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Menschen, die man als Single auf Hochzeiten trifft – und wie man mit ihnen umgeht

Wen man auf Hochzeiten am Besten abschleppen kann und warum man andere Singles meiden sollte.

Irgendwann werden wir alle die Person finden, mit der wir Gänse durch einen Teich jagen wollen, während wir ziemlich unbequeme Klamotten tragen. Foto: Grey Hutton

Wenn einem die Einladung zu einer Hochzeit in den Briefkasten flattert (metaphorisch gesehen), überflutet neben der natürlich grenzenlosen Freude für das glückliche Paar vor allem ein Gefühl: Panik. Grenzenlose Panik. Was zieht man an? Welches Geschenk ist angemessen? Muss ich hohe Schuhe tragen, wenn ich weiß, dass ich zu später Stunde definitiv sehr, sehr, sehr betrunken sein werde? Und: Wie gruselig wirkt es, wenn ich meine lockere Sexbekanntschaft frage, ob sie mich dahin begleiten will, weil es mich ermüdet, jedes Mal erklären zu müssen, dass ich mich nicht in einer lesbischen Beziehung mit meiner mitgebrachten Bekannten befinde?

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Auf all diese Fragen gibt es nur eine Antwort: Richtig ist, was sich für euch richtig anfühlt. Nachdem das geklärt ist, können wir zu einem sehr viel wichtigeren Punkt kommen: den anderen Hochzeitsgästen. Weil das glückliche Brautpaar viel zu eingespannt ist, um die ganze Zeit an eurem Tisch herumzuhängen, werdet ihr den Großteil des großen Tages mit den Leuten verbringen müssen, die ebenfalls mit polierten Schuhen und Sektflöte in der Hand, auf der Suche nach sozialer Interaktion durch die Festlocation eiern. Deswegen haben wir euch einen kleinen Guide der Hochzeitsbesucher Mitte 20 zusammengestellt—damit der große Tag eurer Freunde nicht in einer frustbedingten Leberzirrhose eurerseits endet. Keine Ursache.

Die ewigen Singles

Foto: njaminjami | Flickr | CC BY-SA 2.0

Es gibt wenig zynischeres und belastenderes, was man einem guten Freund antun kann, als ihn zu einem Fest der Liebe einzuladen—wenn er sich gerade an einem Punkt in seinem Leben befindet, an dem „Forever Alone" nicht nur eine vermeintlich selbstironische Phase, sondern ein realistisch empfundenes Lebensgefühl ist. Egal ob es sich bei den Alleinstehenden um frischgetrennte Wracks an der Grenze zum kompletten Zusammenbruch oder chronische Dauersingles handelt, die es einfach nicht schaffen, irgendjemanden für längere Zeit an sich zu binden: für die depressiven Egoisten unter den Hochzeitsgästen ist alles eine unerträgliche Qual und vergießen sie Tränen, tun sie es nur für sich selbst, während sie sich an das dritte Sektglas in zehn Minuten klammern. Das Gefährliche daran: So verwechselt man sie schnell mit den geselligen Alkoholikern, die mit sich selbst (und ihrer Leber) im Reinen sind.

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Ihr seid selbst Single und seht in den anderen einsamen Hochzeitsgästen willkommene Leidensgenossen, mit denen ihr euch verbrüdern könnt, falls die allgemeine Beziehungsherrlichkeit allzu belastend wird? Nein. Nein, nein, nein, das ist der größte Fehler, den ihr machen könnt. Diese ewig Unglücklichen sind nämlich nichts anderes als Seelenvampire, die jemanden brauchen, dem sie ihr geschundenes, armes Herz ausschütten können. Egal, wie OK ihr eure Situation als alleinstehende Person Mitte 20 vor dieser Art von Gespräch fandet, danach werdet ihr ebenfalls der festen Überzeugung sein, alleine und einsam sterben zu müssen—außer ihr tut euch mit dem anderen Single zusammen. Vielleicht war das von Anfang an ihr Plan? Gerissene Bastarde …

