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Mangina ist der neueste Selfie-Trend

Warum sich diesen Sommer Tausende Männer ihren Penis zwischen die Schenkel klemmen und ein Foto davon machen.

Dieses Mangina-Selfie wurde der Autorin zugespielt

Mangina klingt zwar wie eine Mischung aus Manga und Angina, ist aber eigentlich ein Trend unter japanischen Männern und hat viel mit einer Sache zu tun, die Burschen vielleicht aus ihrer Kindheit kennen: nämlich den Penis zwischen die Beine klemmen.

Das Neue am aktuellen Schwanzeinziehen ist erstens, dass es unter Erwachsenen passiert und zweitens, dass Typen auch Selfies von ihren „Manginas" machen. Unter #mangina findet man das Phänomen auch auf Instagram. Rund 19.500 Einträge gibt es inzwischen.

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Zu sehen ist dabei eine Leerstelle, viel Lendengegend und gelegentlich ein bisschen Schamhaar. Der Anblick löst die unterschiedlichsten Reaktionen aus. Während viele beim Anblick des fehlenden Phallus loskichern, finden es andere zum Fremdschämen und können das Bild gar nicht rasch genug wegklicken. „Oh, my God. So ugly … my eyes …!" schreibt ein Instagram-User. Die Mehrheit findet es aber doch eher „so funny". Ich bin vor allem der Frage nach dem Warum nachgegangen.

Sigmund Freud hat uns vor vielen Jahren den Penisneid erklärt. Ein Jahrhundert später wirkt es, als ob Gender-Mainstreaming auch in das Feld der psychischen Befindlichkeiten Einzug gehalten hätte: Manginas sehen so aus, als hätte heute die Männerwelt Vaginaneid.

Immerhin wissen wir, dass die weibliche Sexualität komplexer ist als die männliche und Frauen alleine durch die Tatsache, dass der weibliche Orgasmus nur dem Spaß dient und nicht der Fortpflanzung, einen klaren Vorteil (da es noch dazu zwei Orgasmus-Versionen gibt—den vaginalen und klitoralen—würde ich sogar sagen, es steht 2:0).

Jedenfalls scheint es zwei unterschiedliche Gruppen von Mangina-Taggern zu geben. Zum einen fühlen sich Männer mit Transgender-Identität davon angesprochen, zum anderen junge Typen, die mit ihren Selfies einfach Aufsehen erregen wollen.

Der Reiz ist für beide Gruppen naheliegend: Es wird etwas gezeigt, und auch wieder nicht, und dabei ist viel Raum für Fantasie—sowohl beim Betrachter als auch beim Schwanzeinzieher. Auch mein bester Kumpel Martin hat es ausprobiert und für mich knapp 40 Fotos von seiner Mangina geknippst. „Es tut weh." Hat er mir gemailt. „Spaß macht das keinen. Meine Hoden werden jetzt noch tagelang drücken."

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Einige Psychologen interpretieren den Mangina-Trend auch als eine Reaktion auf die gesellschaftliche Verunsicherung hinsichtlich ihrer eigenen Geschlechterrolle. „Man tut so, als ob man keinen Penis hätte und gibt sich weiblich und findet das total lustig", meint Sexualforscherin Julia König in einem Interview.

Sexualtherapeut und Sexualberater Kurt Koll sieht in dem Trend keine tiefere Botschaft, wie er mir im Gespräch erzählt. „Es hat sich ganz einfach aus der Tatsache, dass es soziale Netzwerke gibt, ergeben—ebenso wie normale Selfies.", sagt Koll.

„Jedes Selfie oder Mangina-Bild lebt davon, dass es jemand sieht. Manginas sind zusätzlich noch mit Erotik belegt." Koll steht dem Schwanzeinzieh-Trend offen gegenüber. „Sexualwissenschaftlich stellt sich zwar die Frage: Sollte man es verbieten, obwohl es Selbstzensur ist? Man sieht genaugenommen ja gar nichts. Wir alle haben das als Buben irgendwann doch mal gemacht."

In meinem Freundeskreis und Instagram-Feed kommentieren die meisten weiblichen Nutzer die Manginas mit „peinlich und unsexy". Aber möglicherweise spricht aus uns auch nur purer Neid—denn Instagram ist schnell mit dem Löschen von Frauenbildern, auf denen auch nur Ansätze von Schamhaar zu sehen sind. Die Logik dahinter erschließt sich vielleicht nicht einmal den Instagram-Betreibern selbst, vermute ich —schließlich war niemand auf Manginas gefasst.

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Gelassener sieht man den Trend im Mangina-Magazine, dem von Cindy Wonderful ins Leben gerufenen Online-Magazin, in dem alle Männer herzlich dazu eingeladen sind, ihre Mangina von der besten Seite zu zeigen. „Ich will die Mangina feiern. Ich will mehr über sie wissen, ich will mehr von ihnen SEHEN", sagt er.

Inzwischen werden Manginas, die einer richtigen Vagina zu sehr ähneln, auch schon wieder von den sozialen Netzwerken entfernt—zu viel Vagina-Mimikry geht den meisten Plattformen dann doch zu weit. Gelöscht zu werden dürfte demnach eine ganz eigene Disziplin im Mangina-Selfie-Machen sein. Aber auch das wird nicht das Ende sein. Denn am Ende zeigt der Trend vor allem eins: Sex findet immer einen Weg, um die Zensur in sozialen Netzwerken zu umgehen.