Für sechs Millionen Euro kann man ein kleines, altes Sportstadion im Ruhrpott umbauen – oder einer Partei helfen, die politische Landschaft in Deutschland nachhaltig zu verändern. Die Schweizer PR-Agentur Goal AG und ihr Geschäftsführer Alexander Segert haben sich für Letzteres entschieden und der AfD 2016 mit Werbung beim Sprung in fünf Landtage geholfen. Laut dem Verein Lobby Control soll es sich dabei mutmaßlich um "verdeckte Wahlkampffinanzierung" handeln. Die Partei streitet das ab und scheint damit durchzukommen: Im Rechenschaftsbericht der AfD für das Jahr 2016, den die Bundestagsverwaltung am vergangenen Freitag veröffentlicht hat, taucht die Goal AG nicht als Spender auf.
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In Deutschland müssen Parteien Spenden ab 50.000 Euro direkt der Bundestagsverwaltung melden, der Rest wird erst anderthalb Jahre später bekannt, wenn der Bundestag die Rechenschaftsberichte der mittlerweile sieben im Bundestag vertretenen Parteien veröffentlicht. Mit 38 Prozent war der Anteil der Spenden an den Einnahmen bei keiner Partei so hoch wie bei der AfD – und das, obwohl die AfD lediglich zwölf Gönner nennt, die ihr mehr als 10.000 Euro überlassen haben, während die Spenderliste der CDU mehr als 13 Seiten füllt. Im Vergleich zum Vorjahr konnten die Rechtspopulisten 2016 ihr Spendenaufkommen um mehr als ein Viertel auf 5,99 Millionen Euro steigern. Und dann scheinen da noch mal ebenso viel zu sein, die die Partei nicht ausweist.Mit den offiziellen Zahlen landete die AfD zwar nur auf dem fünften Rang aller Parteien, dennoch schaffte sie es, während der Wahlkämpfe für die Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Schleswig-Holstein so präsent wie eine neue H&M-Kollektion zu sein. Laut Rechenschaftsbericht investierte die Partei mit insgesamt 3,8 Millionen Euro einen Großteil ihrer Ausgaben in Wahlkämpfe – in Plakaten, Videos und Webanzeigen, darunter auch einige, die grinsende rumänische Models als motivierte AfD-Mitglieder verkauften.Doch in den Wahlkämpfen sorgten auch Anzeigen für Verwunderung, die der AfD-Kampagne zum Verwechseln ähnlich sahen – aber offiziell nicht von der Partei selbst stammten. Die Schweizer Goal AG schaltete etwa in Baden-Württemberg Zeitungsanzeigen, die das Parteilogo verwendeten. Die Firma und ihr Geschäftsführer Alexander Segert arbeiteten zuvor bereits im Auftrag der ebenfalls rechtspopulistischen Schweizer Partei SVP. Als Journalisten die Verbindungen zwischen AfD und Goal AG öffentlich machten, sagten beide Seiten, dass die Firma nicht im Auftrag der Partei handele.Dieselbe Kommunikationsstrategie nutzte die Partei auch beim Verein für Rechtsstaatlichkeit und bürgerliche Freiheiten. Der brachte Großplakate im blau-weißen AfD-Stil in die Innenstädte von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg und ließ allein in den beiden Ländern mehr als 3,5 Millionen Exemplare einer Wahlwerbebroschüre per Post verteilen, schreibt Die Zeit. Auch hier soll es keine Absprachen mit der Partei gegeben haben.
Eine Schweizer Firma und ein öffentlichkeitsscheuer Verein schalteten 2016 massenweise Anzeigen
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Lobby Control schätzt, dass die Unterstützungsmaßnahmen des Vereins insgesamt sechs Millionen Euro wert waren, also fast doppelt so viel wie die eigentlichen Wahlkampfaufwendungen, die die AfD in ihrem Rechenschaftsbericht angibt. Legal ist diese Form der Wahlkampfhilfe nur dann, wenn sich Unterstützer und Partei nicht miteinander absprechen, so wie es AfD, Goal AG und der Verein eben behaupten. Dann muss die Partei die Zuwendungen auch nicht als Spenden in ihrem Bericht verbuchen. Doch neben der Tatsache, dass sich die Anzeigen der drei Genannten so schwer auseinanderhalten lassen wie Klonschafe, gibt es noch weitere Indizien, die gegen eine ordentliche Trennung sprechen.So hat etwa der Gründer des Vereins, Josef Konrad, die AfD Mecklenburg-Vorpommern allem Anschein nach bei ihrem Landtagswahlkampf beraten, wie aus einer parteiinternen E-Mail hervorgeht, die der Zeit vorliegt. Die AfD Bayern führt Konrad als Artdirector einer Anzeige und hatte ihn zeitweise auch als Webmaster ihrer Seite angegeben. Journalisten vom Spiegel haben derweil den Verein vor wenigen Wochen an seiner Stuttgarter Adresse aufgesucht. Statt Vereinsvertretern wollen sie dort allerdings mehrere Briefkästen vorgefunden haben, darunter einer mit der Aufschrift "Goal AG – Alexander Segert". Segert sagte bereits 2017, die Goal AG sei für den Verein tätig. Der Verein wiederum will nicht verraten, welche Geldgeber die massiven Wahlkampf-Aufwendungen stemmen.
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Im AfD-Rechenschaftsbericht tauchen die Hilfen nur unter "Sonstiges" auf
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Bei einer dritten Ungereimtheit fällt der Name der Goal AG im Rechenschaftsbericht nicht: Im Februar 2016 lud der Europaabgeordnete und damalige Landessprecher der AfD Nordrhein-Westfalen Marcus Pretzell zu einer Diskussionsveranstaltung nach Düsseldorf ein. Mit Pretzell auf einer Bühnen saßen seine heutige Ehefrau Frauke Petry, der österreichische Rechtspopulist Heinz-Christian Strache und der slowakische Politiker Richard Sulík. "Zu den Mietkosten soll es einen Zuschuss eines Dritten gegeben haben", heißt es in Fohrmanns Bericht. Er könne allerdings weder den Namen dieser Person noch die Höhe der Summe nennen. Hätte er mal den Spiegel gelesen. Das Magazin will bereits vor einem Jahr Einsichten in Dokumente erhalten haben, die den Zuschuss offenlegen. Der betrage demnach 28.037,60 Euro. Geleistet habe ihn die Goal AG.Der Bundesgeschäftsführer kommt in allen drei Fällen zum selben Urteil: "Aus Sicht der AfD" stellen Zuschüsse keine Einnahme der Partei dar. Entsprechend müssten sie auch nicht im Rechenschaftsbericht verbucht werden. Die anderen Leistungen der Goal AG beziehungsweise des Vereins erwähnt der AfDler mit keinem Wort.Mehr zu sagen hatten dafür im vergangenen Jahr die Wahlbeobachtern der OSZE, die die Bundestagswahl begleiteten. Damals hatte der Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten unter anderem 600.000 Exemplare seiner Zeitung "Deutschland Kurier" produzieren und verteilen lassen. Zwar nannten die Beobachter aus mehreren europäischen Ländern den Verein selbst in ihrem Bericht zur Wahl nicht, regten aber eine stärkere Regulierung von Wahlkampfhilfen durch Dritte an. Laut Spiegel will eine Gruppe von Unionspolitikern genau daran arbeiten. Der Bundesabgeordnete Philipp Amthor sagte dem Magazin, es sei nicht hinzunehmen, "dass sich finanzielle Eingriffe in den Parteienwettbewerb auf diese Weise verschleiern lassen".Folge Thomas bei Twitter und VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.