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Ist „Ich bin ja nicht für die Todesstrafe, aber ...“ das neue „Ich habe ja nichts gegen Ausländer, aber....“?

Ein AfD-Mitglied fordert die Todesstrafe und will sichergehen, dass ihn auch wirklich niemand falsch versteht.
Foto: Cliff | Flickr | CC BY 2.0

Da immer noch nicht der Tag gekommen ist, an dem der AfD der Satirepreis für Selbstdemontage im Politikbetrieb verliehen wird, muss man sich immer noch ernsthaft mit dieser Partei beschäftigen. Nachdem Bernd Lucke abgewählt wurde und die Partei verlassen hat, hat man scheinbar gleich reinen Tisch gemacht und die letzten Reste Anstand und politischen Stils ebenfalls gebeten, den Raum schnellstmöglich zu verlassen. Die „Einzelfälle" haben jetzt die ganze Partei übernommen.

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Am Dienstag sorgte ein gewisser René Augusti (Vorstandsmitglied des Kreisverbandes Salzwedel) für Schlagzeilen, als ein Facebook-Post von ihm aus einer internen AfD-Gruppe an die Öffentlichkeit gelangte:

„Ich habe langsam keine Lust mehr auf deutsch! Die Völkerwanderung muss aufgehalten werden. Die sich Deutsche nennen und dies fördern gehören an die Wand gestellt. […]"

Der Reflex ist ja nun immer der gleiche, egal ob bei Tatjana Festerling, Benjamin Nolte oder gerade erst Maximilian Kneller, der einer Frau mit Vergewaltigung drohte: Die Partei distanziert sich, die „freiheitlich-demokratische Grundordnung" wird beschworen, das Mitglied wird ermahnt und muss gegebenenfalls zurücktreten oder wird degradiert. Alle sind fünf Minuten lang zerknirscht. Quasi Tagesgeschäft bei der AfD.

Aber nicht mit René Augusti. Augusti will sich nämlich rechtfertigen (man möchte nach Salzwedel fahren, um ihm einfach nur zu sagen: „René. Bitte. Es ist schon wirklich mies, was du da gesagt hast. Es gibt eine Anzeige gegen dich. Bevor du jetzt zum Rechner rennst und alles nur noch schlimmer machst, atme durch. Mach dir 'nen Tee. Und denk' 30 Sekunden nach." Aber René will einfach nicht hören. Warum?). Und das sieht so aus:

Augusti entschuldigt sich für gar nichts. Ist auch nicht nötig, seiner Meinung nach. Und dann auch diese Unterstellungen. Augusti hat ja überhaupt nicht zum Mord an Politikern und Flüchtlingshelfern aufgerufen. Nein, vielmehr findet er, einfach nur dass sie die Todesstrafe verdient haben. (Weil was ist schon abscheulicher als das, das und das). Die Helfer meint er ja auch gar nicht, sondern nur „die politische Führung in diesem Land". Ohnehin ist Augusti „gegen jegliche Art von Todesstrafe und Anwendung von Gewalt." Und dann kommt es, das Wörtchen, dass die „Asylgegner" und Pegida-Gänger da draußen so gerne an ihr „Ich hab ja nichts gegen Ausländer" hängen: ABER.

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„Aber bei diesem Politversagen, was ein ganzes Land betrifft, bei dem es sich in meinen Augen um Landesverrat handelt, neige ich dazu, für so einen Fall gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, damit jemand an die Wand gestellt werden kann."

Es ist also raus. René Augusti will die Todesstrafe für Landesverrat einführen. Und die „politische Führung" soll das erste Opfer werden. Man soll ihn natürlich auch nicht falsch verstehen: „Ich gehöre innerhalb der AfD einer Richtung an, die ihr Deutschland auf den Füßen der freiheitlich demokratischen Grundordnung sehen und stolz darauf sind." Nur halt mit Todesstrafe.

Augustis Rechtfertigungen machen seinen Text noch viel bedenklicher. Er spricht davon, dass er sich innerhalb der Partei für Grundrechte wie Religionsfreiheit und für die Rechte von Minderheiten stark gemacht hat. In einer Partei wie der AfD, die offen für eine Abschaffung des Grundrechtes auf Asyl eintritt und keinerlei Probleme damit hat, mit Neonazis auf die Straße zu gehen, sind das wahrscheinlich progressive Ansichten. Aber in der AfD sind anscheinend auch die „progressiven" Kräfte dafür, Menschen, die ihnen nicht passen, an die Wand zu stellen und erschießen zu lassen.

Stefan will auf Twitter niemanden erschießen.


Titelfoto: Cliff | Flickr | CC BY 2.0