Ein Tag im Leben eines echten Superhelden

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Ein Tag im Leben eines echten Superhelden

Jede Menge Lycra, Verbandszeug und Herz: Das ist Citizen Saint, der freundliche Held von nebenan.

Für unsere Reihe First-Person Shooter reichen wir unterschiedlichen Leuten Einwegkameras, um einen Einblick in ihren Alltag zu bekommen. Diesmal gingen unsere zwei Kameras an Citizen Saint, einen selbsterklärten echten Superhelden oder auch "Nachbarschaftswachen-Ersthelfer". Im authentischen Kostüm patrouilliert er durch Missouri und sucht Mitbürgerinnen und -bürger in Not. Als Mitglied der US-weiten Organisation The Community Superheroes gibt er seine Identität nicht preis. Zu seiner Ausrüstung gehören Pflaster, Mull, blutungshemmende Kompressen, Klebeband und Notfalldecken für Obdachlose. Wir haben uns die Fotos aus dem Alltag eines Superhelden angesehen und Citizen Saint danach zu seinen Abenteuern befragt.

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VICE: Was genau machst du? Welche Ziele verfolgst du?
Citizen Saint: Sehr gute Frage. Ich habe meine Mission im Laufe der Zeit erweitert. Ich bin definitiv nicht länger der Held/Mensch, der ich anfangs noch war. Ich gehe durch die Viertel und winke den Leuten zu. Ich mache halt und rede mit allen, die mit mir reden wollen, und verbreite die Botschaft. Und die Botschaft ist die: Wir sind alle eine Menschheit. Wir sind eine Community. Wir alle bluten, wir alle lieben, wir hassen, wir arbeiten, wir bezahlen, wir brauchen. Anstatt uns darauf zu konzentrieren, wie verschieden wir sind, sollten wir uns darauf konzentrieren, wie viel wir gemeinsam haben, und die Unterschiede einfach akzeptieren und respektieren.

Hast du irgendwelche Werkzeuge oder Waffen dabei?
Ich habe Waffen, um mich oder andere zu verteidigen, falls jemand uns angreift. Aber das wäre schon ein extrem seltener Vorfall. Meine Taschen sind vollgestopft mit Pflastern, Mull, blutungshemmenden Kompressen, Klebeband, Desinfektionstüchern und anderer medizinischer Ausrüstung. Ich habe außerdem Wasser und Notfalldecken für die Obdachlosen dabei. Ich flicke Leute wieder zusammen—Kinder, die vom Fahrrad gefallen sind, oder den Mann aus den Fotos, der sich beim Rasenmähen geschnitten hat. Ich sehe mich selbst als einen Helden, der der Welt dient, indem er anderen hilft, statt Leuten wehzutun.

Wie lange machst du das hier schon?
Ich habe im November angefangen, aber anfangs habe ich auch noch viel die Gegenden ausgekundschaftet, wo ich Präsenz zeigen wollte. Im Januar habe ich angefangen, bei meinen Patrouillen das Kostüm zu tragen. Seit Februar hänge ich Flyer der Nachbarschaftswache an Türen in der Gegend. Es schockiert mich also richtig, dass die Leute erst im Juli anfingen, einen Mann in einem glänzenden Outfit zu bemerken!

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Was ist das Seltsamste, das dir bisher auf deinen Patrouillen untergekommen ist?
Einmal war ein Mann sehr aufgebracht, als ich mich mit seiner Familie unterhielt. Er war höchst misstrauisch und hat mir mehrere Beleidigungen an den Kopf geworfen, bis seine Kinder und seine Frau ihm erklärten, wer ich bin. Danach war er trotzdem noch wütend, aber nur auf die Welt und nicht auf mich.

Es stellte sich heraus, dass er mit 17 einvernehmlichen Sex mit seiner 16-jährigen Freundin gehabt hatte und deswegen in die Sexualstraftäterkartei aufgenommen worden war. Dieser Fehler hat ihn sein ganzes Leben lang verfolgt; er wurde schon von Lokalmedien und Nachbarn belästigt, die einfach nur von seinem Status als Sexualstraftäter wussten. Wir unterhielten uns etwa eine Stunde lang und ich gab ihm ein paar Hinweise auf Organisationen, die ihm helfen könnten, seinen Namen reinzuwaschen. Wir sind als Nachbarn auseinander gegangen, und damit hatte ich wirklich nicht mehr gerechnet!

Kannst du mir etwas über dein Kostüm erzählen?
Die Grundlage kommt von Jeffrey Scott, einem Designer in Chicago, der Männerbekleidung zum Gewichtheben und Radfahren herstellt. Die Maske habe ich als Unikat bei einem Maskenmacher bestellt. Die Stiefel sind Arbeitsstiefel und die Rüstung ist Bereitschaftsausrüstung von der Polizei, die ich von Online-Anbietern bestellt habe. Ich habe einen Elektroschock-Schlagstock; das Ding sieht aus wie aus einem Sci-Fi-Film. Dann habe ich noch einen Polizei-Teleskopschlagstock. Außerdem trage ich immer Pfefferspray bei mir und bin mit einer Körperkamera ausgestattet. Falls jemand noch Vorschläge für coole Ausrüstungsgegenstände hat, ich bin ganz Ohr!

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Gehst du manchmal mit anderen Superhelden raus?
Bisher patrouilliere ich allein. Wenn andere mich begleiten wollen, sind sie aber herzlich willkommen! Ich gehöre zu einer US-weiten Organisation namens "Community Superheroes". Wir haben Mitglieder in ganz Amerika.

Warum hältst du deine Identität geheim?
Alle Superhelden sollten ihre Identität geheim halten. Ich habe ja auch noch ein Leben außerhalb dieser Sache, und da will ich gerne meine Privatsphäre behalten. Ich mache das hier nicht, um berühmt zu werden.

Hast du ein Bat-Signal, mit dem dich Menschen kontaktieren können?
Hier findet ihr meine Facebook-Seite, und per Mail erreicht ihr mich unter citizensainthero@gmail.com. Ich bemühe mich darum, alle Nachrichten zu beantworten.