weißt, wie du eigentlich nachhause kommen sollst. Der eine Freund, der heute Fahrer sein musste, hat dein betrunkenes Ich zum ersten Mal nüchtern erlebt und will jetzt nicht mehr dein Freund sein. Die Öffi-Intervalle sind innerhalb Stunden plötzlich so lange geworden, dass die nächste U-Bahn erst wieder in zwei Jahren kommt und es ist mittlerweile auch zu spät, um deine Mama noch aus ihrem Schlaf zu reißen.

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Wenn du dich für ein Taxi entschieden hast, herzlichen Glückwunsch—immerhin warst du schlau genug, um nicht selbst zu fahren. Jetzt musst du nur noch eines kriegen. Am Land wählst du die Nummer vom Taxler deines Vertrauens, in der Stadt gehst du entweder zum Taxistand oder versuchst in dein Glück mittels Carrie Bradshaw-Winken, was im Vollsuff meist eher nach Seiltanz ausschaut.

Trotzdem gibt es während einer Taxifahrt bestimmte Benimmregeln, die es einzuhalten gilt. Regeln, die einem im nüchternen Zustand eigentlich mehr als geläufig erscheinen, in der Besonderheit einer Rausch-Situation jedoch zusätzliche Aufmerksamkeit verdienen, zumal man da schnell jeglichen Bezug zu menschlichem Verhalten verliert. Als betrunkener Fahrgast gibt es einiges zu beachten.

Reden ist Silber

Foto: Rob and Stephanie Levy | Flickr | CC BY 2.0

Smalltalk mit deinem Taxifahrer setzt erst mal voraus, dass du noch in der Lage bist, dich angemessen zu artikulieren. Sollte das der Fall sein, versuch auf die üblichen Floskeln zu verzichten. „Viel los heute?", „Wie lange müssen Sie fahren?" und der ganze Rest. Die Fragen, von denen man glaubt, Taxifahrer würden sich freuen, sie beantworten zu dürfen, an denen sie sich aber in Wahrheit schon längst sattgehört haben. Komm schon, du hast dir genug Geschwätzigkeit angetrunken, um ruhig mal einen anderen Gesprächseinstieg auszuprobieren. Frag den Fahrer vielleicht einfach mal nach seinem allgemeinen Wohlbefinden, oder ob er irgendwo ein Sackerl hat. Ein spannende Unterhaltung ist dir so gut wie sicher und du bleibst immerhin wach.

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Da wir aber davon ausgehen, dass du keinen gerade Satz mehr formen kannst, wirst du dich ein bisschen schämen müssen. Taxifahrer haben dann nämlich immer diesen leicht wertenden „Muss das sein"-Blick drauf, den deine Mama auch immer macht, wenn du zu viel intus hast. Sollte das der Fall oder du schlichtweg nicht in Redestimmung sein, ist es das Beste, einfach die Goschn zu halten. Wenn du alleine unterwegs bist und hinten einsteigst, ist das Taxi-Code für „Kein Bock auf Reden". Auch wenn es vielleicht zu fahrstuhlesker Peinlichkeits-Stille werden kann, so mancher Taxler wird dir für dein Schweigen noch dankbar sein. Man kann nie wissen, mit wie viel Bullshit er zuvor schon dealen musste. Im schlimmsten Fall wirst du plötzlich emotional und erzählst ihm die Geschichte deines Lebens.

Versuch zumindest, nicht ohne Vorwarnung zu kotzen

Foto: Richard Riley | Flickr | CC BY 2.0

Wer nicht gerade über eine Art Saumagen verfügt, hat mindestens eine Sorte Kryptonit-Alkohol. Ich kenne Mädchen, die saufen wie Löcher, aber schon beim bloßen Anblick von Tequila sieben Tode sterben. Wenn ihr noch nicht wisst, welcher Fusel euer Verderben ist, werdet ihr es ziemlich sicher irgendwann noch herausfinden. Es könnte alles sein. Könnt ihr mit dieser ständigen Angst leben?

Ich hatte Glück und habe meine Nemesis recht früh in Sambuca gefunden. Diese flüssigen Todfeinde sind nicht ohne Grund das, was sie sind. Hat man sie einmal als solche erkannt, lässt man seine Finger davon. Für fucking immer. Außer ihr seid gestörte Masochisten die, wie ich, nie lernen.

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Bei Noisey kotzt man aus fahrenden Taxis.

Jedenfalls sollte man, in dem Wissen, seinen persönlichen Endgegner in sich zu tragen, nicht in ein Taxi steigen. Wem wollt ihr was vormachen—ihr wisst selbst am besten, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis das eine Stamperl wieder retourniert wird und alles andere, was da unten sonst noch lungert, mit sich reißt. Solltet ihr trotzdem glauben, in das Auto steigen zu müssen, tut dies nicht unbetütet. Bittet zuvor einen Freund oder meinetwegen sogar den Taxifahrer, zu prüfen, ob das Sackerl auch wirklich kein Loch hat, denn auch das ist schon mal passiert. Grundsätzlich gilt: Nicht gänzlich ohne Vorwarnung speiben. Im absoluten Notfall kann man ja auch rechts ranfahren.

