Menschen

Studie: Dein cooler Tech-CEO ist nicht unbedingt schlauer als seine Angestellten

Auch wenn du dir wünschst, dass es so wäre.
Mark Zuckerberg als Avatar im Metaverse. Eine neue Studie zeigt, dass Menschen, die sehr viel Geld verdienen, nicht unbedingt schlauer sind
Bild: IMAGO / Cover-Images

Das Traurige ist, dass wir es glauben wollen. Wir wollen, dass der Mensch, der über uns thront, besser ist als wir, schlauer, rationaler, gebildeter. Das ist menschlich. Vielleicht liegt das daran, dass wir nur so vor uns selbst rechtfertigen können, dass nicht wir es sind, die über den anderen thronen.

Eine neue Studie, die die These anderer Wissenschaftler wiederholt, dass wir Menschen mit besonders hohen Einkommen besondere Fähigkeiten zuschreiben, zeigt jetzt aber, dass das nicht unbedingt stimmen muss. Und ist das nicht noch viel trauriger?

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Denn Filme, Serien und Bücher zeigen uns doch seit jeher diese Menschen da oben als Lichtgestalten. Der Tech-CEO, der sich als Weltenretter geriert. Der Mathematiker, der allein aufgrund seiner Rechen-Skills an der Uni erfolgreich ist – und weil Robin Williams an ihn glaubt. Oder der US-Präsident, der so weise, weitsichtig und charismatisch ist, dass er die Menschheit am amerikanischen Unabhängigkeitstag im Kampf gegen die Alien-Invasoren zu einen vermag.

Wir wollen, dass die Menschen an der Spitze der gesellschaftlichen Hierarchie schlauer sind als wir, weil sie Entscheidungen treffen können, die Einfluss auf unser Leben haben. Auch das zeigen Studien. Diese Menschen haben die kulturelle, ökonomische und politische Macht. Klar wünschen wir uns da oben nur die hellsten Köpfe, die keinen Unsinn machen mit all ihrer Potenz. 

Und, I hate to break it to you, das ist leider Quatsch. Eine Studie, die im European Sociological Review erschien, hat nun herausgefunden, dass die Menschen ganz oben, das heilige eine Prozent der Einkommen, nicht unbedingt höhere geistige Fähigkeiten haben als die Menschen, die unter ihnen arbeiten. Woran liegt das?

Zuerst eine kleine Entwarnung. Die Menschen ganz oben sind wahrscheinlich trotzdem noch mit einem leistungsfähigeren Geist ausgestattet als du und, na ja, ich. Die Studie zeichnet nach, dass ein Anstieg an geistiger Leistungsfähigkeit durchaus mit einem höheren Einkommen zusammenhängt. 

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Allerdings nur bis zu einem Einkommen von etwa 60.000 Euro. Danach stagniert dieser Zusammenhang. Der Mann, der 60.000 verdient, ist also nicht unbedingt klüger als der Mann, der 80.000 verdient. Aber, und jetzt wird es spannend: Der Mann, der 80.000 verdient, ist statistisch schlauer als derjenige, der 84.000 verdient. Denn in diesem Bereich besteht zwar ein Zusammenhang, aber ein negativer.

Und wenn man das weiß, fragt man sich zwangsläufig, ob es so schlau ist, wenn besagter Tech-CEO die Ratschläge all seiner Ingenieure ignoriert und ein Soziales Netzwerk zu seinem persönlichen Megafon umbaut - oder sie einfach feuert, als wäre er nicht nur sich selbst genug, sondern auch einem Multimilliarden-Dollar-Unternehmen.

Ihr fragt euch nun hoffentlich, warum wir hier von Männern schreiben, nicht wahr. Das liest sich aus der Zeit gefallen und sexistisch. Es hat aber mit dem Aufbau der Studie zu tun. Die drei Wissenschaftler dahinter sind nämlich Männer. 

Das war ein Scherz. Tatsächlich liegt es an der Datengrundlage. Für die Studie haben Marc Keuschnigg, Arnout van de Rijt und Thijs Bol nämlich die Testergebnisse von knapp 60.000 schwedischen Wehrpflichtigen analysiert, um deren kognitive Fähigkeiten kennenzulernen. Dann haben sie das mit den späteren Einkommen der Menschen verglichen und sind so zu ihren Ergebnissen gekommen.

In ihrer Studie deuten die drei Wissenschaftler auch Erklärungsmöglichkeiten für ihre Beobachtungen an und schränken die Aussagekraft der Studie selbst ein. 

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So sagen sie etwa, dass Schweden womöglich gar nicht das Land ist, das besonders gut vergleichbar ist. Die Politik dort ist sozialdemokratisch geprägt. Höhere Bildung ist tendenziell mehr Menschen zugänglich, Reiche müssen tendenziell mehr Steuern zahlen, Reichtum wird umverteilt. Andere, wirtschaftsliberalere Länder, könnten also einen weniger hohen Zusammenhang zwischen Schläue und Einkommen zeigen. 

Denn klar, wenn nur Superreiche überhaupt auf die Uni gehen können, ist es am Ende egal, wie schlau die sind. Die Studiengebühren würden auch mega kluge Leute von vornherein ausschließen. 

Auch sagt die Studie, dass es im Beruf nicht nur darum geht, wie hoch deine geistigen Skills ausgeprägt sind. Es geht auch um Motivation, soziale Fähigkeiten, Kreativität, mentale Stabilität und unter Umständen um deine körperlichen Fähigkeiten.

Und was sind nun die Erklärungen der Forscher?

Zum einen das mit der Bildung: Wer aus einem gebildeten Haushalt kommt, wird sehr wahrscheinlich auch gebildet enden. Und Arbeitgebern ist es nachweislich wichtiger, dass jemand bestimmte Zertifikate mitbringt, als kognitive Fähigkeiten. Sprich: Ob du auf der Uni warst ist wichtiger, als deine Kopfrechnen-Skills.

Außerdem ist für den Erfolg im Arbeitsleben sogenanntes kulturelles Kapital wichtig. Das heißt im Prinzip, dass man wissen soll, wie man sich zu verhalten hat, um bei den Top Dogs mitspielen zu können. Du solltest also wissen, wie man einen Hummer isst, welche Oper am geilsten ist und bei welcher Temperatur man Champagner trinkt. Oder halt einfach gepflegt auftreten. Trotzdem sind das alles Dinge, die man nur mitbringt, wenn man sie von klein auf gelernt hat. Mit kognitiven Skills haben sie trotzdem nichts zu tun, auch wenn es nach außen so wirkt.

Zuletzt werden Top-Jobs oft nicht nach Leistung, Kompetenz oder eben geistigen Fähigkeiten vergeben. Ausschreibungen sind oft nicht öffentlich. Die Bewerbungsprozesse undurchsichtig. So werden Menschen selten Manager oder CEOs, weil sie besonders schlau sind, und eher, weil sie sich mit jemandem gut verstehen, der darüber entscheiden kann, wer Chef wird. 

Oder sie haben gleich genug Geld, um sich einen E-Autohersteller, ein Raumfahrtunternehmen oder ein soziales Netzwerk zu gönnen. Sie landen also am oberen Ende der Nahrungskette, obwohl sie dafür nicht notwendigerweise qualifiziert oder befähigt sind. Wenn sie sich selbst ordentlich vermarkten können, wird man sie trotzdem für super schlau halten, das zeigt die Welt.

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