Drogen

Diese lebensverändernden Erkenntnisse hatten Menschen auf Psychedelika

"Winzigen Maschinenelfen flüsterten mir total positive Sachen ins Ohr."
Eine bunte Illustration zeigt eine junge Frau mit weit aufgerissenen Augen; in unserem Artikel berichten Menschen von lebensverändernden Erkenntnissen, die ihnen auf Psychedelika kamen
Illustration: Helen Frost 

Psychedelische Drogen sind in der Lage, Leben zu verändern. OK, sie sind auch in der Lage, deine Katze wie einen Stein aussehen zu lassen, aber wenn sie dich richtig packen, können die Auswirkungen dich zu einem neuen Menschen machen.

Einige Politiker sind leider immer noch der Meinung, dass jede Droge eine "giftige Plage" für die Gesellschaft sei. Aber in akademischen Kreisen wird man sich immer mehr dem therapeutischen Potenzial gerade von Psychedelika bewusst. In vielen aktuellen Forschungen hat man die Wirkung von Psilocybin bei der Behandlung von Depressionen untersucht. In Großbritannien testet man das Gleiche mit DMT. Und in einer Studie kam man zu dem Schluss, dass selbst schlechte Trips manchen Menschen "lebensverändernde Erkenntnisse" gebracht hätten. Dass man dennoch genau auf die Dosierung, ein angenehmes Umfeld und die eigene Stimmung achten sollte, bevor man Psychedelika konsumiert, ist natürlich Grundvoraussetzung. 

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Wie lebensverändernd solche Erfahrungen potenziell sind, kann auch ohne Studie jeder sagen, der schon mal Psychedelika wie Magic Mushrooms, LSD oder DMT konsumiert hat. Wir haben einige Menschen gebeten, uns von ihren einschneidendsten Erkenntnissen während der Trips zu erzählen. Um ihre Identität zu schützen, haben wir bei manchen den Namen geändert.


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Sumiyah, 24: "Ich heulte wie ein Baby"

In meinem zweiten Jahr an der Uni nahm ich eine Psilocybin-Pille, die mir ein Kumpel verkauft hatte. Während des Rauschs wurde mir im Grunde klar, dass ich mich selbst nicht gut genug kannte, um mich anderen Leuten gegenüber zu öffnen – wahrscheinlich, weil ich erst 20 war. Außerdem verstand ich, dass niemand aus meinem Freundeskreis mich wirklich kannte.

Ich heulte wie ein Baby, aber gleichzeitig half mir das dabei, wichtige Entscheidungen darüber zu treffen, wer ich wirklich sein will und wie ich mich präsentiere. Das alles hat dazu geführt, dass ich heute so selbstsicher bin und mir egal ist, wenn mich jemand nicht mag. Immerhin verstelle ich mich nicht.

Chomsky, 23: "Du bist nur ein winziges Staubkorn in diesem unendlichen Kosmos"

Auf den Philippinen ging ich in eine Magic-Mushroom-Bar, in der man Pilz-Cocktails servierte, und bestellte mir dort versehentlich die doppelte Menge, weil ich mich mit der Währung nicht auskannte. Also nahm ich auch das Doppelte der Dosis, die für die meisten Menschen empfohlen wird – ganz zu schweigen von den Leuten, die noch nie Magic Mushrooms oder irgendwelche anderen Psychedelika genommen haben.

Ich entschied mich, alleine im Wald spazieren zu gehen, und entdeckte einen Hügel, von dem aus man eine tolle Aussicht auf die Bäume hatte. Auf diesem Hügel durchlebte ich die sogenannte Ich-Auflösung: Dabei vergisst man im Grunde, welche Bedeutung man hat, und sieht sich selbst als komplett unbedeutend im großen Ganzen des Universums und der Zeit. Du kannst die berühmteste Person der Welt sein – keine Ahnung, David Attenborough oder so –, aber in einer Million Jahren weiß absolut niemand mehr, wer du mal warst. Du bist nur ein winziges Staubkorn in diesem unendlichen Kosmos. Das war meine Haupterkenntnis.

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T, 22: "Ich sagte ihm, dass ich nie wieder etwas von ihm hören wolle"

Als ich 17 war, kam ich mit einem Typen zusammen, der eine genaue Vorstellung davon hatte, wie eine Frau "sein sollte". Das war teilweise sehr extrem, zum Beispiel in die Richtung: "Eine Frau hat ihre Arme immer zu bedecken und muss zurückhaltend sein". Er war extrem misogyn. Aber in dem Alter war ich noch sehr leichtgläubig und konnte mich nicht wirklich wehren. Deswegen blieben viele der Dinge, die er sagte, bei mir hängen.

