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Sex

Warum du deiner großen Liebe sehr wohl im Club begegnen kannst

Was ist schon ein spießiges Candle-Light-Dinner gegen besoffenes Knutschen im Morgengrauen?
Foto: Ralph Thompson | Flickr | CC BY-ND 2.0

[Vor Kurzem hatte einer unserer Autoren erklärt, warum man den Mann oder die Frau fürs Leben niemals im Nachtleben finden wird. Charlotte ist da anderer Meinung.]

Es gibt viele gute Gründe, feiern zu gehen. Es geht nicht immer um Sex oder gar darum, die große Liebe zu finden, wenn wir denn an so etwas glauben wollen. Trotzdem dürfte der Gedanke bei den meisten von uns, die zur Zeit als Single unterwegs sind, eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Warum sonst sollten wir schließlich den Aufwand betreiben, uns die Beine zu waxen, uns Gel in die Haare zu schmieren oder frische Unterwäsche anzuziehen, bevor wir uns ins Nachtleben stürzen, wenn nicht auch deswegen, weil wir insgeheim davon träumen, dass wir in einer überfüllten Bar oder den Katakomben eines vernebelten Clubs jemandem über den Weg laufen könnten, der oder die unser Leben für immer verändert?

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Natürlich wollen wir immer noch gern daran glauben, was romantische Komödien uns seit jeher weismachen wollen. Daran, dass uns unsere große Liebe im Baumarkt oder in der U-Bahn einfach so über den Weg läuft, aber in Wirklichkeit wissen wir, dass das höchstwahrscheinlich nicht passieren wird und davon zu träumen genauso nützlich ist, wie sich jeden Tag mit einer Rose in der Hand und unserem bezauberndsten Lächeln im Gesicht wartend an die nächste Straßenecke zu stellen. Wenn uns dann tatsächlich doch jemand auf der Straße ansprechen sollte, halten wir ihn schnell für einen potentiellen Triebtäter oder zumindest für komisch.

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Außerdem steht uns im Alltag unsere eigene Unsicherheit im Weg. Unsere Angst vor Ablehnung und unser Stolz sind stärker als der Wunsch danach nicht mehr alleine zu sein. Wer sollte heute noch einen Korb riskieren wollen, wenn sich die potentielle Demütigung unseres Egos mit Hilfe von Tinder (vorläufig) ausschließen lässt? Die Signale, die Menschen im „echten Leben"senden, sind dagegen nicht immer eindeutig zu interpretieren und es erfordert eine Menge Mut, sich mit einem dürftigen Vorrat an annehmbaren Anmachsprüchen aufs Glatteis zu begeben.

Aber zum Glück gibt es ja noch das Nachtleben. Nirgendwo ist es leichter, jemandem kennen zu lernen, als im Club. Wer sich am Wochenende regelmäßig die Nächte um die Ohren schlägt und sich dabei verschiedener Rauschmittel bedient, weiß, dass sich irgendwann eine Routine einstellt, bei der wir uns nur noch auf uns selbst konzentrieren, während wir alle anderen überhaupt nicht mehr wahrnehmen. Wir katapultieren uns beim Tanzen in ferne Galaxien, in denen wir ganz zufrieden sind, wenn uns niemand stört. Um so stärker trifft uns das Gefühl, wenn plötzlich jemand auftaucht, der es im Gewühl der zuckenden Körper auf der Tanzfläche doch irgendwie schafft, zu uns durchzudringen. Eine Lichtgestalt im Nebel, während sich alles andere auflöst. Ein Blick genügt, um uns aus unserer Isolation zu befreien und unser benommenes Herz in plötzlichen Aufruhr zu versetzen.

