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We Love You

Wir haben Leute in Bayern angerufen, um sie zu überreden, Deutsche zu bleiben

Ein Drittel aller Bayern wollen die Unabhängigkeit – Zeit, zum Telefonhörer zu greifen!
Foto: imago | imagebroker

Uiuiui, diese Bayern! Kaum hat man ihnen Uli Hoeneß und die prügelnde Polizei verziehen, da kommt schon das nächste dicke Ding: Ein Drittel aller Bayern, das hat eine aktuelle Umfrage herausgefunden, wünscht sich die Unabhängigkeit von der Bundesrepublik! Spinnen die?

Klar, ein paar Hängengebliebene gab es schon immer (wir haben sie natürlich bereits interviewt). Aber ein Drittel? Ein ganzes Drittel aller Bayern glaubt, dass es ihnen besser ginge, wenn sie nicht mehr mit dem Rest der Deutschen abhängen müssten? Was haben wir denen eigentlich getan?

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Und an alle, die jetzt hämisch "Dann geht doch, ihr protofaschistisches, missgünstiges, ewig undankbares und gänzlich zurückgebliebenes Bergvolk! Hat euch eh nie einer gemocht!" brüllen – nein, nein, benehmt euch! Es geht nicht ohne die Bayern. Erstmal: Wie sollen wir das überhaupt im Ausland erklären? Und vor allem: Wie sollen die Leute im Ausland sich überhaupt einen Deutschen vorstellen, wenn die Lederhose nicht mehr zu Deutschland gehört? Mit Schiffermütze? Ein Albtraum.

Und zweitens: We need the money. Die sind nämlich ganz schön fleißig, diese missgünstigen Bergbauern. Allein 2016 haben die Bayern mit 5,8 Milliarden Euro mehr als die Hälfte des Finanzausgleich-Topfs gefüllt, und das meiste davon hat Berlin mit 3,9 Milliarden eingesackt. Äh… vergelt's Gott?


Was Bayern noch so alles können: Sportschnupfen!


Also: Wir haben sie ganz doll lieb, die Bayern. Wir wollen sie unbedingt dabei haben, auch wenn sie uns mit ihren Dachshaarhüten und ihren "urigen" Ansichten zur Homo-Ehe manchmal an der Nase kitzeln. Und um ihnen das zu zeigen, haben wir den ganzen Vormittag damit verbracht, wahllos Bayern aus dem Telefonbuch anzurufen und sie zu überreden, bei uns zu bleiben.

Wir suchen nach typisch bayerischen Nachnamen. Wie wäre es mit einem Herr Franz?

VICE: Hallo, ich bin Journalist aus Berlin. Wir rufen Leute in Bayern an und fragen, warum so viele Bayern aus Deutschland austreten wollen?
Franz: Tja, des weiß ich auch net. Tschüss.

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Hm. Nächster Versuch. Eine Frau hebt ab und schreit schrill ins Telefon:

Frau: HALLO LISA!
VICE: Äh, hier ist nicht Lisa. Mit wem spreche ich da?
Frau: Oh, ach so. [Lacht und nennt ihren Namen.]
VICE: Nur eine kurze Frage: Warum will Bayern aus Deutschland austreten?
Frau: [Ernst.] Da hab ich kein Interesse, ein Interview zu geben.
[Legt auf.]

Bei unserem nächsten Anruf bekommen wir dann endlich ein erstes politisches Statement, das uns zuversichtlich stimmt.

VICE: Hallo, ich rufe aus Berlin an. Warum wollen so viele Bayern aus Deutschland austreten?
Frau: [Lacht.] Ich weiß goa nix.
VICE: Können Sie mir das irgendwie erklären?
Frau: Auch net. [Lacht wieder.]
VICE: Wollen Sie sich denn von Deutschland trennen?
Frau: Nein. Sowieso nicht.
VICE: Also mögen Sie uns noch?
Frau: Ja. Alles Gute. Servus!

Hach, vielleicht sind die Bayern doch nicht so böse auf ihre geldgierigen Nachbarn im Norden. Voller Zuversicht wählen wir die nächste Nummer.

VICE: Hallo, ich rufe an aus Berlin. Ich habe eine kurze Frage: Sind Sie Bayer?
Typ: Nein, ich bin Franke.
VICE: OK, ich wollte fragen: Warum will jeder Dritte Bayer kein Deutscher mehr sein?
Typ: Du Laberkopf.
[Legt auf.]

Der nächste Mann heißt wieder Franz. Oder doch Huber?

Franz/Huber: Hallo?
VICE: Ich habe eine Bitte: Wir wollen, dass Bayern ein Teil von Deutschland bleibt. Wir machen uns Sorgen. Und wir wollen Sie ermutigen, bei uns zu bleiben.
Huber/Franz: Da habe ich keine Zeit.
VICE: Wollen Sie denn in Deutschland bleiben?
Franzhuber: Ich bleibe lieber in Bayern.
VICE: Aber Bayern ist doch ein Teil von Deutschland!
Huberfranz: Ich meine nicht.
VICE: Warum soll Bayern denn aus Deutschland raus?
Fruberhanz: Ich habe keine Lust zu diskutieren, ich möchte jetzt was essen.
VICE: Wie können wir Sie denn überzeugen, in Deutschland zu bleiben?
Fruber: Gar nicht.
VICE: Und wenn wir Sie zum Weißwurstfrühstück ins Berghain einladen?
[Legt auf.]