Die Zyniker

Irgendwie verkniffener Mund, bei steigendem Alkoholpegel auch mal ein höhnisches Lachen—man weiß nicht, warum der Zyniker der Einladung zur Hochzeit nachgekommen ist, aber so richtig glücklich ist er nicht. Klar, er ist noch jung und alles, aber ist die Generation Y nicht auch die Generation Tinder, die Generation Beziehungsunfähig, die Generation Photoshop statt wahre Intimität? Hochzeits-Deko findet er kitschig, Tauben sind die Ratten der Lüfte und Smalltalk geht auch nicht, weil Gespräche sowieso nur daraus bestehen, dass der Eine darauf wartet, dass der Andere endlich aufhört zu sprechen, damit er selbst was sagen kann. Die Zyniker sehen sich als die Charles Bukowskis, die Marla Singers der Veranstaltung, die eine höhere Weisheit für sich gepachtet haben und die jetzt unter allen Umständen unter das dumme, leicht zu begeisternde Volk bringen müssen.

„Ehen halten doch sowieso nicht mehr", sagt der Zyniker also mit leichtem Zucken im Mundwinkel, das sich wahlweise illegalem Rauschmittelkonsum oder die Erinnerung an den letzten großen Liebeskummer zuschreiben lässt. Denn eigentlich will dieser Menschenschlag auch nichts anderes, als endlich die Person zu treffen, die ihn wieder an die große Liebe glauben lässt. Im Übrigen eine Aufgabe, die ihr nicht übernehmen solltet. Ihr habt besseres zu tun, als euch von diesen Leuten auf ihre Ebene der betont hervorgekehrten Miesepetrigkeit herunterziehen zu lassen. Euch betrinken, zum Beispiel.

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Die Hollywood-Geschädigten

Foto: lindsey child | Flickr | CC BY 2.0

Elfenbeinfarbene Roben, kristallene Gläser und irgendwo fliegt bestimmt auch eine Taube rum. Wer Hochzeiten bisher vor allem aus romantischen Komödien kennt, ist meistens ziemlich enttäuscht, wenn er in der harten Realität ankommt. Es gibt keine fünf willigen Trauzeugen, die allesamt wunderschön und alleinstehend sind, die Pferdekutsche wird in aller Regel aus Kostengründen zugunsten des guten 8-Euro-Proseccos gestrichen und einen romantischen Rosengarten mit Lichterketten findet man in Großstädten auch nicht an jeder Ecke.

Die Leute, dir ihr Trauungsbild irgendeinem fiktiven Paralleluniversum entliehen haben, fallen dementsprechend gerne mal aus allen Wolken, wenn sie plötzlich gar nicht Teil einer alles überstrahlenden Märchenhochzeit sind—und können oft daran erkannt werden, dass sie mit ihrem Prinzessinnenkleid oder der Spitzenweste vollkommen fehlplatziert wirken. Sie sind wie zarte, verletzliche Pflänzchen, die mit besonderer Sorgfalt behandelt werden müssen, damit diese Differenz zwischen Erwartungshaltung und Realität sie nicht auf ewig traumatisiert. Außerdem sind sie ein ziemlich schöner Kontrast zu den Zynikern.

Ist es schlimm, wenn man Ende 20 noch Single ist?

Mitte 20 sind die ewigen Romantiker meistens noch jung und naiv genug, um den Hochzeitstag wirklich als den schönstmöglichen Tag im eigenen Leben zu begreifen—eine Annahme, die jeder, der einmal ein komplettes Wochenende mit Burgern und Breaking Bad im Bett verbracht hat, natürlich spielend widerlegen kann—und das ist eigentlich etwas ziemlich begrüßenswertes. Wer träumt denn heutzutage noch? Wer glaubt denn wirklich, das alles irgendwann gut wird und baut fantasiereich komplett unrealistische Luftschlösser? Bedenkt dass, wenn sich folgender moralischer Zwiespalt in euch auftut und ihr euch fragt: Lässt man den Leuten ihre Illusion, oder konfrontiert man sie mit der harten Realität, während man bereits nach dem nächsten Drink schielt? Was würde Hugh Grant tun?

