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Sex

Der VICE-Guide zu einem erfüllten Leben ohne Sex

Vergesst die Abende, an denen ihr mit literweise Rotwein auf gruseligen Datingseiten rumgehangen habt. Wir erklären euch, warum ein Leben ohne Sex so viel besser ist.

Foto: Mark Roy | Flickr | CC BY 2.0

Um im Vornherein alle Missverständnisse zu vermeiden, wollen wir zu Anfang eines klarstellen: Sex ist eine super Sache. Gegenseitige körperliche Zuwendung ist gut für deinen Teint, dein Selbstbewusstsein und dazu in der Lage, Männer zu poetischen Höchstleistungen zu inspirieren.  Davon abgesehen ist Sex eine sehr hilfreiche Beschäftigung, wenn du dir mit deinem Gegenüber nichts zu sagen hast. Mit etwas Glück kannst du dabei sogar kleine rosa Lebewesen produzieren, die den ganzen Tag schreien und keine Kontrolle über ihren Schließmuskel haben. Allerdings kommen längst nicht alle von uns in den Genuss eines dauerhaft erfolgreichen und erfüllten Sexuallebens. Laut einer Studie sind 31 Prozent der Frauen und fast 50 Prozent der Männer mit ihrem Liebesleben unzufrieden. Du bist also nicht allein, wenn bei dir mal nichts läuft. Außerdem ist die Vorstellung eines Wochen, Monate oder gar Jahre andauernden unfreiwilligen Zölibats gar nicht so furchterregend, wie du vielleicht im ersten Moment denken magst.

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Anders als bei existenziellen menschlichen Bedürfnissen wie Luft oder Nahrung, wird dich unbefriedigte Geilheit, wenn du nicht selbst aktiv nachhilfst, kaum auf direktem Wege ins Grab befördern. Ebenso wenig ist sie ein Grund dafür, ein ethisch fragwürdiges Flatrate-Bordell zu besuchen, dein letztes Geld verzweifelt in einen lächerlich übertrainierten Callboy zu investieren oder unzüchtige Gedanken gegenüber deinem unschuldigen Haustier zu entwickeln. Denn wenn du unseren Ratgeber aufmerksam gelesen hast und dir ein paar wichtige Punkte klarmachst, wirst du feststellen, dass ein Leben in Keuschheit—wenn das Schlimmste erstmal überstanden ist—sogar eine Menge Vorteile mit sich bringen kann.

Foto: J>Ro | Flickr | CC BY 2.0

Sex ist manchmal doch ziemlich unsexy
Als Erstes solltest du dir klar machen, dass Sex zwar verdammt sexy sein kann, aber auch oft unbefriedigend und enttäuschend. Weniger als 50 Prozent der Frauen (bei Singles sind es nur gut 20 Prozent) kommen beim Sex mit einem Typen regelmäßig zum Höhepunkt und selbst Männer täuschen Orgasmen vor, um eine misslungene Vorstellung halbwegs elegant zu beenden. Vielleicht weil sie ihrem eigenen Druck nicht standhalten oder weil das jeweilige Gegenüber nackt auf einmal nicht mehr so appetitlich aussieht wie auf dem Tinder-Profil. Je mehr Hollywood-RomComs und Pornos wir uns reinziehen, desto mehr wird sich unser Hirn darauf versteifen, ungesund hohe Erwartungen zu produzieren, die am Ende nur enttäuscht werden können, wenn die sexuelle Realität ungefähr so langweilig ausfällt wie der Trailer zu Fifty Shades of Grey. Enthaltsamkeit kann dich vor derlei Frustration schützen, solange du dir deine Fantasie bewahrst (und ja, Masturbation ist natürlich auch erlaubt).

