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DIE HEIMAT BIST DU GROSSER TÖCHTER SÖHNE ISSUE

Vice Reviews

Warum schämt man sich dafür, Ska zu mögen? Wenn zum Outfit der Durchschnitts-Skaband auch noch ein Bär mit Truckercap auf dem Plattencover dazukommt, beantwortet sich diese Frage von selbst. Die neuen Reviews sind da!

NAKED LUNCH
All Is Fever
Tapete Records/Indigo
9
Falls ihr Herwig Zamernik, Oliver Welter und Stefan Deisenberger jemals begegnen solltet, müsst ihr sie unbedingt darauf anreden, wie das so ist mit der „Hassliebe“ zu ihrer Heimat. Des weiteren solltet ihr die Schlagwörter „Midlife-Crisis“ und „Köpfe einschlagen“ zwischendurch einstreuen. Falls das alles noch nichts bringt, beginnt die Melodie von „The Winner Takes it All“ von Abba zu summen. Oder ihr spart euch den Ärger und lest das Interview im Gap. Ich liebe diese Band.
MY CORONA

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SKABUCKS
Trucks Are Good
Rockbands
1
Gwen Stefani fand ich besser, bevor sie angefangen hat, vier Asiatinnen als menschliches Accessoire mit sich herumzuführen, und ich werde es zwar leugnen, falls mich jemals wer darauf anspricht, aber ich kann den Text zu Sublimes „Date Rape“ auswendig. Da stellt sich die Frage, warum schämt man sich dafür, Ska zu mögen? Das furchtbare Gewand, das Ska Punks tragen, die Hüte, die Hawaiihemden und überall das verdammte Schachbrettmuster, spielt da sicher eine Rolle. Dass Blasinstrumente Weiße entweder wie Sitzenbleiber oder totale Nerds ausschauen lassen, hilft auch nicht. Aber der Hauptgrund sind Bands wie SkaBucks. Es gibt zwar in jeder Musikrichtung bessere und schlechtere Künstler, aber bei Ska ist das gefühlte Verhältnis 1 Streetlight Manifesto zu 10.000 SkaBucks. Warum SkaBucks darauf bestehen, auf Englisch zu singen, obwohl sie ärger klingen als Arnold Schwarzenegger, bevor er überhaupt Englisch gelernt hat, kann ich nicht erklären.
HEY BABY

THE UNKNOWN MORTAL
ORCHESTRA
II
Jagjaguwar/Trost
3
Sobald ihr eine Tante während einer schlechten Party rum- und danach ins Bett gekriegt habt, spielt ihr das vor. Sie wird es euch danken. Und ihr werdet dabei einpennen.
DUFF PADDY

JUNKIE XL
Synthesized
Nettwerk/Soulfood
3
Als ich den Namen „Junkie XL“ zum ersten Mal hörte, ging ich davon aus, dass es sich um das HipHop-Projekt eines elfjährigen Hauptschülers handeln musste. Wie passend, dass sein neues Cover aus- sieht, als ob es von einem elfjährigen Mädchen im Kunstunterricht gemalt worden ist (Thema: Dali und die Folgen. Note: 2-). Also, wie alt ist dieser Typ noch mal? Und wie kann es sein, dass er seit 1997 Musik macht? Kann auch sein, dass ich seit seinem damaligen Elvis-Remix außer Stande bin, eine objektive Rezension zu verfassen. Ich gebe ihm einfach vier Punkte, weil er seit vier Jahren keine Platte mehr gemacht hat. Womit hoffentlich auch klar sein dürfte, wie er sich das nächste Mal eine Zehn verdienen kann.
PRISCILLA KILLA

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FUTURE PRESENTS
F.B.G.: The Movie
Online Mixtape
8
FUTURE PRESENTS F.B.G.: The Movie Online Mixtape 8Jeder, der Ende des letzten Jahres nicht Pluto von Future in seinen Top irgendwas hatte, sollte nicht mehr über Rap reden. Und schon gar nicht schreiben. Es ist mir vollkommen wurscht, ob ihr alle Autotune hasst und „D.O.A.“ für die beste Jay-Z Nummer der letzten Jahre haltet. Lasst uns ein paar Dinge klarstellen. Joey Badass ist nicht Ma$e und darf deshalb auch kein Dollarzeichen im Namen tragen. New York Rap sollte nicht irgendwohin zurückgebracht werden. Außer vielleicht nach Wien, eine Stadt, in der Vinnie Paz noch Hallen füllt. Seit Mitte des letzten Jahrzehnts macht Atlanta einfach alles, worauf die Stadt Lust hat. Snap, Trap, Strip-Club Hymnen. Alles mit einem großen A. Das Future jetzt eine Gang hat, macht natürlich alles noch besser. Zukunft ist gut.Jeder, der Ende des letzten Jahres nicht Pluto von Future in seinen Top irgendwas hatte, sollte nicht mehr über Rap reden. Und schon gar nicht schreiben. Es ist mir vollkommen wurscht, ob ihr alle Autotune hasst und „D.O.A.“ für die beste Jay-Z Nummer der letzten Jahre haltet. Lasst uns ein paar Dinge klarstellen. Joey Badass ist nicht Ma$e und darf deshalb auch kein Dollarzeichen im Namen tragen. New York Rap sollte nicht irgendwohin zurückgebracht werden. Außer vielleicht nach Wien, eine Stadt, in der Vinnie Paz noch Hallen füllt. Seit Mitte des letzten Jahrzehnts macht Atlanta einfach alles, worauf die Stadt Lust hat. Snap, Trap, Strip-Club Hymnen. Alles mit einem großen A. Das Future jetzt eine Gang hat, macht natürlich alles noch besser. Zukunft ist gut.
DR UDO BRÖMME

