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Tausende Menschen wollen nach Ungarn fahren, um Flüchtlingen über die Grenze zu helfen

Auf Facebook wird derzeit zur Fluchthilfe an der ungarischen Grenze mobilisiert. Der Erfolg der Aktion könnte davon abhängen, wie viele Menschen sich tatsächlich beteiligen.

Foto von Christopher Glanzl

Unter dem Motto „Schienenersatzverkehr für Flüchtlinge" formiert sich derzeit auf Facebook ein Aktionsbündnis. Dabei wollen einige Aktivisten einen Fahrzeug-Konvoi am kommenden Wochenende einrichten, der so viele Flüchtlinge wie möglich von Ungarn nach Österreich und eventuell weiter nach Deutschland bringen soll. Die Initiatoren verstehen sich dabei nicht als Schlepper, sondern als Fluchthelfer, weil sich dabei niemand unrechtmäßig finanziell bereichern. Mehrere Tausend Menschen wollen sich an der Aktion laut Facebook beteiligen. Einige fragen sogar, warum nicht Bundeskanzler Faymann oder Bundespräsident Fischer den Konvoi anführen.

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Das Projekt bekommt aber auch Gegenwind. Im Facebook-Event sammeln sich neben Solidaritätsbekundungen immer mehr Postings vom Format „Dich interessieren Gesetze einen Dreck? Dann werde Fluchthelfer!" und Kommentare aus der selbsternannten „Asylkritiker"-Fraktion.

Noch lange, bevor die Hilfsaktion im echten Leben ankommt, ist sie im Netz bereits zum neuen Schauplatz der Flüchtlingsdebatte an der österreichischen Grenze geworden. Während die einen Links zum Selbstschutz bei Tränengasangriffen posten (und eine gewisse Erwartungshaltung klarmachen), nennt Florian Klenk die öffentlichen Bekundungen und Bekenntnisse von Fluchthelfern auf seiner Facebook-Seite „eitles Gehabe".

Nachdem Freitagmittag vier Fluchthelfer aus Wien inhaftiert wurden, sind diese auf Einwirken des Außenministeriums nun wieder freigelassen worden. Die Situation für ausländische Fluchthelfer bleibt in Ungarn aber dennoch bedenklich: Die Strafen sind hier wesentlich restriktiver als etwa in Österreich—bei einer Verurteilung droht Haft von zwei bis acht Jahren.

RFJ-Funktionär Markus Ripfl, der in der Vergangenheit vor allem durch Kühnen-Gruß und Nazi-Symbolik auffiel, schrieb auf Facebook, dass er „Sachverhaltsdarstellung gegen einen Herrn Journalisten bei der Staatsanwaltschaft Wien" einbringen will. Gemeint ist damit Robert Misik, der diese Woche schon auf Zeit Online darüber schrieb, wie er mit seinem privaten PKW vier Flüchtlinge nach Österreich gebracht hat. In der FPÖ scheint man aber nicht zu kapieren, dass dies keinesfalls als Tatbestand der Schlepperei gewertet werden kann—oder es ist in Zeiten des Wahlkampfs einfach nur unerheblich. Zuletzt hat sich sogar der Oberste Gerichtshof dazu geäußert. Die Aktion am Sonntag selbst soll jedenfalls auch schon angezeigt worden sein.

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Bleibt die Frage, wie man bei der österreichischen Polizei auf die Aktion reagieren wird. In Ungarn nimmt der Umgang der Behörden mit den flüchtenden Menschen immer faschistoidere und grausamere Züge an. Die Gefahr, dass man auch als Fluchthelfer so einen Umgang erfährt, ist leider durchaus real.

In Österreich könnte es dagegen glimpflicher ausgehen: Die „Förderung der rechtswidrigen Einreise" kann in Österreich maximal eine Verwaltungsstrafe nach sich ziehen, die mit 1.000 bis 5.000 Euro oder dreiwöchigem Arrest bestraft wird. Der Umgang der Polizei wird „im Rahmen der bestehenden Rechtslage, nach dem Anlass und dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit" ausfallen, heißt es dazu gegenüber VICE schlicht aus dem Innenministerium.

Die Polizeistrategie hat aber bereits am Montag am Westbahnhof erkennen lassen, dass man vor allem angesichts der Quantität der flüchtenden Personen nicht strikt nach Rechtsparagraphen handelt. Stattdessen würde man auch auf Exekutivebene auf Menschlichkeit setzen, wie es Polizeisprecher Hahslinger im ZIB2-Interview ausdrückte. Für diesen Sonntag könnte das auf Deutsch bedeuten: Je mehr Autos und Personen im Konvoi fahren, desto weniger werden die Behörden wohl auch gegen die Grenzübertretungen ausrichten können.

Thomas auf Twitter: @T_Moonshine