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Architekten lassen im Herzen Amsterdams ein 3D-gedrucktes Kanalhaus entstehen

DUS Architects wollen die Stadtplanung mit 3D-gedruckten Häusern revolutionieren.
Vision der Architekten von einer 3D-gedruckten Häuserzeile. | Bild mit freundlicher Genehmigung von DUS Architects.

„Wir verbinden die traditionellen Errungenschaften mit den globalen Entwicklungen des 3D-Druck." Solche Totschlag-Ansagen sind nicht nur wunderbar pathetisch, sie sind auch gemeinhin schnell ausgesprochen. Der neueste Anwärter auf die perfekte Symbiose aus alt und neu ist nun das 3D-gedruckte Kanalhaus, das DUS Architects gerade nach und nach in Amsterdam errichtet.

Ausgangsort ist das traditionsreiche, vor 400 Jahren entstandene Kanalsystem Amsterdams. Laut DUS Architects handelt es sich dabei um eines der ersten sozialen Netzwerke und um eine Vorform des Internets. Die Sache ist also eindeutig: Nirgendwo passt ein 3D-gedrucktes Haus besser in die Geschichte eines Ortes als an dieser alten und doch fortschrittlichen Verkehrsader.

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Bastelsachen für ein Mini-3D-Haus. | Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von DUS Architects.

Einzelteile für den Hausdruck.

Sogar Barack Obama wollte die Hausrevolution besichtigen.

Jenseits der Möglichkeit, ein gedrucktes Haus nach Belieben zu verzieren, zu verschnörkeln und zu individualisieren, verbindet das 3D-Haus diverse Vorteile der modernen Welt. Als Rohstoff bietet sich Recyclingplastik an, das Haus kann individuell je nach den Annehmlichkeiten des Häuslebauers geplant und erstellt werden und falls es irgendwann doch nicht mehr gefällt, lässt es sich ganz einfach einschmelzen und als Ausgangsmaterial für neue Produkte verwenden.

Auch wenn es sich hierbei um ein Pilotprojekt handelt, stellt sich mir die Frage, wer denn in einem Plastikhaus wohnen möchte. Denn selbst wenn 3D-Druck mit unterschiedlichen Materialien möglich ist, so ist es fraglich, wie viel angenehmer diese Druckerhäuschen im Vergleich zu einem Leben in Zeltatmosphäre und Baustellencontainer sind.

„Der Prozess findet direkt vom Ausgangsmaterial zum finalen Produkt statt, das reduziert den Müll. Es gibt keine Transportkosten, da der Druck lokal erfolgt", argumentieren die Designer. So lassen sich auch noch weitere globale Herausforderungen aus der Welt schaffen. „Es ist nicht mehr billiger, Produkte in anderen Ländern wie China oder Bangladesch herstellen zu lassen. Jeder kann alles ganz einfach vor Ort produzieren."

Der Kamermaker.

Auch wenn der Druck eines Hauses in Einzelteilen erfolgt, benötigt man für die großen Teile natürlich einem riesigen 3D-Replikator. Die Holländer erfanden dafür den Kamermaker, der einfach eine extrem große Version des herkömmlichen Desktop-Druckers Ultimaker ist und damit ein herkömmlicher 3D-Drucker in extrem großem Maßstab. Als Material verwenden die Holländer Bioplastik, eine Art Industriekleber aus 80% Prozent Pflanzenöl namens Makromelt, das von der Firma Henkel entwickelt wurde.

Rein technisch kann der Kamermaker jedes Material drucken, das sich auf eine bestimmte Temperatur erhitzen lässt. Angeblich experimentieren die Architekten auch mit Holz, doch irgendwie klingt diese Methode dafür relativ unwahrscheinlich. Doch relativ unwahrscheinlich erschien ja noch vor wenigen Jahrzehnten die gesamte Idee des 3D-Drucks als Demokratisierung der Produktion.

Einen interessanten Gedankengang wirft die Entwicklung in jedem Fall auf, nämlich, inwiefern 3D-gedruckte Häuser die Immobilienwelt verändern könnten. Werden Immobilienmarkler aussterben und die Grundstücksmakler ihren zweiten Frühling erleben? Wie oft darf ein Haus abgerissen und wieder aufgebaut werden ohne, dass es die Nachbarn stört? Ergibt sich dadurch eine Lösung für die Wohnraumknappheit oder entsteht lediglich ein neues Müllproblem?