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​Alles, was ihr über das Ende des AfD-Goldhandels wissen müsst

Muss die AfD bald 1,7 Millionen Euro zurückzahlen? Und kann man die Partei wirklich mit Mini-Spenden ruinieren?
Muss jetzt noch mal richtig rechnen: Frauke Petry von der AfD. Foto: imago | Reiner Zensen

Anfang der Woche wurde bekannt, dass die deutsche Regierung eine Verschärfung des Parteiengesetzes plant, die vor allem die AfD empfindlich treffen würde. Die Partei hatte nämlich letztes Jahr einen Online-Goldhandel gestartet, um von einer Lücke im Gesetz zu profitieren. Die möchte die große Koalition in Deutschland jetzt schließen.

Dabei geht es um die Klausel, die die staatlichen Zuschüsse für Parteien nicht nur an die Wählerstimmen, sondern auch an deren Einnahmen bindet. Konkret: Die Zuschüsse dürfen die Summe der eigenen Einnahmen der Partei nicht übersteigen. Die großen Parteien wie CDU und SPD erzielen den größten Teil dieser Einnahmen über Mitgliedsbeiträge und Parteispenden. (Interessantes Detail: Die SPD verdient sich nebenbei auch noch durch das Anbieten von Kreuzfahrten was dazu.)

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Weil die AfD aber letztes Jahr merkte, dass ihre Einnahmen aus diesen Quellen nicht ausreichen würden, um die Zuschüsse in voller Höhe zu bekommen, dachte sich der damalige Parteichef Lucke einen Trick aus: Er fand heraus, dass das Gesetz „Einnahmen" nicht klar als „Gewinn" definiert. Das bedeutet, dass die Partei im Grunde nur irgendwas Teures verkaufen muss, um besonders viel Umsatz zu machen—ob sie damit tatsächlich etwas verdient, ist völlig egal. Und weil es teuer, relativ leicht zu verschicken und für die euro- und staatsskeptische Klientel der AfD auch irgendwie passend ist, entschied die Partei sich für den Handel mit Gold. (Zwischendurch soll es allerdings auch Überlegungen gegeben haben, Viagra zu verkaufen.)

Anders als von Lucke ursprünglich behauptet ist das im AfD-Shop erhältliche Gold meistens etwas teurer als anderswo. Trotzdem ergriffen offenbar genug AfD-Fans die Gelegenheit, die Partei ihres Herzens zu unterstützen, so dass die immerhin an die zwei Millionen Euro Umsatz machen konnte. Da war dann auch nicht so schlimm, dass sowohl die AfD als auch ihre Kunden bei dem Geschäft erstmal ziemlich dicke Minus gemacht haben, weil der Goldpreis seitdem um 17 Prozent gefallen ist. (Die Partei gibt selbst an, mit dem Handel einen Gewinn „im unteren sechsstelligen Bereich" erwirtschaftet zu haben.) Aber wie gesagt, der Gewinn war der Partei auch erstmal egal, immerhin konnte sie so zwei Millionen Euro Zuschüsse mehr bekommen.

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Diesen Trick fanden schon damals eine Menge Leute irgendwie ziemlich unseriös, allen voran Bundestagspräsident Norbert Lammert, der zwar zähneknirschend zugab, dass es erstmal legal sei—sich aber wiederholt dafür aussprach, das Parteiengesetz zu ändern. „Es ist ein Tiefpunkt unserer Parteienkultur", wird auch der Staatsrechtler Jörn Ipsen von von Spiegel Online zitiert zitiert. „Dass eine Partei ihren Status so kapitalisiert, ist verfassungspolitisch sehr bedenklich." Die Partei Die PARTEI führte den AfD-Trick und das „irrsinnige Gesetz" dann auch gleich ad absurdum, indem sie erst 100-Euro-Scheine für 105,- Euro und dann in einer zweiten Runde für 80,- Euro verkaufte.

Die Regierung plant jetzt also, das Gesetz so zu ändern, dass Parteien bei der Berechnung ihrer Einnahmen auch die Ausgaben abziehen müssen. „Mit der Änderung des Parteiengesetzes schieben wir den dubiosen Goldverkäufen der AfD einen Riegel vor", erklärte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht, dem Handelsblatt in einem Interview. „Es wird dann nicht mehr möglich sein, durch solche Praktiken seine Einnahmen künstlich aufzublähen, um in den Genuss einer höheren staatlichen Parteienfinanzierung zu kommen."

Wenn die AfD also vorher beispielsweise einen für 998,- Euro eingekauften Goldbarren für 1000,- weiterverkaufen und sich dann 1000,- Euro „Einnahmen" anrechnen lassen konnte, würde sie nach der Gesetzesänderung nur noch 2,- Euro geltend machen können. Für die anderen Parteien ist das weniger schmerzhaft, weil sie den Großteil ihrer Einnahmen sowieso über Spenden und Beiträge erzielen—das ist also praktisch Reingewinn.

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Dass sich die AfD über diesen empfindlichen Schlag nicht freut, ist klar. „Das ist ein Anschlag auf die Existenz der AfD", schimpfte zum Beispiel die Vize-Vorsitzende der Partei, Beatrix von Storch, im Interview mit dem Interview mit dem Handelsblatt. „Im Wahljahr 2017 werden uns weitere 1,7 Millionen Euro fehlen, die wir bereits fest eingeplant haben. Für uns müsste dann der Bundestagswahlkampf ausfallen." Tatsächlich wirkt das Gesetz zwar nicht rückwirkend, aber die Partei hat das Geld für 2016 offenbar schon verplant gehabt. Deshalb rechnet die Vize-Vorsitzende vor: „Um den Verlust an Einnahmen auszugleichen, müssen wir nun bis zum 31.12. zwei Millionen Euro an Spenden mobilisieren—also 20.000 Spender mit je 100 Euro finden".

Das sieht man, wenn man jetzt den Gold-Shop aufruft. Screenshot: GOLD-SHOP

Auf ihrer Facebook-Seite, im Gold-Shop und per Brief richtet die AfD jetzt deshalb einen verzweifelten Spenden-Appell an ihre Unterstützer: „Die etablierten Parteien wissen nicht mehr, wie sie uns kleinkriegen können", heißt es dort. Bei der Gesetzesänderung handle es sich um eine reine „Lex AfD", mit der die Regierung versuche, der gefährlichen Konkurrenz ein Bein zu stellen. „Wir können dieses Ansinnen aber verhindern", heißt es weiter, „wenn SIE uns helfen. Bitte spenden Sie jetzt z.B. einen zusätzlichen Jahresbeitrag in Höhe von 120 Euro." Das Geld könne zur Hälfte von der Steuer abgesetzt werden, fügt die Partei hilfreicherweise hinzu.

Die Gegner der AfD haben währenddessen ihren eigenen Appell gestartet. Auf Facebook kursiert eine Kalkulation, laut der man der AfD durch eine gezielte Minimal-Spende sogar schaden kann. Wenn man zum Beispiel per Sofortüberweisung oder Paypal Kleinstbeträge wie 10 (Sofortüberweisung) oder 1 Cent (Paypal) überweist, entstehen der Partei Bearbeitungsgebühren, die im Endeffekt auf einen Verlust von 20 bis 34 Cent pro Überweisung hinauslaufen.

Auch wenn bezweifelt wird, dass das der Partei ernsthaften Schaden zufügt—ihren größten Kampf wird die Rechtspartei in den nächsten Monaten offenbar an der finanziellen Front auszutragen haben.