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Reichsbürger in Bayern schießt mehrere Polizisten nieder

Die Beamten wollten ihm bei einer Razzia seine Waffen abnehmen.
Foto: imago | Jochen Tack

Ein 49-Jähriger aus dem bayerischen Georgensgmünd hat mehrere Polizisten zum Teil schwer verletzt. Die Polizisten hatten versucht, seine Waffen bei einer Razzia zu beschlagnahmen. Der Mann besaß die Waffen zwar ursprünglich legal. Nachdem die Behörden ihn aber für unzuverlässig erklärt hatten, sollten die Polizisten ihm die Waffen abnehmen.

Als die Beamten um sechs Uhr morgens in sein Haus eindrangen, eröffnete der Mann sofort das Feuer. Der Schütze, der einen Jagdschein besaß, hatte sich mit einer Schussweste im ersten Stock seines Hauses verschanzt und dann durch die geschlossene Tür geschossen. Dabei traf er einen SEK-Beamten mindestens dreimal, einmal davon lebensgefährlich in die Seite.

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Ein anderer Beamter erlitt einen Durchschuss am Oberarm, zwei weitere verletzen sich an umherfliegenden Glasscheiben. Bei der Schießerei wurde der Täter selbst leicht verletzt, konnte aber gefangen genommen werden. Der schwer verletzte Polizist befindet sich im Krankenhaus in Nürnberg, teilte der bayerische Innenminister Herrmann in einer Pressekonferenz am Mittwoch mit. Laut Herrmann gehörte der Schütze zur Bewegung der "Reichsbürger".

Reichsbürger erkennen die Rechtmäßigkeit der Bundesrepublik nicht an, stattdessen glauben sie an eine riesige Verschwörung, die das Fortbestehen des deutschen Reiches vertuschen soll. Viele Reichsbürger haben Verbindungen zur rechtsextremen Ideologie, in Bayern beobachtet der Verfassungsschutz die Bewegung. Da sie den Staat nicht anerkennen, sehen sie auch keinen Grund, dessen Organe ernst zu nehmen. Das kann komische Züge annehmen, zum Beispiel wenn sie sich selber Führerscheine ausstellen oder mit auf den Kopf gedrehten Nummernschildern durch die Gegend fahren. Oder wenn Xavier Naidoo, der der Bewegung nahesteht, im Frühstücksfernsehen erzählt, Deutschland befinde sich noch im Krieg, weil es ja keinen Friedensvertrag habe.

Die Ideologie kann aber auch ernsthaft gefährliche Auswirkungen haben. Die Schießerei in Bayern ist nicht das erste Mal, dass ein Reichsbürger versucht, sich mit Waffengewalt gegen die angebliche Willkür der Polizei zu wehren. Erst im August schoss der ehemalige Mr. Germany Adrian Ursache einen SEK-Beamten an, als die Polizei die Zwangsräumung seines Hauses in Sachsen-Anhalt durchsetzen wollte. Adrian Ursache hatte zuvor auf seinem Gelände den souveränen Staat "Ur" ausgerufen. In einem Video, das der ehemalige Schönheitskönig bei einem früheren Polizeibesuch selbst gedreht hatte, bezeichnete er die Beamten wiederholt als "irgendwelche Kriminelle mit der Wortmarke 'Polizei'".

"Wir müssen die Gefährlichkeit dieser Bewegung höher einschätzen"

Der Schütze in Bayern hatte weder Vorstrafen, noch war er zuvor als Reichsbürger aufgefallen, erklärte ein Mitarbeiter des zuständigen Landratsamts auf der Pressekonferenz. Erst als er sich weigerte, Mitarbeiter des Landratsamts bei einer Routinekontrolle in sein Haus zu lassen, wurden die Behörden hellhörig. Als der Jäger und ehemalige Betreiber einer Kampfsportschule sich auch bei weiteren Besuchen von Beamten weigerte zu kooperieren und dem Amt stattdessen ein Schreiben aushändigen ließ, in dem er "Verhandlungsforderungen" stellte, teilten ihm die Behörden per Bescheid mit, dass sein Jagdschein und seine Waffenbesitzkarte sowie alle Waffen eingezogen werden würden. Als die Frist verstrichen war, beantragte das Amt einen Durchsuchungsbefehl. Am Mittwochmorgen kam es schließlich zu dem missglückten SEK-Einsatz.

"Wir müssen die Gefährlichkeit dieser Bewegung höher einschätzen", erklärte Innenminister Herrmann auf der Pressekonferenz. "Diese Bewegung ist offensichtlich nicht als eine Vereinigung von ein paar Spinnern abzutun", warnte der CSU-Politiker. Stattdessen seien das "Leute, die sich in ihren ideologischen Vorstellungen derartig verrennen, dass sie auch zu brutaler Gewalt in der Lage sind." Herrmann kündigte deshalb eine genauere Prüfung an, welche Reichsbürger in Bayern noch im Besitz von Waffen seien. "Wir werden alle zulässigen präventiven und repressiven Maßnahmen anwenden, um unsere Gesellschaft vor diesen Reichsbürgern zu schützen."

Interessant: Bei dem Mann handelt es sich um einen schwer bewaffneten Rechtsextremen, der offen Rechtsstaat und Verfassung missachtet und versucht hat, Polizisten zu töten. Trotzdem nahm bei der Pressekonferenz des bayerischen Innenministers keiner der Beteiligten das Wort "Terror" in den Mund.