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Die GameStage Expo ist immer noch das coolste Gaming-Event in Österreich

Auf der Linzer GameStage Expo gibt es Austausch, Kreativität und Geschichtsbewusstsein statt dem PR-Irrsinn anderer Gaming-Messen.
Foto vom Autor

Am Wochenende hat zum zweiten Mal die GameStage Expo in Linz stattgefunden—Österreichs Gaming-Messe für diejenigen, die mit dem PR-Zirkus GameCity im Rathaus nicht so viel anfangen können. Sich durch Massen von 15-jährigen Let's-Play-Fanatikern zu arbeiten, um dann ein paar Minuten vom neuen Assassin's Creed spielen zu dürfen, das sowieso in ein paar Wochen rauskommt, kann zwar unter bestimmten Umständen Spaß machen, aber bei der GameStage Expo geht es um andere Dinge.

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Zum Beispiel darum, den zwanzig Jahre alten Spielautomaten-Klassiker Virtua Racing—ja, den schreibt man ohne „L"—nicht nur auf seiner ehrwürdigen Originalhardware, sondern auch gleich mit sieben anderen Mitspielern gleichzeitig zu erleben. Oder darum, sich anzusehen, was die Indie-Entwickler und Studenten in diesem Land so alles mit Touchscreens und Virtual Reality anstellen. Oder auch nur darum, sich zu einer gemütlichen Brettspielpartie zusammenzusetzen.

Wieder hat die Expo in der geräumigen und höchstcharmanten Linzer Tabakfabrik stattgefunden, die vor Jahren stillgelegt und zur Kulturstätte umfunktioniert worden ist. Auf dem riesigen Areal den Eingang zu finden, stelle ich mir nicht ganz leicht vor, aber zumindest prangen diesmal zwei große Schilder vor dem Eingang, das hat geholfen. Überhaupt war diesmal alles eine Spur besser, größer, runder und vielfältiger.

Auch dieses Jahr hat sich die GameStage Expo aus mehreren bewährten Grundpfeilern zusammengesetzt: Neben einer Vortragsreihe zum Thema Unity, einem großen Brettspielbereich zum gemütlichen gemeinsamen Würfeln, sowie einem Turnier und Cosplay-Wettbewerb am letzten Tag standen vor allem die Messe, die Börse und die Ausstellung im Mittelpunkt.

„Oculus Rift-Kinder" Alle Bilder vom Autor

Gut gefallen hat mir die neue Aufteilung: In der länglichen Säulenhalle, in der letztes Jahr noch etwas unübersichtlich Messe und Ausstellung aufgerollt waren, hat man diesmal die traditionelle Retrobörse abgehalten, auf der sich tonnenweise Nerd-Schätze von alten Spielen und Konsolen über Merchandise bis hin zu Fachbüchern ergattern ließen.

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Ich wollte eigentlich kein Geld ausgeben, aber hey, irgendjemand muss ja diese ganzen alten Ausgaben von Power Play und Gamers in der Badewanne lesen.

Im vorderen Teil der großen Lösehalle gab es dann die Messe, auf der die erwähnten Entwickler und Studenten, aber diesmal auch vermehrt Künstler ihre Projekte vorstellten. Positiv überrascht hat mich diesmal die spür- und sichtbar stärker vertretene weibliche Hand.

Neben dem ganzen Tech-Zeug auch einschlägige Artworks, Mode und Schmuck zu sehen hat gleich die ganze Messe diverser und interessanter gemacht. Ich hatte jedenfalls nicht erwartet in die Halle zu kommen und gleich einmal mehrere coole Dinge zu sehen, die ich sofort meiner Frau mitbringen will.

Die präsentierten Spiele hatten etwas für jeden Geschmack: Man konnte musikbasierte Games für Zwischendurch wie Journey Through Sound anspielen, sich in Virtual-Reality-Programmen wie der Gabelstapler-Sim Forked Up verlieren oder im oldskoolig-bluttriefenden 2D-Shooter Atomic Butcher: Homo Metabolicus seinen schlimmsten Trieben freien Lauf lassen.

Am meisten beeindruckt haben mich die „ernsteren" Projekte: In Causa Creations Burn The Boards spielt man einen jungen Inder, der seine Familie damit durchfüttern muss, Elektroschrott von alten Schaltplatinen zu kratzen.

Motherboard: Auch diese Selbstversorger kaufen seit 7 Jahren nichts mehr im Supermarkt.

Und im „Doku-Game" From Darkness des Salzburger Künstlerkollektivs Goldextra spricht man mit tatsächlich von den Entwicklern interviewten afrikanischen Flüchtlingen.

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Weiter hinten in der Lösehalle wurden die Leute mit Oculus-Rift-Headsets dann weniger und gaben den Platz frei für ein beachtliches Aufgebot an alten Spielautomaten, Konsolen, Computer und Flippern, alle voll spielbar und mit historischen Begleittexten versehen, und fast alle aus dem gewaltigen Vorrat des Wiener Sammlers (und gelegentlichen VICE-Autors) Andranik Ghalustians.

Das Highlight war, wie eingangs schon erwähnt, ein achtfach verlinkter Virtua Racing-Automatencluster, der die Möglichkeit bot Segas Rennspielklassiker in einzigartig authentischer Umgebung und gemeinsam mit sieben Live-Mitspielern zu genießen. Man musste sich auch nicht Sorgen machen, keine Spielwilligen zu finden—die acht Plätze waren fast durchgehend (von überraschend jungen Menschen!) besetzt.

Es gab zwar auch eine Ab-18-Bereich mit Wolfenstein: The Old Blood und etwas brutaleren Lightgun-Shooter-Automaten, aber wie auch letztes Jahr war das Publikum der GameStage Expo alters- und interessensmäßig wild durchmischt. Meterlange Schlangen, nur um an ein "Ich darf in den Ab-18-Bereich"-Armbändchen zu bekommen, gibt es bei der GameStage Expo nicht. Die meisten Besucher wissen, dass sich das Spannendste eh woanders abspielt.

Andreas auf Twitter: @schirmsprung