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Die unterhaltsamen Alkoholiker

Auch gute Idee: Einfach alles bestellen. Kostet ja nüscht. Foto: Paul Holloway | Flickr | CC BY-SA 2.0

Wir möchten an dieser Stelle natürlich weder exzessiven Alkoholkonsum, noch ernstzunehmende Suchtprobleme glorifizieren. Fakt ist aber: Hochzeiten sind in aller Regel ein rauschendes Fest, bei dem, nicht nur Unmengen an ungesundem Zeug gegessen, sondern auch jede Menge getrunken wird. Was wiederum die Art von Leuten anzieht, die jede Entschuldigung brauchen, um sich mal wieder so richtig volllaufen zu lassen. Während das in erster Linie ziemlich traurig klingt, bietet offen zur Schau gestellter Alkoholismus aber auch jede Menge Möglichkeiten (Sex. Wir sprechen von Sex). Oft sind es nämlich die nicht ganz so steifen Hochzeitsgäste mit den halbgelösten Hochsteckfrisuren und aufgeknüpften Hemden, die sich hemmungslos an der Bar bedienen und es macht deutlich mehr Spaß, mit diesen Leuten rumzuhängen, als zwischen den Stock-im-Arsch-Pärchen zu sitzen, die sowieso nichts als herablassendes Mitleid für einen übrig haben.

Thump: So überstehst du eine Clubnacht ohne Alkohol und Drogen.

Wenn ihr Glück habt, ist außerdem einer dieser stereotypen, moralisch flexiblen Junggesellen oder exotischen Femme Fatales dabei, die sich in Filmen und Fernsehserien immer auf Hochzeiten herumtreiben, um vom Protagonisten (euch) abgeschleppt zu werden. Wenn ihr richtig Glück habt, sieht auch keiner der beiden aus, als hätte er in irgendeiner Staffel des Bachelors mitgewirkt und ihr könnt am nächsten Tag stolz von eurer alkoholschwangeren, total verrückten Hochzeitsaffäre berichten. Gerne auch den Pärchen, die sich euch zuvor noch so überlegen gefühlt haben. Die unterhaltsamen Alkoholiker bringen den Exzess genau dann, wenn er vonnöten ist. Schließlich wird hier der Bund fürs Leben gefeiert und wenn alle Förmlichkeiten vorbei sind, muss ja irgendjemand tanzen. Wichtig ist nur, sich schnell genug von der schwitzenden, lallenden Meute zu lösen—Erbrochenes bekommt man aus Leinenschuhen nämlich ziemlich schlecht raus.

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Die missgünstigen Langzeitpärchen

„Bei IHREN Oberarmen hätte ich mich für kein ärmelloses Kleid entschieden. Was sagst du, Frank?" Foto: Erica Zabowski | Flickr | CC BY-ND 2.0

Mitte 20 ist für viele Leute der Zeitpunkt gekommen, wo man mit dem einen Auge schon etwas panisch Richtung 30 schielt, während man anfängt, absolut alles an seiner aktuellen Lebenssituation in Frage zu stellen. Ihr findet es anstrengend, in diesem Alter immer noch Single zu sein? Stellt euch mal vor, wie es den Leuten gehen muss, die seit ihrer Schulzeit liiert sind und sich mittlerweile in einem Alter befinden, in dem man nach all den gemeinsamen Jahren ernsthaft darüber nachdenkt, ob und wann der nächste Schritt in der Beziehung getan werden muss. Man denkt zwar immer, dass Leute in OK-glücklichen Beziehungen nichts haben, was sie anderen Paaren neiden müssten. Wie alles herrscht aber auch bei denen, die zwischenmenschlich eigentlich schon angekommen sind, ein harter Konkurrenzkampf. Manche Leute können eben aus absolut allem einen Wettbewerb machen.

Meine Ehe wurde arrangiert, trotzdem bin ich Feministin.

