Ein Mann liegt in der Hängematte und lässt ChatGPT für sich arbeiten
Foto: IMAGO / YAY Images | ChatGPT: Screenshot | Collage: VICE
Tech

E-Mails, Bewerbung, Hausarbeit: So lässt du ChatGPT für dich arbeiten

Überall KIs, aber niemand weiß, was man mit ihnen anfangen soll? Wir erklären dir, wie du dank ChatGPT deinen Alltag auf die Reihe kriegst.

Seit Jahrzehnten schon prophezeien uns Filme, Bücher und Nachrichten den Aufstand der Maschinen und die Herrschaft der künstlichen Intelligenz. KI schien bisher der Endgegner und die Utopie zu sein. Die Ausmaße dieser Technologie scheinen manchen grenzenlos. Und plötzlich, ohne großen Knall, ist sie da: ChatGPT ist für jede Person im Internet frei zugänglich. Klar, das wird die Wirtschaft aufmischen, das Internet zerbrechen und alles Altbekannte in Zweifel ziehen. Aber könnte es uns nicht auch mit der Einkaufsliste oder im Job helfen? Ich habe Tipps für den alltäglich Umgang mit ChatGPT gesammelt.

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Als erstes die Basics: ChatGPT ist ein Chatbot von OpenAI, einem Forschungsinstitut, das von Tech-Größen wie Elon Musk, Peter Thiel und Reid Hoffman mitgegründet wurde. Die Entwickler von ChatGPT haben das Modell auf einer riesigen Datenmenge trainiert, die aber bis September 2021 begrenzt ist. Du kommunizierst mit der KI über ein Chatfenster, in welches du sogenannte "Prompts" eingibst. Ein Prompt kann eine Nachricht, Frage oder Info sein. Nun kann ChatGPT dir erklären, wie Kernfusion funktioniert, eine Fortsetzung von Harry Potter schreiben und dabei auf über 50 Sprachen antworten. Der Zugang zu Version 3.5 ist für alle kostenlos, solange man bereit ist, sich mit einer E-Mail-Adresse anzumelden. Der Vorteil gegenüber Google ist klar: Auf eine Frage kommt eine Antwort, nicht 15 Seiten Suchergebnisse. Endlich googeln wie ein Boomer!

Im Alltag besser klarkommen

Natürlich eignet sich der Chatbot am besten für Textverarbeitung. Egal ob Mails, Geburtstagsgrüße oder Kündigungsschreiben – Schreibblockaden kennt es nicht. Es ist auch sehr gut darin, in jeder gängigen Programmiersprache zu coden und den Code zu erklären. ChatGPT selbst kann zwar keine Bilder generieren, aber es kann dir Hinweise und Ideen geben, wie du mit Bild-KIs reden kannst. Hier sind noch ein paar andere Ideen für Prompts: 

  • Schreib mir bitte fünf gesunde und schnelle Rezepte mit Kochanleitungen auf. Stelle eine entsprechende Einkaufsliste für zwei Personen zusammen. Lasse dabei Zutaten aus, die man normalerweise da hat, wie Olivenöl, Salz und Pfeffer.
  • Ich suche gerade nach einem Job und brauche Hilfe bei Bewerbungen. Hier ist die Stelle: [Link zur Ausschreibung]. Hier ist mein Lebenslauf: [Lebenslauf rein kopieren oder einen Link zum online Dokument geben.] Schreib mir eine Bewerbung für diese Stelle. 
  • Es hat geklappt! Ich wurde für ein Bewerbungsgespräch eingeladen. Nun will ich mich auf das Gespräch vorbereiten und üben. Tue so, als wärst du ein Repräsentant dieser Firma, z.B. von HR, und führe mit mir ein exemplarisches Bewerbungsgespräch für diese Stelle durch. 
  • Ein Kollege von mir stellt mir ständig Fragen und lenkt mich von der Arbeit ab, das nervt total und ich will, dass er mich in Ruhe lässt. Formuliere bitte eine höfliche aber bestimmte E-Mail an ihn.
  • Ich möchte mehr Sport machen, bin aber ein Anfänger und weiß nicht, was ich machen kann und soll. Ich bin auch etwas unsportlich und will nur zu Hause trainieren. Stell mir bitte einen Trainingsplan zusammen, der machbar ist und mich nicht überfordert. 

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Noch mehr Ideen zu Prompts findet ihr auf FlowGPT.

