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Drogen

Ein 5-Jähriger ist in eine Fixer-Nadel getreten – die war mit HIV infiziert

Viele Suchtkranke spritzen draußen, dabei gibt es in Berlin mehrere Drogenkonsumräume. Doch die sind nicht immer geöffnet.
Die Nadel einer Spritze steckte im Fuß des Fünfjährigen | Symbolfoto: Imago | Olaf Döring

Erst waren es nur Schmerzen wegen der Nadel, die mehrere Millimeter in seinem Fuß steckte. Dann kam Schock, nach dem Schnell-Check der Ärzte. Ein fünfjähriger Junge spielte am Montagabend auf einem Spielplatz in Berlin-Kreuzberg und trat dabei in eine mit dem HI-Virus infizierte Spritze. Die Nadel bohrte sich durch die Schuhsohle in den Fuß des Kindes.

Der Fünfjährige wurde mehrere Stunden in der Kinderrettungsstelle des Virchow-Klinikums der Charité untersucht. Die Ärzte gaben der Mutter danach eine kleine Entwarnung: Nur wenn das Blut an der Spritze ganz frisch sei, bestehe eine hohe Ansteckungswahrscheinlichkeit, denn das HI-Virus kann außerhalb des Körpers nicht lange überleben.

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"Das HI-Virus ist geradezu lächerlich empfindlich. Schon nach einer halben Stunde ist eingetrocknetes Blut eines an HIV-Erkrankten nicht mehr infektionsfähig", schreibt der Arzt Michael Groh, der auf Suchtmedizin spezialisiert ist, auf seiner Website. Das Risiko einer Infektion nach einem Stich mit einer Nadel, die zuvor in der Ader eines HIV-Infizierten steckte, betrage etwa 1:60, bei 60 Stichen infiziert sich rein statistisch nur eine Person. Auf eine Therapie gegen die Infektion solle man in solchen Fällen verzichten, die Nebenwirkungen seien für Kinder zu hoch.


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Zeitungsberichte und Blog-Einträge über Kinder, die sich auf Berliner Spielplätzen an Spritzen verletzten, häufen sich. Auch die Fotos der Grünanlage an der Stallschreiberstraße zeigen gleich ein ganzes Dutzend Spritzen, die Konsumierende dort hinterlassen haben. Auch tagsüber würden sich Abhängige ihren Schuss dort setzen, sagte die Mutter des Jungen gegenüber der BILD-Zeitung. Und dass, obwohl die Wohnungsbaugesellschaft laut eigener Aussage täglich einen Hauswart vorbeischickt, der den Platz nach auffälligen Dingen wie Spritzen abcheckt.

Es gibt drei Drogenkonsumräume in Berlin

Die Senatsverwaltung für Gesundheit geht davon aus, dass es in Berlin etwa 139.000 Konsumenten und Konsumentinnen gibt, die regelmäßig illegale Drogen nehmen. Davon sind laut Drogenstatistik 2017 etwa 14.000 opiat-, also heroinabhängig. Etwa 20 bis 30 Prozent aller Drogenabhängigen, die intravenös spritzen, sind HIV-infiziert.

Für diese Menschen gibt es in Berlin drei Konsumräume, die unter der rot-rot-grünen Regierung eingerichtet wurden. Betreiber ist der Verein Fixpunkt, der Drogenhilfe anbietet. Auch in Berlin-Kreuzberg betreibt die Organisation einen Konsumraum, nur 30 Gehminuten von der Rasenfläche, auf der die Spritzen lagen, entfernt.

Doch warum setzen sich abhängige Menschen dennoch ihren Schuss im Freien? Eine Mitarbeiterin zählt gegenüber VICE die Probleme auf: zu kurze Öffnungszeiten, zu wenig Platz. Dass die Konsumräume nur fünf Stunden am Tag, Montag bis Freitag, geöffnet haben, reiche nicht aus, sagte Astrid Leicht von Fixpunkt Ende letzten Jahres gegenüber dem Deutschlandfunk: "In Frankfurt und in Hamburg ist es so, dass eigentlich rund um die Uhr mindestens eine Einrichtung auf hat." In Frankfurt gebe es etwa Notübernachtungen mit Hunderten von Plätzen, in denen die Leute unterkommen können. Das fehle in Berlin völlig, so Leicht.

Auf die Anfrage von VICE hat die Stadt Berlin bis zur Veröffentlichung dieses Artikels nicht reagiert. Schnelle Aussagen über ein so sensibles Thema wolle die Senatsverwaltung nicht geben.

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