Vielleicht hat die Trauung in einem der Partner den Wunsch geweckt, demnächst auch vor den Altar zu treten. Vielleicht wollen beide heiraten und warten frustriert darauf, dass der jeweils andere endlich den Antrag macht. Oder vielleicht haben sie auch beide gleichzeitig festgestellt, dass sie ihre bessere Hälfte doch nicht genug lieben, um diesen großen Schritt zu gehen und bereiten in Gedanken schon die Trennung vor. In jedem Fall gilt: Solltest du zwischen allen Hochzeitsgästen zwei Personen erblicken, die beim Gratulieren ein bisschen sehr verkrampft lächeln (und aussehen, als hätten sie den Pastellton ihrer Outfits aufeinander abgestimmt)—es wird sich wahrscheinlich um ein Pärchen handeln, die durch das Fest der Liebe in ihren Beziehungsfesten erschüttert wurde und darauf nur auf eine einzige Art und Weise reagieren kann: passiv-aggressiv.

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Haltet euch von diesen Leuten fern, denn während es gesellschaftlich absolut verpönt ist, dem Brautpaar selbst seinen großen Tag zu versauen, gilt selbes nicht für die geladenen Gäste. Ihr als Single seid bei solchen Veranstaltungen das schwächste Glied und die frustrierten Paare wissen das ganz genau.

Der Hochzeitsplaner/die überengagierte Brautjungfer

Foto: CHR!S | Wikimedia | CC BY 2.0

Jede Hochzeit braucht irgendjemanden, der sich um die Dinge kümmert, für die Braut und Bräutigam keine Zeit—und auf die der durchschnittliche Gast keinen Bock—hat. Junggesell_innenabschiede organisieren, Tischkärtchen bedrucken, Sachen aus der Reinigung holen … All diese kleinen, vermeintlich nebensächlichen Aufgaben fügen sich irgendwann zu einem großen, rauschenden Fest zusammen und während wir uns im Vorfeld ausschließlich mit Stil- und Begleitungsfragen auseinandergesetzt haben, gab es eine wackere Person, die beim Versuch, uns allen das bestmögliche Erlebnis zu bescheren, wahrscheinlich mehrere Nervenzusammenbrüche hatte. Macht das die superengagierten Brautjungfern und ehrenamtlichen Hochzeitsplaner da draußen zu besseren Menschen als uns? Ja, wahrscheinlich. Werden sie uns genau das in jeder einzelnen Sekunde spüren lassen? Absolut. Und ihr müsst nicht einmal in Hörweite sein, um diese Art von Hochzeitsgast auf den ersten Blick zu erkennen.

_Auf Noisey erfahrt ihr, welche Musiker auch eurer Hochzeit spielen, wenn ihr das nötige Kleingeld habt. _

Mit Argusaugen beobachtet diese Spezies über den kompletten Tag hinweg alles, was um sie herum passiert, rückt Dinge zurecht, zeigt herrisch auf Blumengestecke und gibt jedem anderen im Raum das Gefühl, der Veranstaltung absolut unwürdig zu sein. Wenn etwas funktioniert, wird es erst mit einem energischen Nicken, dann einem hysterischen Lachen quittiert und eigentlich warten die Frooncks und Blumenmädchen die ganze Zeit nur darauf, endlich ihr Geschenk—das so viel besser als jedes andere Geschenk auf dieser Hochzeit sein wird, sonst ist der Abend nämlich komplett gelaufen—zu überreichen. Ihr könnt nicht vor ihnen wegrennen, ihr könnt euch nicht vor ihnen verstecken, übt also schon mal euer schönstes falsches Lächeln vorm Spiegel und ruft dabei mehrfach „Nein, wirklich?!". Wenn ihr das schafft, ohne auch nur einen Tropfen Champagner zu verkippen, seid ihr bereit für den schönsten Tag im Leben einer anderen Person.

Lisa ist der beste Hochzeitsgast der Welt. Folgt ihr auf Twitter.