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Foto: Monsieur Gordon | Wikimedia | CC BY 2.0

Mach dich frei von gesellschaftlichen Zwängen
Die sexuelle Revolution mag für unsere Eltern und Großeltern eine Befreiung  gewesen sein. Heute führen ihre Nachwehen und die Allgegenwärtigkeit von Sex dazu, dass jene, die keinen haben, in der öffentlichen Wahrnehmung schnell zum Außenseitern, vermeintlich sexuell Gestörten oder chronisch untervögelten Ladenhütern mutieren. Dabei sollte jedem (oder zumindest jedem, der mindestens einen Teil von Nymphomaniac gesehen hat) klar sein, dass dich Sex allein weder glücklich noch zu einem vollfunktionstüchtigen Mitglied der Gesellschaft macht. Genauso wenig solltest du dich aufgrund deiner unbefriedigten Libido verschämt in der Ecke oder unter deinem ausschließlich zum Schlafen genutzten Bett verstecken. Denk daran: Du bist kein Opfer, du bist ein Rebell. Viele sexuell nicht ausgelastete Menschen haben Großes geleistet—Mutter Teresa, zum Beispiel. Falls dir das noch kein Trost sein sollte, hilft dir vielleicht der nächste Punkt weiter.

Du musst dir über eine Menge Dinge keine Sorgen machen
Abgesehen von der Sorge, dass du vielleicht den Rest deiner Tage allein ins Bett gehen müssen wirst, ermöglicht dir ein Leben in Keuschheit, dass du dir um eine Menge anderer Dinge keine Sorgen machen musst. Denn weniger Sex bedeutet auch weniger Druck und Stress. Auch wenn wir jetzt wie irgendwelche superreligiösen Fanatiker klingen: Nichts minimiert das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft oder sexuell übertragbaren Krankheit so entscheidend wie praktizierte Enthaltsamkeit. Gleichzeitig musst du seltener deine Bettwäsche waschen und sparst das Geld für Kondome, die Pille oder die Pille danach. Wenn du allein im Bett liegst, interessiert es außerdem keinen, ob du immer noch nicht squirten kannst, Cellulitis, Erektionsstörungen, einen zu kleinen Penis oder eine zu große Vulva hast. Ob du zu früh kommst oder zu spät, vergessen hast, dich zu rasieren, oder zufällig hässliche Unterwäsche trägst.

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Foto: Nicolas Sanguinetti | Flickr | CC BY-SA 2.0

Mach es wie die Philosophen
Konzentriere dich auf deinen Geist. Je länger deine Enthaltsamkeit andauert, desto mehr wirst du dich aus den Klauen der bewusstseinstrübenden Geilheit befreien und in deinem Hirn Platz für die elementaren Fragen der menschlichen Existenz schaffen können. Fühle dich erhaben, denn du bist Herr deiner Sinne, kein Sklave deiner Hormone und kein dauerfickender Brunftochse, der sich nicht mal in der U-Bahn beherrschen kann. Nietzsche war ein großer Fan der Keuschheit und wollte sich lieber tot sehen als in den Träumen eines „brünstigen Weibes“—was verständlich ist für jemanden, den die Syphilis und damit der Sex letztendlich in den Wahnsinn getrieben hat. Im alten Griechenland propagierte Diogenes schon über tausend Jahre vorher die sexuelle Askese und versuchte,  ein Leben frei von Bedürfnissen zu leben. Da er seine sexuelle Not trotz aller Geistesstärke nicht völlig überwinden konnte, rieb er sich nackt an Säulen und holte sich ab und zu auf öffentlichen Plätzen einen runter. Selbst Philosophen sind keine Übermenschen, und du musst es auch nicht sein.

Tu dir was Gutes
Dein sexloses Dasein sollte dich nicht dazu verleiten, in Lethargie zu verfallen, sondern dich vielmehr dazu animieren, das Leben auf andere Arten so ausführlich wie möglich zu genießen. Trotzdem solltest du das mit der öffentlichen Selbstbefriedigung lieber lassen, wenn du nicht unbedingt in einer düsteren Zelle weiter schrubben willst. Erinnere dich daran, dass die Welt abgesehen von der körperlichen Zuwendung eines anderen Menschen und verschwitzten gemeinsamen Höhepunkten (die, wie du weißt, ja sowieso nie vorkommen) noch so viel mehr zu bieten hat. Es gibt so viele schöne Dinge: Alkohol, Schokosoufflés, Fußball, Videospiele, lustige Tiervideos oder Galerien für Moderne Kunst. Genieße, was auch immer dir Freude macht, denn du hast es verdient. Alles, was dein Leben bereichert, sei dir gegönnt, selbst wenn es eine Blowjob-Maschine oder ein Joystick für deine Vagina ist.