So erhältst du gute Antworten von ChatGPT

Ein genereller Tipp vorweg: Sprich mit der KI wie mit einem Menschen. Benutze Beispiele und Anekdoten, Umgangssprache und Synonyme. So entsteht eine flüssigere Unterhaltung, die bessere Antworten liefert. Wenn du ChatGPT selbst fragst, bittet es lediglich um detaillierte Angaben und Höflichkeit. Jetzt könnte man, wie ich, auf die Idee kommen, alles in eine lange Frage zu pressen. Kluge Menschen auf Twitter haben aber gezeigt, dass man bessere Antworten mit mehreren Schritten bekommt. 

Obwohl ChatGPT gefühlt das gesamte Internet gelesen hat, weiß es noch lange nicht alles. Bevor du eine Frage stellst, kläre den Kontext: Warum stellst du diese Frage, was ist das Thema? "Ich schreibe gerade einen Artikel über den Alltagsgebrauch von KI und brauche deine Hilfe dabei." 

Wenn ChatGPT weiß, worum es gerade geht, kannst du ihm Aufgaben geben. So kannst du die KI etwa bitten, in eine Rolle zu schlüpfen, sei es eine Apothekerin oder Meister Yoda. 

Ein Gedicht von ChatGPT im Stil von Johann Wolfgang von Goethe

Screenshot: ChatGPT

Das Ergebnis ist nicht so, wie erhofft? Stelle Rückfragen, äußere Kritik und verlange mehr Details, lass die Antwort neu generieren oder ändere dein ursprünglichen Prompt. Bessere Antworten kriegst du auch, wenn dein Prompt folgende Angaben enthält:

  • das gewünschte Niveau der Antwort (10. Klasse, Promotion, Kindergarten) 
  • Länge der Antwort (6.000 Zeichen, zwei Absätze, fünf Sätze)
  • Sprachstil (umgangssprachlich, wissenschaftlich, im Stil von einem Rammstein Lied)
  • bitte um eine kurze Zusammenfassung (tl;dr) zum Überblick

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Wenn es nicht klappt, wie du es dir vorstellst – keine Panik. Prompts zu schreiben und mit KIs zu kommunizieren ist mittlerweile ein eigener Berufszweig geworden. 

Wie sicher sind meine Daten bei ChatGPT?

Es ist noch nicht klar, wie OpenAI mit Daten und Privatsphäre umgeht und auf welcher rechtlichen Grundlage es arbeitet. Deshalb wurde ChatGPT in Italien vorerst verboten. Dass es Grund zur Vorsicht gibt, zeigen auch folgende Ereignisse: Europol warnte kürzlich vor dem Potenzial von KIs für Kriminalität, Kanada leitete Ermittlungen gegen OpenAI wegen möglichen Datenlecks ein, Kreditkartendaten von ChatGPT Premium-Usern waren für kurze Zeit öffentlich einsehbar und über 1.000 Experten haben sich kürzlich für eine Entwicklungspause von KI-Modellen ausgesprochen – sie fürchten "potenzielle Risiken für die Menschheit und die Gesellschaft." 

Deshalb: Private Details sind ein No-Go! Die KI lernt mit jedem Input, den du rein schreibst. Das bedeutet auch, dass die Daten gespeichert und verarbeitet werden, um Antworten zu generieren. OpenAI anonymisiert die Daten teilweise und nutzt sie für Forschung. In seinen AGBs macht OpenAI deutlich, dass es nicht für die Sicherheit deiner Daten verantwortlich ist. Wenn du ChatGPT für die Arbeit benutzt, solltest du besonders vorsichtig sein, weil so ziemlich jeder Arbeitsvertrag eine Verschwiegenheitsklausel enthält. Du kannst jedoch auch der Nutzung der Daten widersprechen, indem du dieses Formular ausfüllst. Außerdem kannst du hier deine ganzen Daten löschen lassen.

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Wofür sollte ich ChatGPT lieber nicht verwenden?

Die größte Einschränkung von ChatGPT: Es hat manchmal Halluzinationen. Der Chatbot ist eher daran interessiert, zufriedenstellende Antworten zu geben als die Wahrheit zu sagen. Deshalb kommt es vor, dass ChatGPT sich Quellen und Fakten ausdenkt. Rechtliche, gesundheitliche und moralische Fragen solltest du mit Experten klären, nicht mit KI. 

ChatGPT hat auch einige andere Einschränkungen und Probleme, zum Beispiel eine mögliche Verbreitung von Vorurteilen und ein begrenztes Verständnis von Zusammenhängen und Ironie. Bei längeren Gesprächen verliert es manchmal den Faden und vergisst vorher Gesagtes. 

