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Der Führer lädt zur Vernissage

Alle sind ganz aufgeregt, denn es gibt eine neue Hitler-Ausstellung in Berlin, davon gab es anscheinend noch nicht genug. Aber eigentlich war es ja klar, dass es doch ein gefundenes Fressen für die Medien war und alle hinrennen würden.

Werden Hitlers Taten verharmlost? Waren er und seine Gang doch eine ganz dufte Truppe? Wollen wir eine Christbaumspitze in Form eines goldenen, glitzernden Hakenkreuzes sehen? Gehen da nur Nazis hin? Wer interessiert sich eigentlich dafür? Besonders am Tag der Eröffnung liefen die Fragen in Endlosschleife. Aber gut, wir sind auch ein wenig neugierig geworden, wollten mitspielen und ein paar Fragen stellen. Ich machte mich also auf den Weg, um zu schauen, wer das so ist, der dem Führer die letzte Ehre erweist und sich stundenlang anstellt um seinen Weihnachtsschmuck zu bewundern. Ok, ich war auch scharf auf einen gut sortierten Merchandisestand im Museumshop: „Unterwegs auf der Reichsautobahn, ein Brettspiel für die deutsche Familie“. Ein Klassiker.

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Das ist Christian aus Göttingen.

Vice: Wie hat dir die Ausstellung gefallen?

Christian: Ja, wie hat mir die Ausstellung gefallen? Ich fand sie sehr anstrengend, es ist alles düster gehalten und viel Text an den Wänden. Mein Sohn wollte dann auch eher raus, für ihn war das noch nichts. Jetzt warten wir hier auf die anderen von unserer Truppe, die sich die Ausstellung doch intensiver anschauen wollen.

Die Medien haben sich ja gleich auf dieses Thema gestürzt und meinten, die Ausstellung würde nicht die eigentlich Grausamkeit Hitlers rüberbringen.

Nein das würde ich nicht sagen, es war weder etwas zu sehen, was Gewalt verherrlicht, noch wurde Hitler als symphatischer Typ dargestellt.

Denkst du, es gibt heute einen Menschen in der Öffentlichkeit, der gut in die Rolle Hitlers passen könnte?

Also jetzt direkt fällt mir da keine bestimmte Person ein. Ich könnte mir vorstellen, dass es einige versuchen würden, aber damit würden sie nicht durchkommen. Da gibt es genug Leute, die auf sowas aufpassen.

Cordula und Karo aus Passau.

Was treibt euch nach Berlin?

Karo: Die typischen Touristengründe. Wir wollten in ein paar Museen gehen und sind gerade hier vorbei gelaufen. Wegen der Hitler-Ausstellung sind wir nicht extra nach Berin gekommen.

Brauchen wir denn noch eine Ausstellung über Hitler?

Trotz all den Sachen die er getan hat, war er ja ein Mensch. Es steckt ja ein Mensch hinter diesem Mythos Hitler. Und etwas mehr über diese Person zu erfahren, ist doch keine schlechte Sache.

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Könntest du dir denn jemanden aus unserer Gesellschaft vorstellen, der skrupellos genug ist, den Job von Hitler zu übernehmen?

Ich fand Hitler war ein sehr guter Redner und da gibt es schon einige, die ihm da in nichts nachstehen. Westerwelle zum Beispiel, den finde ich da schon ein wenig gefährlich.

Und du? Bist auch als Tourist in Berlin oder hat dich der Führer nach Berlin geholt?

Cordula: Ja ich bin nur hier um die Sadt ein wenig zu erkunden. Wegen Hitler würde ich nicht durch halb Deutschland fahren.

Denkst du man könnte das deutsche Volk nochmal so anheizen, dass wirklich wieder alle mitmachen würden?

Ich glaube, die Jugend ist heute schon viel revolutionärer eingestellt als damals. Man denkt mehr nach, bevor man blind jemandem hinterher läuft. Und gerade deshalb finde ich es sehr wichtig, dass man über diese Zeit genau Bescheid weiß. Denn der Mensch ist ein Herdentier, einer schreit und alle schreien mit. Vielleicht nicht in diesem Ausmaß wie damals, aber Abstufungen davon sind sicherlich möglich.

Ich war vorhin in der Ausstellung und habe viele Kinder gesehen, denkst du das ist die richtige Nachmittagsbeschäftigung für einen Siebenjährigen?

Ich glaube nicht, dass eine Ausstellung der richtige Weg ist, einem Kind den Nationalsozialismus zu erklären. Sowas sollte eher zu Hause passieren. Kinder sind nicht dumm, man darf sie da nicht unterschätzen. Aber für diese Thematik braucht man schon ein paar Hintergrundinformationen, ich glaube eine gute Zielgruppe für die Ausstellung sind die Kids ab 14 oder 15 Jahren.

Ich hatte vorhin auch einen Vater, der mit seinem neunjährigen Sohn eher raus musste, weil der Kleine das einfach zu krass fand.

Ja das ist definitiv zu früh!