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Popkultur

Arnies Erbe und Santa ist Russe

'Total Recall' & 'Rise of the Guardians' - aus verschiedenen Gründen haben wir Tränen vergossen

Ich gurk gerade in Tübingen herum, als mich dieses schöne Etablissement verlachkrampfend auf den Asphalt des Hauptplatzes wirft - wobei ich dem Laden gleichzeitig allen Erfolg der Welt wünsche. Außerdem erinnert mich dieser Pförtner belastende Wortwitz stark an die /Slash-Premiere von Sinister im Filmcasino, wo auch hunderte zu schwarzen Löchern angespannte Schließmuskeln versammelt waren.

Wer hätte gedacht, dass Ethan Hawke beim Buchschreiben einem das Seelenheil dermaßen umpflügen kann. Ein kleiner Film-Tipp für die cardiologisch Unbelasteten unter euch. Kleine formelle Schwäche hat er zwar hie und da, aber wie gesagt, Sinister schrickt einem gekonnt  das Arschloch kaputt. Süß war, wie einige der besonders Coolen in der Vorstellung im Filmcasino plötzlich vor lauter unerwarteter Panik irrsinnig zu kichern und lachen begannen. Abwehrmechanismus, sag ich.

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Was habt ihr denn da wieder angestellt ihr Hollynutten?!

Es geht natürlich um Total Recall, nicht das trashgeniale Verhoeven-Gewaltfest aus 1990 oder Arnold Schwarzeneggers Biografie mit genau diesem schönen Titel sondern um die aktuelle 2012 Colin Farrell Version. Seien wir uns einfach einmal alle ganz ehrlich und zeigen diesem SciFi zusammengeklauten Stück Lauwärme schön den Mittelfinger. Selbst wenn man den Film nicht mit dem Original vergleicht, wird der neue nur von sinnlosen Glamour-Shots und Blutlosigkeit zusammengehalten.

Schaut euch lieber Equilibrium an, wenn ihr abgeschleckte Zukunfts-Dystopien aber dabei Spaß haben wollt. Total Recall 2012 ist der am beschissensten gecastete Film des Jahres und erstiehlt sich seine Existenz-Berichtung als KINO-Film (statt direct-to-DVD) durch ein geiles, wenn auch sinnfreies Production Design, was dann aber wieder schamlos von Blade Runner und Co abgekupfert ist. Die wirklich guten Momente lassen sich an einer Hand abzählen - nachdem man sie in einen Rasenmäher gesteckt hat, wohlgemerkt - und die Hutzieher-Referenzen ans Film-Original wie Dreibusenmaike, die Namen und ähnlichen Handlungspunkten (wahrscheinlich bedingt durch schreiberische Ratlosigkeit), sind wirklich schwach, unoriginell und manchmal schlichtweg peinlich.

Kate "der Regisseur ist mein Mann und sorgt dafür dass mein Haar IMMER richtig schön fällt" Beckinsales Arsch macht nicht jede unsinnige Neuinterpretation der Geschichte - eines ursprünglich spannenden Sujets über Identitätsverlust und so Zeugs - wieder gut, und weder sie noch Nullpräsenz Jessica Biel haben auch nur den Hauch einer Chance gegen Kuato, die Bauchgeburt des Originals, in puncto Talent - und das war letztlich nur eine Henson-Handpuppe. Auch Colin Farrell schauspielert nicht angebracht, schaut zwar ganz cool aus, aber schummelt sich durch jede Stelle, die ihm adäquate Reaktionen abverlangen würden. Arnie war ohne Scheiß besser in seiner Darstellung als verwirrter Superagent mit Amnesie - überspielte Verwirrung ist und bleibt Arnies Hamlet.

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Und dann ist da noch Bryan Cranston, den ich da jetzt aber nicht mit reinziehen möchte. He's the one, who knocks! Boa, dessen Rolle macht echt keine Spur von Sinn. Ein Präsident will eine Invasion seiner eigenen England-Kolonien - die übrigens durch einen lächerlichen durch-den-Erdkern-Lift mit Australien verbunden sind - oder so ein Blödsinn. Nix mit Mars, furchtbar.

Die Besetzung ist wie ein Streichelzoo für Kinder in dem anstatt Ziegen und Lämmchen Pädophile und Axtmörder Popcorn austeilen. Die letzte halbe Stunde fadisiert und da bin ich dann schon leicht gedöst, was Total Recall 2012 wohl nur eine Aufwertung durch meine versaute Traumwerkstatt verschaffen hat. Ich hüpfe bei dem Film etwas ungern auf den Band-Hate-Wagon auf, aber ich will echt nicht Schuld sein wenn jemand dieser Produktion - die wie in einem Bullshit-Sachbuch aufzeigt was mit Kommerz-Hollywood alles falsch läuft - eine unverdiente Chance gibt, so wie ich das tat. Und was zum Steirer sollen diese ständigen, selbstverliebten Blendstreifen im Bild wie aus einem 90er Jahre Korn Video, verdammt?! Ich hör jetzt auf, mein Blutdruck.

Der russische Weihnachtsmann und ein Down-Under-Osterhase

Wie bei Sinister geht es hier um den Boogie-Man, nur dass in Rise of the Guardians (Hüter des Lichts) Kinderträume Gefahr laufen geraped zu werden. Das ganze ist nach einem Buch namens Guardians of Childhood entworfen worden und wirft uns in eine etwas platte Geschichte, die wie so oft auf kindlicher Unschuld und Fantasie aufbaut. Manchmal frage ich mich, wenn 8-Jährige nicht an mich glauben würden, ob ich dann auch unsichtbar werde?! Umkleidekabinen von Modelagenturen diese Welt, ich komme!

Jedenfalls ist da ein tougher Aussie-Osterhase mit Boomerang und tribal Tattoos, ein stummer Knubbel-Sandmann, eine creepy Goa-Zahnfee und ein von Alec Baldwin gesprochener, hart-wie-sau Santa Clause. Der hat Schwerter, Attitude und einen Akzent wie Putins bester (Ex-)KGB Agent. Gefällt mir! Jack Frost soll auch mitmachen, ist aber nicht so leicht, bla bla bla, lustige Montage, traurige Montage, jetzt alle zusammen und fertig: Perfekter Weihnachtsfilm. Ich fand Rise of the Guardians durchaus nett, aber ich bin auch easy bei Animation … Und jeder, der sagt ich hätte geheult bei der Stelle wo einer von den Guardians draufgeht, ist ein verdammter Lügner!

Josef auf Twitter: @theZeffo