Wer nach Originalität sucht, wird bitter enttäuscht werden. Die Technologie von ChatGPT funktioniert mit Wahrscheinlichkeiten. Es versucht, deine Eingabe zu verstehen, und spuckt dann Wortfolgen aus, von denen es annimmt, dass sie deine Frage am ehesten beantworten, basierend auf den Daten, mit denen es trainiert wurde. 

Wem gehören die Antworten von ChatGPT?

ChatGPT kann ganze Texte verfassen. Da liegt die Frage nahe, ob es ein Plagiat ist, diese Texte zu verwenden und als eigene auszugeben. OpenAI hat von seiner Seite aus die Frage eindeutig in seinen Terms of use beantwortet: Sowohl der Input (Prompts) als auch der Output (Antworten) gehören dir. Damit bist du aber auch verantwortlich für den Inhalt, sowohl von den Prompts als auch von den Antworten. Wenn deine Fragen dazu führen, dass ChatGPT den Holocaust leugnet, könntest du rechtlich dafür belangt werden. Das gilt übrigens auch für Inhalte von anderen Nutzern, die im Internet kursieren: Wer die Frage stellt, dem gehört auch die Antwort.

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Sollte sich herausstellen, dass du nach günstigen Menschenhändlern in deiner Nachbarschaft suchst, übernimmt OpenAI keine Verantwortung. OpenAI legt jedoch auch fest, dass die Hilfe ihrer KIs und das Ausmaß der Beteiligung bei jeder Publikation mit angegeben werden muss. Kleiner Disclaimer an dieser Stelle: Für diesen Text habe ich ChatGPT um Ideen, Informationen und Formulierungen gebeten. Den Text musste ich am Ende aber doch selbst schreiben, denn die KI schreibt bisher noch am besten auf Englisch. 

Komplizierter wird die Situation von der Seite der Abnehmer der Texte. Wie viel darf dir ChatGPT bei Hausarbeiten für die Uni helfen? Wie sieht es mit journalistischen Texten, Pressemitteilungen, Gedichten und Liedtexten aus? Das hängt nicht nur von der Firma ab, sondern auch von der Gesetzgebung in den jeweiligen Ländern und Branchen. Manche Arbeitgeber und Universitäten haben bereits Richtlinien ausgearbeitet. Außerdem warnt OpenAI in ihren AGBs davor, dass die Antworten von ChatGPT nicht einzigartig sein müssen. Wenn Menschen dieselben oder ähnliche Fragen stellen, können ähnliche Antworten kommen. 

Danke, du Arsch: Muss ich höflich sein?

Jein. Von ChatGPT selbst bekommst du keine klare Antwort dazu. Der Chatbot kann das Gespräch beenden, wenn du ihn beleidigst. Fluchen und Schimpfen würde ChatGPT nie. Sogar wenn du explizit darum bittest, stellt ChatGPT keine Schimpfwörter bereit. Dass der Chatbot so freundlich ist, ist übrigens kein Zufall: Die erste öffentliche GPT-Version hat massenhaft rassistische und gewaltvolle Texte produziert. Daraufhin engagierte OpenAI Klickarbeiter in Kenia, um solche Ergebnisse zu filtern und der KI beizubringen, sie zu erkennen. Dafür, dass ChatGPT nicht mehr "scheiße" sagen darf, mussten die Arbeiter stundenlang traumatisierende Inhalte lesen – für gerade mal 2 US-Dollar pro Stunde.  

Aber ändert es etwas an der Qualität der Antworten, ob ich Du oder Sie, Bitte oder Danke sage? Eher nicht. Auch wenn ChatGPT immer wieder darum bittet, dass man höflich ist, hat es keine Emotionen und kann dementsprechend nicht beleidigt sein. Trotzdem schadet es nicht, höflich zu KI zu sein, denn es kann dir ein besseres Gefühl geben. Freundliches Verhalten stärkt das Gefühl der Zugehörigkeit, was das Bedürfnis nach sozialer Interaktion und Akzeptanz erfüllt. Wenn du Kinder hast, die "bitte" und "danke" sagen, wenn sie mit KI sprechen, könnte das ihre soziale Etikette stärken, wenn sie mit Menschen sprechen. Falls du aber mit einem weniger höflichen Chatbot sprechen willst, empfehle ich dir Marv, den sarkastischen Chatbot von OpenAI.

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