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Die meisten Leute legen direkt auf. Wir bekommen Zweifel an unserer Mission: So unfreundlich wie die sind, würden wir sie vielleicht doch nicht so sehr vermissen. Aber andererseits: Das Bier würde uns schon fehlen. Also rufen wir bei der Pressestelle vom Erdinger Weißbier an.

Erdinger Pressestelle: Grüß Gott. Wie kann ich helfen?
VICE: Wollen Sie auch, dass Bayern ein unabhängiger Staat wird? Wird das Bier dann teurer?
Erdinger: Dafür habe ich keine Zeit. Wiederhören.

Sehr beschäftigt, diese Bierbrauer, aber wir haben Verständnis. Außerdem gibt es ja noch andere Unternehmen, die diese Frage sehr konkret betrifft: zum Beispiel den FC Bayern. Im Falle eines harten "Bayxit" wäre der dann nämlich auch von der Bundesliga ausgeschlossen. Müsste also eine vitale Frage für den FCB sein! Wir rufen an.

Die Hymne "Stern des Südens" erklingt. Dann das Freizeichen.

FCB-Callcenter-Angestellter: Schönen guten Tag und willkommen beim FC Bayern München, was kann ich für Sie tun?
VICE: Ich bin Journalist und habe einige Fragen zu der Umfrage, die es gerade gab. Will der FC Bayern auch aus Deutschland raus?
FCB-Callcenter-Angestellter: Ich kann versuchen, Sie da mal an die Presseabteilung zu verbinden. Worum geht's genau?
VICE: Es geht darum, dass ein Drittel der Bayern aus Deutschland austreten möchten. Dürfte Bayern dann noch in der Bundesliga spielen?
FCB-Callcenter-Angestellter: Ich kann versuchen, Sie da mal an die Presseabteilung zu verbinden. Aber es gibt wenig Hoffnung, dass wir jemanden erreichen.
VICE: Sind die beschäftigt?
FCB-Callcenter-Angestellter: Ja genau. Da müssen Sie eine Mail schreiben und Ihre Fragen schriftlich formulieren.
VICE: Darf ich Sie denn kurz persönlich fragen?
FCB-Callcenter-Angestellter: Da bin ich nicht befugt, eine Aussage zu treffen.
VICE: Auch nicht persönlich?
FCB-Callcenter-Angestellter: Ne, persönlich gerade nicht.
VICE: Warum denn nicht?
[Legt auf.]

Im Grunde ist es auch egal, denn eins ist sicher: So ein Wiesel-Verein wie der FCB wird es sowieso irgendwie schaffen, auch bei dieser Umwälzung oben raus zu kommen. Wir müssen uns an die kleinen Unternehmer wenden, die wahrscheinlich das Hauptrisiko eines Bayxit tragen würden. Also rufen wir bei einem Versandhändler im beschaulichen Berchtesgaden an.

VICE: Grüß Gott, ich rufe an aus Berlin! Wir haben gehört, dass ein Drittel aller Bayern Deutschland verlassen will. Und deswegen würden wir Sie gerne überreden, bei uns zu bleiben.
Händler: [Lacht.] Denken Sie, dass ich zu diesem Drittel dazugehöre?
VICE: Weiß ich nicht. Gehören Sie dazu?
Händler: Für was wollen Sie das wissen?
VICE: Wir sind ein Online-Magazin aus Berlin.
Händler: Und jetzt rufen Sie in Bayern an und wollen wissen, ob wir auswandern wollen?
VICE: Ja richtig, so ungefähr.
Händler: [Lacht.] Da haben Sie aber eine Mammutaufgabe vor sich!
VICE: Wir machen Stichproben.
Händler: Was?
VICE: Wir haben Ihre Nummer aus dem Telefonbuch. Ihren Versand fanden wir am authentischsten.
Händler: Ich kann Ihnen dazu leider keine Auskunft geben.
VICE: Sie wollen also austreten?
Händler: Nein, ich hab nur gesagt, ich möchte dazu nichts sagen.
VICE: Wenn Sie heute Abend in die Kneipe gehen, würden Sie dann Ihren Freunden sagen, dass ein sehr netter Berliner angerufen hat und …
Händler: Ich beende jetzt das Gespräch. Wiederhören.
VICE: Aber bitte nicht austreten!
[Legt auf.]

Wir wissen nicht mehr weiter. Diese Bayern sind noch sehr viel sturer als ihr Ruf. Die gute Nachricht: Die meisten scheinen sich nicht besonders für die ganze Unabhängigkeitsgeschichte zu interessieren. Das hat uns beruhigt, und wir haben die Überzeugungsversuche eingestellt – auch, weil wir sie nicht weiter davon abhalten wollten, weiter fleißig Geld für die Berliner zu verdienen. Gott mit dir, du Land der Bayern!

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