Ich bin Fußballfan(in). Schon immer gewesen. Ich unterstütze meinen Verein jedes Wochenende und verachte die Sommerpause. Und ja, ich verfolge auch die Spiele der deutschen Nationalmannschaft. Gehe auch mal zum Public Viewing während den großen Turnieren. Früher war das auch noch cool. Man traf sich mit anderen feierwütigen Fußballliebhabern. Frau wurde respektiert, wenn sie Ahnung von Fußball hatte oder verhielt sich zumindest unauffällig. Man kam gut miteinander aus. Doch seit der WM 2006 ging es mit der Emanzipation steil bergab. Blankziehende Trikotmodels und hysterisch kreischende Blondies, die ihre Chihuahuas in der Handtasche durch das Publikum schleudern und teuer bezahltes Bier verschütten, hielten Einzug unter den Schland-Fans. Wenn ich dann doch lieber Zuhause schaue – kommt die Fußballmuddi um die Ecke und fragt mich während der entscheidenden Phase des Spiels, ob ich nicht mal neuen Hugo für ihre Freundinnen anrühren könnte. Mir reicht es! Hier eine Typologie der schlimmsten weiblichen Fußball-„Fans":
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Die Miss Public Viewing
Liebt Orte mit großen Menschenansammlungen. Geht eigentlich noch lieber ins Stadion, wenn sie Karten ergattern kann. Ansonsten ist Public Viewing auch immer eine Option. Kann Fußball erst so richtig genießen, wenn sie von einer Menge besoffener „SCHLAND"-Skandierer zerquetscht wird. Der Sport an sich interessiert Miss Public Viewing eigentlich gar nicht besonders, aber Spiel und Spaß drum herum findet sie wunderbar. Böse Zungen würden sie unter dem Begriff „Eventie" abstempeln. Wenn im Supermarkt die ersten Schland-Utensilien ausliegen, greift sie mit beiden Händen zu. Hat an jedem Fenster ihres Autos gefühlt drölf Fahnen befestigt und der Schminkstift in Deutschlandfarbe von vor zwei Jahren liegt auch noch in der Badezimmerschublade rum. Die liebe Miss zeichnet sich zudem dadurch aus, dass sie die erste Viertelstunde des Spiels damit zubringt, zu überlegen, ob wohl der Instagram-Filter „Lo-Fi" oder „Valencia" die Tanne hinter der Leinwand besser zur Geltung kommen lässt. In der Halbzeit kommt Miss Public Viewing auf die glorreiche Idee erst aufs Klo und anschließend Bier holen zu gehen. Die zweite Hälfte des Spiels verpasst sie deshalb zwar, aber dafür ist sie glücklich endlich mal stilecht Bier aus einem Plastikbecher trinken zu dürfen. Die acht anderen Bier, die sie für ihre Kollegen mitbringen sollte und für die ihr Monatsgehalt draufgegangen ist, werden mühsam auf zwei ausgerenkte Hände verteilt und anschließend aus eben jenen geschlagen, weil SCHWEINI zum 2:0 gegen Italien getroffen hat und ein unkontrollierter Jubelsturm losgebrochen ist. Arme Miss Public Viewing.
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Die Schokoschnute
Ach, ist schon wieder EM? Hat mit Sport eigentlich nichts am Hut, findet aber Nutella gut. Und Kinder Schoki auch. Die Sammelaktionen diverser Süßwarenhersteller haben bei der Schokoschnute wieder voll angeschlagen. Hätte sich von dem Geld für Nutella genauso gut zwei Originaltrikots kaufen können. Netter Nebeneffekt: hat durch geschickte PR-Aktionen von Ferrero gefährliches Halbwissen. Weiß wie Poldi, Boateng, Götze und Co als Kinder aussahen. Unschöner Nebeneffekt: Nutella hinterlässt seine Spuren.
Das Trikotmodel
Bekennt—natürlich—Farbe und trägt immer das neueste Trikot, in jedem Falle figurbetont. Für sie ist, ähnlich wie für Miss Public Viewing, jede EM und WM auch immer ein Schaulaufen. Ihre Ray-Ban-Brille hat sie lässig auf den Kopf gesteckt. Das Trikotmodel erkennt man außerdem daran, dass sie zu Beginn des Spiels gewissenhaft nachfragt, ob die in den weißen Trikots jetzt wirklich die Deutschen sind: „nur nochmal zur Sicherheit". Mindestens genauso gewissenhaft hat sie sich die Deutschland Flagge auf die Backe…äääh in den Ausschnitt gemalt – „uuuups, wie konnte das nur passieren?" Fingernägel und Lippen sind natürlich auch im Schland-Modus präpariert. Himmelt außerdem Mats Hummels an und findet Emre Can süß.Fällt dadurch auf, dass sie nie müde wird, zu betonen, wie sehr sie den Fußball doch liebt. Findet Fans auf nationaler Ebene doof. Wenn man Fußball mag, dann doch bitte schön richtig und nicht nur weil die Sonne scheint und EM ist. Hat im Zweifel selbst Fußball gespielt und nervt ihre männlichen Mitbürger mit Fachwissen, das so manchem Mann Angst einflößen kann. Betont am Rande immer wieder, dass die Frauen-Nationalmannschaft im Gegensatz zu den Männern viel zu wenig Aufmerksamkeit erfährt.
Die Emanzipierte
Die Fußballmuddi
Fährt den Mini-Van mit den Kiddies sicher zum Fußball-Training. Sonntags ist sie von G- bis A-Jugend bei jedem Spiel dabei. Bei der EM organisiert sie Grillpartys für die Sprösslinge, backt Kuchen im Deutschland-Look und hat neben rotem Ketchup und gelbem Senf auch leicht verkohlte, schwarze Bratwürstchen im Repertoire. Die Fußballmuddi besticht nicht nur durch ihr kulinarisches Know-How, sie weiß auch, wie man Junggesellen in der Schlange bei Rewe an der Kasse am besten die DFB-Fansticker abluchst. Nicht nur das: sie ist zudem immer up to date und weiß, was die letzten Wochen im Trainingslager abging, wer verletzt ist oder wer erst gar nicht nominiert wurde. Fragt sich zwar, womit sie diese fußballverrückte Familie verdient hat, ist unterm Strich aber kein Unmensch und erlaubt den Kleinsten dann doch noch die zweite Halbzeit zu gucken.
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