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1773 X TRISHES
The Love Bug Variations
bandcamp
7
Trishes ist seit ca. 14 Jahren fast alles, was Hip Hop in Österreich betrifft. Er ist mit sehr großem Abstand der beste österreichische Hip Hop Journalist, er hat dem Bundeskanzler einen Brief geschrieben, er hat seine eigene Radiosendung und er weiß, bei welchem Fried Chicken zu welcher Uhrzeit Biggie war, als er Unbelievable aufgenom- men hat. Kurz gesagt, Trishes ist so ein unendlich guter Typ, dass selbst, wenn er am Game Boy Megaman gespielt und das aufgenommen hätte, wir es empfehlen würden. Doch diesmal hat er quasi ein Remix-Album kuratiert, das zufälligerweise auch sein eigenes ist. Auf The Love Bug Variations finden sich Leute wie The Clonious, Dexter, Urbs, Flip und natürlich Brenk Sinatra aus Kaisermühlen und tragen ihre Versionen vor. Zum Glück kam niemand auf die Idee, einen Ragga Remix zu machen, sondern die Jungs treffen alle stilsicher die Ideale, die Trishes seit langer Zeit im österreichischen Hip Hop repräsentiert. Wenn man irgendwas am Album kritisieren kann, dann ist es die Tatsache, dass der großartige Remix von „Familiar Stranger” von Cid Rim aus irgendeinem Grund nicht drauf ist. Deswegen gibt’s einen halben Punkt Abzug. Ansonsten bleibt das eines der wenigen Remix-Alben, die wir jemals empfehlen werden und ihr unbedingt erwerben solltet.
ISAIAH RAFRIDER

BROADCAST
Berberian Sound Studio
Warp
8
Halloween nahm Warp Records zum Anlass, eine neue Veröffentlichung von Broadcast anzukündigen. Die Aufnahmen stammen noch aus der Zeit mit Trish Keenan, die im Januar 2011 im Krankenhaus an den Folgen einer Lungenentzündung starb. Zuvorderst dienen diese Miniaturen als Soundtrack für den gleichnamigen Warp- Film. In dessen Zentrum steht ein britischer Tontechniker, der in Italien Geräusche für den Low-Budget-Horrorfilm The Equestrian Vortex aufnehmen muss und darüber langsam den Verstand verliert. Film-im-Film-Motiv, Zeit-Colorit, Meta-Musik, ein seltsames Setting, das alles scheint wie gemacht für Broadcast. Und so klingt es auch—mit 39 Titeln in 38 Minuten ist das Ganze nur leider etwas kleinteilig ausgefallen…
NICO BRUNO

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DARKSTAR
News from Nowhere
Warp/Rough Trade
6
Drogenvergleiche sind mit das Faulste, was der Musikjournalismus zu bieten hat. Aber Darkstar schreien förmlich danach, alleine schon wegen der ganzen bunten Blümchen am Cover. Im Ernst: Die nachdenklichen jungen Herren von North, dem Debütalbum von Darkstar, haben von ihren Seelenklempnern ganz offensichtlich sehr effektive Happy Pills verschrieben bekommen. Melancholische Lyrics gibt es nicht mehr, dafür mehrstimmige Mantras. Die im guten Sinne pathetischen Melodien wurden gegen irgendetwas getauscht, das sich anfühlt wie eine Kuscheldecke aus Zuckerwatte. Genau: ziemlich klebrig.
DIETER HELL

DÄMMERATTACKE
Tausend Seen
Cien Fuegos/Trost
8
„Lernen S’ a bisserl Geschichte”, sagte der Bruno zum Brunner anno dazumal. Das war 1981. Just zu der Zeit, als sich die Dämmerattacke aufmachte, um ein Album aufzunehmen, das rund 30 Jahre später als Meilenstein der Wiener Untergrundbewegung gilt. Rückblick: Wien, 1982. Grau, kalt, trostlos. Kottan. Beton. U4. Ganz Wien is heit auf Heroin. Feinripp. Der Punk nach dem Punk mit der Post. Die dunkle neue Welle bricht über die Hauptstadt herein. Mittendrin Tausend Seen. Ach, wie schön muss das damals gewesen sein. Nachsatz: Die ganze Platte wurde damals von Konrad Becker, späterem Netzaktivisten und heimischem Wegbereiter der elektronischen Kastlschrauber, produziert. Tausend Seen ist jetzt wieder als Platte erhältlich. Eigentlich wollte ich das schreiben.
BIRGIT SCHRECK

