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Scheintote leben länger: US Ärzte testen Unterkühlung als Lebensretter

US-Ärzte testen erstmals Unterkühlung als lebensrettende Massnahme bei Schwerverletzten.
Bild: U.S. Navy / Wikimedia | Public Domain

„Fünfjährige überlebt Einbruch ins Eis. Herz des Mädchens schlug 30 Minuten nicht". Solche Meldungen waren der erste Hinweis darauf, dass Unterkühlung manchmal Leben retten kann. Ärzte in Pittsburgh haben jetzt erstmals die behördliche Erlaubnis der FDA die Körper von Schwerverletzten aktiv zu unterkühlen, um zu testen, ob das Prinzip systematisch zur Erhöhung der Erfolgsrate von lebensrettenden Maßnahmen eingesetzt werden kann.

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Wenn du unterkühlst, dann fängt dein Körper unter 36 Grad an zu zittern und hört damit bei unter 33 Grad Körpertemperatur wieder auf—wobei du langsam wegdämmerst. Wer längere Zeit unter 30 Grad rumliegt, der stirbt. Unterkühlung erscheint also nicht gerade als optimale Behandlung, wenn du gerade einen schweren Verkehrsunfall hinter dir hast.

Dass im Eis eingebrochene Menschen 30 Minuten und mehr ohne Herzschlag überleben und man bei Unterkühlung wegdämmert hat aber einen gemeinsamen Grund: Herz, Gehirn und alle andere Gewebe fahren ihre Aktivität soweit herunter, dass sie nur noch extrem wenig Sauerstoff zum Überleben brauchen. Wo Hirnzellen bei Zimmertemperatur nach 5 Minuten sterben und Herzzellen nach 20-30 Minuten wird diese Todesschwelle bei Unterkühlten massiv nach hinten verschoben.

Dass der kalte Scheintod die Überlebenschancen erhöht ist von Bakterien und mikroskopischen Tieren bekannt. Ob dieses Prinzip jedoch auch, ausserhalb des Kryo-Schlaf in Science-Fiction-Filmen, auf grössere Tiere und auf Menschen anwendbar ist, wurde erst vor Kurzem getestet. Im Jahr 2006 erschienen die Ergebnisse einer Studie in PNAS in der Schweine (unter Narkose) lebensgefährlich verletzt wurden, viel Blut verloren und dann notfallmedizinisch versorgt wurden. Von den zehn Tieren, die direkt behandelt wurden, überlebte kein einziges. Aber von zehn weiteren Tieren, die sofort auf 10 Grad Celcius heruntergekühlt wurden, indem kaltes Wasser in die Herzschlagader gepumpt wurde, überlebten am Ende neun ohne Folgeschäden.

Genau diese Methode darf ab jetzt von den Ärzten am Presytarian Hospital in Pittburgh an zehn Traumapatienten getestet werden. Sie wollen durch die Abkühlung des Körpers auf zehn Grad rund zwei Stunden Zeit gewinnen. Das entspricht zwar noch nicht ganz den futuristischen Fantasien durch jahrzehntelange Einfrierung in den Genuss fortschrittlicher medizinischer Behandlungen zu kommen. Auch das müsste wohl erst an Tieren getestet werden. Aber vom Schwein zum Menschen ist es ja, medizinisch gesehen, nur ein kleiner Schritt.