Gib angemessenes Trinkgeld

Dein Taxifahrer hat vielleicht auch nicht immer Lust, freundlich zu sein, in der Regel wird er sich aber trotzdem halbwegs nett verhalten. Er wird das Radio aufdrehen, wenn dein Song kommt und du „DAS IST MEIN SONG, MACH LAUT" schreist. Wenn du lieb fragst, wird er sogar kurz beim Bankomaten oder Zigarettenautomaten halten. Das macht er nicht, weil er dich sympathisch findet, sondern weil er Trinkgeld möchte. Wenn du dich während der Fahrt gut behandelt gefühlt hast, solltest ihm das auch geben. Muss man natürlich nicht, sollte man aber.

Nimm die Existenz deines Fahrers zur Kenntnis

Foto: Jenene Chesbrough | Flickr | CC BY 2.0 (cropped)

Der Mensch, der sich freundlicherweise dazu bereit erklärt hat, dich gegen Geld zu chauffieren, ist genau das: ein Mensch. Er kann dich hören und sehen—zumindest im Rückspiegel. Hör auf, seine Existenz zu verleugnen. Heimlich kotzen wird nicht funktionieren, genau so wenig wie ein Blowjob am Rücksitz nicht unbemerkt bleiben wird, egal wie sehr man sich auch bemüht. Der Fahrer wird dich vielleicht in dem Glauben lassen, weil er im Gegensatz zu dir Anstand hat—aber er wird es mitbekommen. Dann vielleicht auch noch über den Taxifahrer zu lästern, während dieser direkt vor euch sitzt, oder bewusst laut über die ärgsten Dinge sprechen, ist unhöflich.

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Sei kein Arschloch

Du bist Fahrgast in diesem Fahrzeug, wenn du also eine dieser gequälten Seelen bist, die unter Alkoholeinfluss aggressiv werden, tut es mir in erster Linie leid, in zweiter bitte ich dich, dich zusammenzureißen. Der Chauffeur kann am allerwenigsten was für deine Probleme. Überleg dir vielleicht, „Sei kein Arschloch" zu deinem Mantra zu machen. Sicher, das Wort „Gast" ist ein bisschen irreführend, weil du ja auch für die Fahrt bezahlst, aber nur, weil etwas nicht gratis ist, gibt dir das noch lange nicht das Recht, zu einem weißen Großgrundbesitzer aus dem Tansania des 19. Jahrhunderts zu mutieren.

Vergewissere dich, dass du auch wirklich in einem Taxi sitzt

Mit 17 hatte ich so ziemlich die bisher heißeste Phase meines Lebens. Ich war alt genug, um legal Bier zu trinken, aber gleichzeitig groß genug, um überall Schnaps zu bekommen und peinlich genug, um mich dabei unfassbar cool und verboten zu fühlen. Einfach so illegal Whiskey-Cola zu bestellen war für mich der ärgste Badass-Move.

Eines Nachts fand ich mich also wieder vorm örtlichen Mäci sitzend, meinen Kopf nach unten weil mir sonst schwindelig wird, und hoffte, dass bald ein Taxi auftauchen würde. Taxler sind schlau—sie wissen genau, dass Mäci oft die heiligen Sterbesakramente eines schlimmen Katers darstellt und positionieren sich demnach oft dort. An dem Tag dauerte es komischerweise etwas länger, jedenfalls soweit ich mich erinnern kann. Irgendwann saß ich schließlich doch in einem Auto. Die 15-minütige Fahrt ist völlig aus meinem Gedächtnis gelöscht. Ich glaube und hoffe stark, geschlafen zu haben.

Als wir schließlich vor meiner Haustüre angekommen waren, begann ich verzweifelt, in meiner Brieftasche nach Geld zu suchen. Leider hatte ich offensichtlich alles versoffen. Also blieb mir gar nichts anderes übrig, als zu hoffen, der Taxifahrer wäre mir nicht allzu böse, wenn ich ihm einfach meine letzten Cent-Stücke als Entschädigung geben würde. Ich wühlte also unkoordiniert in meinem kleinen zerfledderten Leder-Geldtascherl und drückte dem Fahrer eine halbe Faust voller Kupfer-Hartgeld in die Hand. Der reagierte verwirrt und wollte erst nicht annehmen, was mich im Umkehrschluss plötzlich denken ließ, ich wäre gerade wahnsinnig großzügig. Also sagte ich noch irgendwas in Richtung „Nein wirklich, das passt schon so, der Rest ist für Sie", fühlte mich wie ein Mann von Welt und stieg aus. Am Morgen danach meinte mein Papa, ich solle weniger trinken und gab mir meinen Schotter zurück.

Folgt Franz auf Twitter: @FranzLicht