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PISSED JEANS
Honey
Sub Pop/Trost
7
Pissed Jeans mähen sich durch die letzten 30 Jahre und nehmen alles mit, was ihnen (zweifelsohne aus gutem Grund) so gefällt: Black Flag, Man Is The Bastard, Jesus Lizard, Fudge Tunnel, frühe QOTSA. Das Ganze erinnert an einen Hardcore/Noisecore/Mathrock/ Stoner- Biosupermarkt, bei dem Pissed Jeans sich wie Kraut und Rüben bedienen. Diese Platte wird und kann minds blowen. Wem sie gefällt, der wird Pissed Jeans als Einstiegsdroge erleben. Sollten Pissed Jeans aber auch dem Ü30-Klub gefallen wollen, dann müssen sie schleu- nigst alles 80er-Black-Flag-Lastige kicken (das braucht ja wirklich niemand mehr) und beim 90er Noise- und Schweinerock bleiben. Vielleicht wird die nächste Platte ja dann so richtig gut für alle Altersgruppen.
OH MY GOD THEY KILLED PENNY

EELS
Wonderful, Glorious
E Works/Cooperative Music
6
Falls du Mark Everetts vor einigen Jahren erschie- nene Autobiografie gelesen oder den großartigen Dokumentarfilm über ihn und seinen Vater gesehen hast, dann weißt du, dass ihm im Leben mehr schreckliche Dinge zugestoßen sind, als jemals ein Mensch ertragen könnte, ohne den Verstand zu verlieren. Trotzdem oder deshalb klingt sein neues Album genauso beschwingt und positiv, wie es der Titel vermuten lässt. Ich vermisse den alten E, der diese seltsamen, ergreifenden Balladen spielte, bei denen man sich immer furchtbar einsam und von der Welt verstoßen fühlte. Wenn ich Feelgood-Rock möchte, kann ich ja gleich meine Bruce-Springsteen-Kassetten aus dem Keller holen. Vielleicht sollte ich sie Everett einfach mal vorspielen und ihn auf diese Parallele hinweisen. Er würde vermutlich sofort in eine schwere Depression zurückfallen und alles wäre wieder wie früher.
CRACK A VELLI

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RAMSES ALEXANDRE
Body English
RA Music Group
7
Sex mit jemandem, den ich im Vollrausch im Club aufgegabelt habe, ist immer etwas unangenehm und vor allem sehr patschert. Wenn ich aber diese Platte anhöre, werde ich plötzlich total locker und bin mir sicher, dass auch ich die beste Nacht meines Lebens mit einem mysteriösen Fremden erleben könnte. Ganz ohne peinliches Schweigen und stellenweise Hilflosigkeit. Irgendwann.
MRS LOVAH LOVAH

TOCOTRONIC
Wie wir leben wollen
Vertigo/Universal
5
„Ich möchte mich selbst verdauen“ flötet von Lowtzow, den Morrissey des Graduiertenkollegs gebend, irgendwo auf diesem Album und man möchte ihm zurufen: „Na mach doch, viel mehr Scheiße kann da auch nicht mehr hinten rauskommen!“ Er könnte das Ganze als Kunstperformance ans MoMA verkau- fen, bei den Tocos würde Rocko Schamoni als neuer Sänger einsteigen und deren manchmal sogar ganz coole Songs von all ihrem Wichtigtuer-Schmalz befreien. Wie Superman, mit einem riesigen Q-Tip bewaffnet, würde er … ja ja, ist ja schon gut, man wird doch wohl noch träumen dürfen.
FREDDY FELDBLUME

JIM JARMUSCH & JOZEF
VAN WISSEM
The Mystery Of Heaven
Sacred Bones
9
Der Regisseur und der Lauten-Spieler, der Typ mit der billigen Gitarre und der mit der mittelalterlichen Kostbarkeit. Jim der Mond, Jozef die Sonne, der eine blau, der andere rot. So beschreibt es Jarmusch im Interview. Angeblich haben sie sich erstmals auf der Straße ge- troffen, Jozef hat ihm eine CD zugesteckt, er hörte sie fasziniert—der Rest ist Legende. Die Resonanz auf ihr erstes gemeinsames Werk Concerning the Entrance Into Eternity fiel Anfang des Jahres so positiv aus, dass sie zum Erscheinen des ersten Videoclips mit The Mystery Of Heaven schon einen Nachfolger veröffentlichen. Van Wissem entringt der Laute nur noch fremdartige Klänge zwischen Balinesischem Gamelan und überirdischem Geplänkel, dazu liefert der No-Wave geschulte Jarmusch Minimalismen und Drones, die als Echos dienen und die vorsichtig in die vermeintlich hermetische Welt der Laute eindringen wie ein freundlicher Parasit…
BD/ELMER

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