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Foto: icanteachyouhowtodoit | Flickr | CC BY 2.0

Von nun an schwingt unser Herz zwischen Euphorie, Eifersucht, Angst und unendlicher Erleichterung hin und her. Der Euphorie, wenn sich das Zielobjekt unserer spontan erwachten, heftigen Liebe beim Tanzen auf uns zu bewegt. Die Eifersucht auf jeden Jungen oder jedes Mädchen, das sich mit ihm unterhält und eine potenzielle Bedrohung unseres ewigen Glücks darstellen könnte. Die Angst, wenn unser Love-Interest plötzlich nicht mehr aufzufinden ist und wir die Chance unseres Lebens für immer verpasst zu haben glauben. Und schließlich die unendliche Erleichterung, wenn er oder sie schließlich wieder auftaucht und wir uns motiviert durch den kurzen Schock endlich dazu entschließen können, den ersten Schritt zu tun.

Natürlich spielt auch Alkohol dabei eine Rolle. Machen wir uns nichts vor, betrunken ist vieles einfacher. OK, manchmal tun wir auch Dinge, die wir später bereuen, und die Scham am nächsten Tag ist schlimmer als jeder Kater. Aber egal ob man diese Tatsache nun für beklagenswert hält oder nicht, kann der Rausch uns dabei helfen, uns so zu präsentieren, wie wir uns selber gerne sehen möchten, wozu wir aber im Alltag nicht immer in der Lage sind. Manchmal ist weniger nachdenken gar nicht schlecht. Ich kenne ein Mädchen, das in einem Coffee-Shop in meiner Straße arbeitet, und das ich für einen der schönsten Menschen auf dieser Welt halte, aber bisher habe ich das immer für mich behalten. Wenn sie eine Bardame wäre und ich ihr angetrunkener Gast, hätte ich es ihr längst gesagt. Vielleicht würde sie sich auch nüchtern darüber freuen, aber wahrscheinlich werde ich es nie tun, während ich beim Ausgehen anderen Mädchen auf der Damentoilette mit Komplimenten überschütte.

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Wenn der erste Schritt einmal getan ist, erledigt sich alles andere von selbst. Natürlich fällt es beim Donnern der Bässe nicht leicht, eine Unterhaltung zu führen, aber für Gespräche ist auch später noch genug Zeit. Vielleicht ist reden in diesem Moment auch gar nicht so wichtig, weil unsere Hormone längst die Kontrolle über uns und unsere Körper übernommen haben. Unsere vernünftige Seite rät, nichts zu überstürzen, die Hormone brüllen memento mori und ab ins Bett!

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Am Ende sollten wir uns nicht so viele Gedanken darüber machen, unter welchen Umständen wir uns kennenlernen. Ob es richtig ist, sich betrunken in die Arme zu fallen, bevor wir überhaupt den Nachnamen unseres Gegenübers kennen oder ob die Gefühle, die wir für ihn haben, nur eingebildet sind. Wir sollten uns nicht verunsichern lassen, denn für Liebe gibt es kein Patentrezept und es sollte uns egal sein, ob wir mit einer Person am ersten Abend betrunken geschlafen oder nur platonisch eine Pizza geteilt haben, wenn sie uns gefällt.

Sonntägliche Waldspaziergänge und Verabredungen zum Essen sind gut und schön, aber nichts übertrifft die wildromantische Stimmung, wenn wir morgens schließlich mit der Person aus dem Club stolpern, die für uns zwischen all den Leuten etwas Besonderes geworden ist. Nichts ist schöner als die plötzliche Vertrautheit, die uns unsere Verliebtheit einem Menschen entgegen bringen lässt, den wir vor wenigen Stunden noch gar nicht kannten. Wenn wir uns auf dem Nachhauseweg die letzte Zigarette teilen und Händchen haltend in der Bahn einschlafen. Wenn wir in dunklen Hauseingängen knutschen, obwohl unsere Münder längst ausgetrocknet sind, und unsere Haare nach kalter Asche riechen, und alles so wunderschön kitschig ist, dass Lana del Rey einen Song darüber singen könnte. Manchmal sind diese Morgenstunden nach ein paar Wochen nicht mehr als eine schöne verschwommene Erinnerung. Das Happy End einer durchfeierten Nacht. Manchmal aber auch der Beginn einer ganz großen Liebe.


Titelfoto: Ralph Thompson | Flickr | CC BY-ND 2.0