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Sex

Es gibt keine ‚Trennungstrends‘ – du bist einfach nur ein Arschloch

Ihr habt keine Ahnung, was ‚Ghosting' ist? Dann seid ihr beziehungsmäßig nicht up-to-date. Und die besseren Menschen.

Foto: Rafale Tovar | Flickr | CC BY-SA 2.0

Wir sind schon ein Ungetüm. Wir, die Generation Y, die Generation Beziehungsunfähig/YouTube/Smartphone. Eigentlich kann man jedes beliebige Wort hinter „Generation" hängen. Das ist ein ziemlich praktischer journalistischer Kniff, weil der Leser so zum Einen weiß, dass es sich mit so einem Begriff in der Überschrift um einen Text handelt, der irgendetwas gesellschaftlich Allgemeingültiges haben soll—und sich zum anderen auch direkt angesprochen fühlt, wenn er sich irgendwo zwischen seinem 16. und 30. Lebensjahr befindet.

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Diese „Generation" aus jungen bis nicht mehr ganz so jungen Menschen wird sehr gerne von Magazinen angesprochen, weil sie Smartphones besitzen, ständig auf Social-Media-Kanälen rumhängen und demzufolge auch gerne mal etwas teilen. Geteilte Artikel bedeuten Traffic und Traffic ist das Blut, das durch unsere redaktionellen Adern pumpt—von Zeit Online bis Buzzfeed. Wichtig, wenn man diese Kommunikationstausendsassas ansprechen möchte, ist es, ihnen das Gefühl zu geben, dass gerade etwas wahnsinnig Wichtiges passiert, an dem sie eigentlich teilhaben müssten. Irgendeine Art … „Trend". Und wenn schon tausendmal darüber geschrieben wurde, inwiefern und warum überhaupt unsere „Generation" Probleme damit hat, den Partner fürs Leben zu finden, muss man einen Schritt weitergehen. So oder so ähnlich mag der Begriff des „Trennungstrends" geboren worden sein.

Ja, Trennungstrend. So wie Modetrend, nur mit weniger Elasthan und mehr emotionalem Zusammenbruch. Auch ich dachte bisher, dass Trennungen etwas überaus Persönliches und Hochkompliziertes sind, das jedes Menschenpaar ganz für sich selbst ausmachen muss. Samt Sexrückfällen, betrunkenen Samstagabend-SMS und hysterischen Wutanfällen mit Telefon durchs Schlafzimmer schmeißen—und anschließend panisch hinterherhechten, um zu schauen, ob das Display gesprungen ist. Aber das ist scheinbar falsch. Nur damit ihr Bescheid wisst: Wer in Beziehungsdingen up-to-date sein möchte, trennt sich heutzutage via „Ghosting". Oder, um es mit anderen Worten zu sagen: Ihr meldet euch einfach nicht mehr.

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Der Begriff geistert (haha!) bereits seit letztem Jahr durch die Beziehungsratgeber-Websites und Urban Dictionaries, zu ganz neuer Popularität wurde dem wohl hurensöhnigsten Weg, eine Beziehung zu beenden, allerdings durch Charlize Theron und Sean Penn verholfen. Die beiden Schauspieler, die vor Kurzem noch von Klatschblatt-Redakteuren mit Tränen in den Augen als das neueste Traumpaar Hollywoods deklariert wurden, haben sich nämlich trotz geplanter Hochzeit getrennt—respektive: Charlize Theron soll sich einfach nicht mehr bei Sean Penn gemeldet haben.

„Ghosting!" murmelten diverse Medien allwissend und riefen eine womöglich Jahrtausende alte Vermeidungstaktik zum neuen „Trennungstrend" aus. Vielleicht bin ich in Beziehungsdingen etwas speziell oder habe ein allgemein übermenschlich hohes Aggressionspotential, aber: Das hat mich ein bisschen wütend gemacht. Und da das Thema scheinbar immer noch nicht gegessen ist, werde ich euch nun erklären, was daran so falsch ist.

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Klar, es ist irgendwie immer ein bisschen einfacher, jemanden zu ignorieren, der einem zu sehr auf die Nerven geht. Zum Beispiel Leute, denen man nur seine Nummer gegeben hat, damit sie endlich aufhören, einen vollzureden. Oder Menschen, mit denen man gruseligen Sex hatte und bei denen man hofft, dass man ihnen nie wieder über den Weg läuft. Wenn du aber mit jemandem in einer Beziehung warst und dann plötzlich vom einen auf den anderen Tag jeglichen Kontakt abbrichst—dann bist du kein Trennungstrendsetter, sondern einfach nur ein Arschloch. Und es gibt absolut keinen Grund, das in irgendeiner Art und Weise schön zu reden oder durch trendig-englische Begriffe zu einer okayen Lifestyle-Entscheidung zu erheben.

Und was heißt das mit dem Trend eigentlich? Dass das jetzt total viele Leute machen, weil Charlize Theron, Hollywoodstar der Herzen, es vorgemacht hat? Gibt es irgendjemanden da draußen, der einen Artikel über „Ghosting" liest und sich anschließend denkt: „Boah, wie peinlich. Jetzt habe ich Stefan doch tatsächlich MITGETEILT, dass ich nicht mehr länger mit ihm zusammensein möchte. Dabei ist das total OUT!"? Wenn ja: MÖCHTE man mit diesen Menschen überhaupt zusammen sein? Da wünscht man sich doch fast die Zeiten zurück, in denen die Leute zumindest noch offen zugegeben haben, dass sie sich kindisch verhalten und einfach schlechte Menschen sind.

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Was lernen wir daraus? Wenn irgendjemand mit genügend großem Bekanntheitsgrad etwas tut, kann selbst der explosive Sprühdurchfall zum nächsten großen Fäkalientrend werden. Im Gegensatz zum gehypten „Ghosting"-Arschlochverhalten wäre das zumindest lustig.

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