Irgendwann nach meinem 20. Geburtstag bekam ich eine Nachricht von einer ehemaligen Mitschülerin, sie wollte mit mir nach Amsterdam. Am zweiten Tag dort entschieden wir uns, Magic Mushrooms auszuprobieren. Während des Trips sah ich mein Spiegelbild und dachte mir: "Ich bin so viel mehr wert, als ich mir eingeredet habe. Und ich bin zu so viel mehr fähig." Ich hatte einen großen Teil meiner Persönlichkeit verloren, weil ich versuchte, mich für meinen Freund zu mäßigen. Als ich wieder zu Hause war, hörten er und ich nach drei Jahren Beziehung auf, miteinander zu reden. Einfach so. Ich musste ihm nicht mal etwas sagen.

Nach sieben Tagen Funkstille kam es zu einem letzten Gespräch. Ich sagte ihm, dass ich nie wieder etwas von ihm hören wolle. Während der psychedelischen Erfahrung in Amsterdam fühlte es sich für mich so an, als würde sich alles im Universum plötzlich perfekt zusammenfügen. Mir wurde endlich klar, dass ich drei Jahre lang missbraucht wurde – und dass ich ein eigenes Leben vor mir habe.

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Georgie, 21: "Ich wusste plötzlich viel besser zu schätzen, was meine Freunde alles für mich getan hatten"

Vor ein paar Jahren nahm ich LSD. Ich war ziemlich unsicher, weil damals auch der Beginn meines Studiums anstand, und die große Veränderung mich doch recht nervös machte. Und es heißt ja, dass man Psychedelika nur nehmen sollte, wenn es einem gut geht. Aber anstatt meine Sorgen zu verstärken, half mir die Droge, mich beim Gedanken an die Veränderung zu entspannen.

Ich weiß noch, wie ich umgeben von meinen Freunden dachte, wie schön es ist, sie alle um mich zu haben. Die Erfahrung hat meine Ansicht zum Thema Freundschaft stark verändert: Freunde kommen und gehen – und das ist vollkommen OK. Andere Menschen können dich unterstützen und dein Leben bereichern, aber sie tun das nur selten für immer. Durch diese Erkenntnis wusste ich es plötzlich viel besser zu schätzen, was meine Freunde alles für mich getan hatten. Und ich machte mir weniger Sorgen darüber, wie und wann diese schöne Zeit zusammen zu Ende gehen könnte. Seitdem nehme ich es nicht mehr so persönlich, wenn Leute wieder aus meinem Leben verschwinden.

Lydia, 20: "Wenn jeder gleich wäre, wäre das Leben total langweilig"

Meine einschneidende Erkenntnis kam, als ich zum zweiten Mal LSD nahm. Zu diesem Zeitpunkt war die Coronakrise gerade in vollem Gang, und ich ziemlich niedergeschlagen. Zusammen mit ein paar Freunden und meinem Partner setzte ich mich auf einen Hügel, es war ein echt schöner und herzerwärmender Tag. Durch COVID fühlten wir uns aber wie eingesperrt, so als ob wir unsere besten Jahre verschwenden würden. 

Damals hatte ich auch große Probleme mit meinem Selbstvertrauen. Ich glaube, ich hatte mich in meinem ganzen Leben noch nie so schlecht gefühlt. Irgendwie wurde mir durch den Tag mit meinen Freunden auf dem Hügel aber klar, dass es schon seinen Grund hat, warum ich so bin, wie ich bin. Wenn jeder gleich wäre, wäre das Leben total langweilig.

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Ich hörte auf, so negativ zu sein: In der Vergangenheit trat ich oft unnötig zickig und herablassend auf – vor allem Leuten gegenüber, die ich nicht kannte. Ich dachte lange darüber nach, warum ich das tat, und realisierte, dass mein kaum vorhandenes Selbstbewusstsein dafür verantwortlich war. Jetzt verhalte ich mich anders und bin viel selbstbewusster.

Benjamin, 20: "Diese winzigen Maschinenelfen flüsterten mir total positive Sachen ins Ohr"

Es geschah, als ich zum zweiten oder dritten Mal DMT rauchte. Ich verkroch mich in mein Bett, lag in der Embryonalstellung auf der Matratze, und diese winzigen Maschinenelfen fummelten an mir herum. Dabei flüsterten sie mir total positive Sachen ins Ohr – zum Beispiel, dass man mich lieben und umsorgen würde. Dadurch breitete sich in mir drin ein warmes Gefühl aus.

Ich glaube, keine andere meiner Psychedelika-Erfahrungen hat sich so stark auf mich ausgewirkt. Das Ganze hat einen Großteil meines vergangenen Jahres geprägt. Dadurch habe ich mich definitiv bodenständiger und viel wohler gefühlt – und so, als ob mich mein Umfeld wirklich will und braucht.

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