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Die Diskussion um Puls in Bayern zeigt, was in Deutschland falsch läuft

Alte Menschen regieren das Land, vor allem wenn es um öffentlich-rechtliche Medienanstalten geht. In Bayern tobt gerade ein Streit um Klassik versus Jugendradio!

Foto: BR/Julia Müller

Der Pott hat EinsLive, Berlin/Brandenburg hat Fritz und Hessen hat YouFM. Nur Bayern hat nichts. Kein öffentlich-rechtliches Radio für unter 40-Jährige. Und auch wenn Du wahrscheinlich eh nicht da wohnst und wahrscheinlich nicht mal Rundfunkgebühren zahlst, was da grad in Bayern abgeht, zeigt, was falsch ist in Deutschland.

Alte Menschen regieren das Land. Pathetisch vielleicht, übertrieben nicht wirklich. Im Bundestag wird dauernd über die Rente gesprochen, Autobahnen bekommen mehr Aufmerksamkeit als Schulen und Unis und warum nur schauen wir alle kein Fernsehen mehr? Weil selbst „Qualitätsprogramme“ wie ARD, ZDF und Konsorten einmal in der Woche nachts um 3 was Gutes zeigen und sonst nur weichgespülten Mist oder irgendeine Diskussionsrunde über, genau, Renten. In Bayern ist es jetzt also so, dass das Jugendradio Puls (Ex-on3) ein paar UKW-Frequenzen bekommen soll. Das würde bedeutet, dass der kleine, kaum gehörte Sender aus der digitalen Bedeutungslosigkeit herausgeholt würde und auch in Küchen- und Autoradios zu empfangen sein wird. Bisher gibt es Puls im Stream, was natürlich super ist für alle, die über Stream hören. Aber nicht alle sind so internetsüchtig wie wir, viele junge Menschen hören tatsächlich ganz altmodisch Radio, das ist bei sauteuren Digitalradios ja auch eine Frage des Geldes.

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Die mögliche Lösung: Der Bayerische Rundfunk hat eine begrenzte Anzahl dieser Frequenzen und hat die besetzt mit einem Heimatsender, einem Inforadio, einer Kulturwelle, einer Ü40-Hitstation und einem Klassikradio. Letzteres soll ab (frühestens) 2016 rüber ins Digitalradio wandern, damit Puls auf der dann freien UKW Frequenzen senden kann. Das Argument der Leute, die sich das beim BR ausgedacht haben: Wer Klassik hört, legt Wert auf astreine Qualität und hat die Kohle, sich ein Digitalradio überall einbauen zu lassen, wo er Schubert und Bach und sonstwas hören will.

Das Problem: Keiner lässt sich gern von UKW-Frequenzen vertreiben, auch nicht in Zeiten von Streams und Apps. Der Klassiksender will da bleiben, wo er ist, hat Petitionen gestartet und betreibt Lobbyarbeit bis hoch ins Wirtschaftsministerium. Dort gibt es überraschenderweise mehr Klassik-Fans als Jugendliche. Und es finden sich ungewöhnliche Freunde auf der Klassikseite wieder: die privaten Radios. Die haben Angst vor Konkurrenz, die mit mehr Personal und Geld um die Ecke kommen und ihnen so die Kids abgreifen.

Ja mei, wie man in Bayern sagt, das Problem zu viele tolle Angebote zu haben und vor gut ausgewählter Nicht-Mainstream-Musik gar nicht zu wissen, wo man hinschalten soll, das hätte jeder gern. Das Gleiche hätten wir dann gerne auch fürs Fernsehen. Danke.

Ob und wann und wie Puls jetzt die Frequenzen bekommt, das entscheidet sich Ende Mai. Wer dafür ist, kann hier unterschreiben, ja noch eine Online-Petition.

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