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Keine Tricks, kein Deck, keine Kultur: Kein Mensch braucht ein postmodernes Skateboard

Kulturlos wie ein internetvernetztes, silbergraues Kompaktauto und leise wie die Mittagsruhe in einer schwäbischen Kleinstadt.
​Gut, dass der Junge endlich so saubere Schuhe hat. Bild: ​Hammacher Schlemmer. Mit freundlicher Genehmigung 

Wow, schau dir diesen dynamischen jungen Menschen auf dem Bild an. Er oder sie offenbart uns mit seinen „sidewinding circular skates" die Zukunft des Skateboardings. Er grindet nicht mehr, er gleitet. Lass dich auf keinen Fall täuschen—das sind beileibe keine uncoolen Rollerblades, in die du einfach nur seitwärts hereinschlüpfst. Nein, das ist ein postmodernes Skateboard!

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Diese Revolution wird ohne Board geliefert, dafür aber mit einer Chromstange, die die beiden pizzagroßen Gummireifen zum einfacheren Erlernen der Seitwärts-Neigetechnik verbinden kann. Damit das kreisförmige postmoderne Skateboard nicht von den Knöcheln rutscht, kann es mit bequemen Klettstreifen am Fuss festgeschnallt werden.

Postmodernes Skateboarding is not a crime. Bild: ​Hammacher Schlemmer | Mit freundlicher Genehmigung

Platz für Sticker gibt es nicht mehr, weil nun mal das Deck fehlt, doch Steve Caballero wäre trotzdem stolz; nicht nur auf die blitzsauberen Chucks, mit denen du auch eine gute Figur beim Sonntagskaffee mit Oma machst. Auch die Jeans des Models sitzen 1-A und sehen einwandfrei ordentlich aus. Und wenn sich die rollende Jugend jetzt fragt, wo dieses einzigartige Trendgerät zu haben ist: Dann schau einmal im  Novelty-Shop ​Hammacher Schlemmer vorbei, der ist spezialisiert auf teure Fortbewegungsmittel für Menschen, die schon alles haben. Dort gibt es auch Schnorchelschwimmwesten oder multifunktionale Amphibienfahrzeuge, die praktischerweise als U-Boot eingesetzt werden können.

Beeindrucke alle deine Freunde mit lustigen Ringen an den Füßen und schlängele dich morgens elegant über die Einfahrt zum Eingang deiner Firma. Dank der robusten knallroten Gummireifen stellt auch sehr kurzes Gras kein Problem mehr dar.

Die permanente Bodenhaftung stellt sicher, dass dieses Freizeitgerät ein geräuschloser Spaß ist, der sich ausgesprochen kompatibel in gentrifizierte Nachbarschaften einfügt. Keine weinenden Babies, keine meckernden Rentner—endlich ist Skateboarding sauber und leise wie die Mittagsruhe in Schwaben, statt ein zerstörerisches Gefahrenpotential zu bergen:

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Es gibt zum Glück so gut wie keine Möglichkeit, irgendwas Gefährliches mit dem Ding zu machen. Sollte es doch mit dir durchgehen und du zum Sprung ansetzen wollen, fallen dir die Ringe (falls nicht ordentlich festgeklettet) zuverlässig von den Füßen. Die Möglichkeit zu krassen Kickflips und Ollies und damit auch die Verletzungsgefahr werden auf ein absolutes Minimum reduziert.

Der Soundtrack zu dieser radikal neuen Art der Fortbewegung ist ebenso packend wie das Design und schreit geradezu nach Auflehnung, grenzenloser Freiheit und pubertärer Rebellion im 21. Jahrhundert:

Das Feature auf der Titelseite des Thrasher Magazine lässt zwar noch auf sich warten, aber schon jetzt ist das postmoderne Skateboard das ultimative Gagdet der Zukunft. Zumindest einer Zukunft, die so kulturlos ist wie ein internetvernetztes silbergraues Kompaktauto und so elegant und sicher wie eine Carloft-Wohnung in Kreuzberg.