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Dream And Drive mit The Kills

Gedanken von Frontmann Jamie Hince zu Vampirsex, Traumdeutung und in den Wald zu kacken.

Foto von David Hall

The Kills—mit ihrem Whiskey, den abgeranzten Lederjacken, der bedrohlichen Punk-Ästhetik und ihrer elektrisierenden Bühnenpräsenz—sind der lebende Beweis, dass Rock‘n’Roll noch lebt. In diesem September wird das kettenrauchende Duo ihren Fotoband Dream & Drive veröffentlichen, in dem das schmuddelige Tourleben von Alison Mosshart und Jamie Hince neun Jahre lang dokumentiert ist, zwischendurch auch ohne Rücksicht auf Intimitäten.

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Bevor sie auf dem Outside Lands in San Francisco als Headliner auf der Bühne standen, setzen wir uns mit Jamie zusammen und sprachen über Vampire, Traumdeutung und darüber, in den Wald zu scheißen.

Ihr habt kürzlich den Song „Dreams“ zur kommenden Fleetwood Mac Compilation beigesteuert. Welche Träume habt ihr in letzter Zeit?
Es ist sowas Tolles passiert. Ich habe einen Hund namens Archie bekommen und ich liebe ihn ohne Ende. Er ist wie meine rechte Hand. In meinen Träumen spricht er mit mir. Er hat dann diese Stimme und wir quatschen einfach ein bisschen. Es ist großartig. Ich hatte einen Traum, in dem ich—das klingt jetzt ein bisschen komisch—krank war und deswegen zu meinem ehemaligen College gehen musste, um mich untersuchen zu lassen. Im Wartezimmer waren überall Pools und jede Menge Hunde. Ein schmutziger Hund kam zu mir und rieb sich mit seinem matschigen Fell an mir. Also hob ich ihn hoch und warf ihn in ein tiefes Becken. Mein Hund Archie kam daraufhin zu mir, stupste mich an und sagte: „Sowas macht man nicht! Er ist doch noch klein.“ Das war sehr seltsam.

Aha. Ist das ein wiederkehrendes Muster in deinen Träumen?
Nein, überhaupt nicht. Dass mein Hund mit mir im Traum spricht, passiert schon oft. Aber nicht, dass ich Hunde ertränke.

Glaubst du, dass Traumdeutung kompletter Quatsch ist oder meinst du, man kann dadurch etwas von seinem Unterbewusstsein lernen?
Weder das eine, noch das andere. Der Versuch Träume zu interpretieren, wird ganz offensichtlich keine eindeutigen Ergebnisse bringen. Aber woher kommen diese Träume denn? Aus deinem Gehirn. Es könnte auch der Teil deines Gehirns sein, in dem sich der Wahnsinn austobt, aber es ist trotzdem noch unterbewusst. Es gibt echte Bilder und echte Gedanken. Die zu interpretieren? Das ist doch dumm. Genauso wie man sagt, dass wenn man träumt, die Zähne fallen raus, dann ist man sexuell frustriert. So ein Quatsch.

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Es scheint aber, dass Träume, wenn auch nur oberflächlich, eine große Rolle für The Kills spielen—der Song „Dreams“ und der Titel des kommenden Fotobuchs Dream & Drive.
Wenn ich mir die Fotos anschaue, gibt es einige Momente, in denen man sich zum Beispiel an eine wunderschönen Kathedrale erinnert, an der man gespielt hat und die dein Leben verändert hat. Man schaut sich die Fotos an und sieht, dass die Bühne eigentlich nur aus einem Brett und ein paar Nägeln bestand. An der Wand hing ein Lappen und auf dem Boden lag ein Teppich aus Kaugummis. Das erinnert einen daran, dass man in dieser romantischen Fantasie leben muss—es ist nicht die harte Realität, die dich in einer Band hält. Es geht darum, in einer Art Traum zu leben, etwas, das magischer ist als die Realität. Das Wort „Traum“ ist wichtig in der Musik. Das bringt dich dazu, weiterzumachen.

Dream & Drive enthält Fotos aus neuen Jahren. Wie kam es zu diesem Projekt?
Wir haben zufällig Kenneth in Paris auf der Straße getroffen. Er kannte einen Freund von uns. Kenneth ist niemand, der ein normales Leben führt und einen normalen Job hat. Er hat seine Kamera immer dabei. Wir haben uns mit ihm angefreundet und die Kamera gehört einfach zu ihm dazu. Nach einer Weile bemerkten wir, dass wir diese ganzen Fotos hatten. Ich hatte aber nicht das Gefühl, dass wir unseren Fotografen gefunden haben, sondern dass wir einen neuen Freund dazugewonnen haben.

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Es ist irre, wie Dream & Drive die Wahrheit des Tourlebens einer Band offenlegt—man kann auf den Fotos Schweißflecken und ausdruckslose Mienen sehen. Nicht besonders glamorös.
Es ist schon lustig. Ich mache das schon lang genug, um zu wissen, das es nicht glamorös ist. Der Glamour kommt in diesem einen Moment, in dem du spielst, und plötzlich siehst du die Dinge mit ganz anderen Augen. Ich erinnere mich noch daran, als ich jünger war und mir Bands angeschaut habe, hatte ich immer riesige Augen und dachte mir: „Das ist das unglaublichste, was man nur machen kann. Die müssen das beste Leben haben.“ Wahrscheinlich hatte ich diesen Gedanken in einer Scheune in einem Dorf, in die 150 Leute gepasst haben.

Aus Dream & Drive

Bei welchem Konzert hattest du den „This is it“-Moment?
Tatsächlich war das bei dem ersten Konzert, zu dem ich je gegangen bin. Sehr gutes Line-Up. The Fall und The Damned spielten auf einem kleinen Festival in London.

Glaubst du, es ist Zufall, dass der Song „Future Starts Slow“ von eurem Album Blood Pressures in zwei verschiedenen Vampirdramen gespielt wurde (True Blood, Vampire Diaries)?
Ich weiß es nicht. Ich denke, das war ein Zufall. Ich habe nicht wirklich darüber nachgedacht. Was, glaubst du, ist der Grund?

Ihr macht ziemlich guten Soundtrack für Vampirsex?
(lacht) Wenn man den Fernseher anschaltet, kommt es einem vor, als würde jede Teenager-Sendung von Vampiren handeln. Die Frage ist doch, wo die eigene Musik laufen sollte. Ich habe potentiell ein Problem damit, unsere Musik für Werbung herzugeben. Aber wenn es um beliebte Jugendsendungen geht, ist es doch super. Als ich jung war, hätte ich mir auch gewünscht, es gäbe Sendungen, in denen Sonic Youth läuft.

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Ja, für junge Leute können das entscheidende Momente sein.
Auf jeden Fall. All diese Medien stolpern über sich selbst. Es ist nicht wie vor zehn Jahren, als man die Musik noch sorgfältig für eine Sendung ausgewählt hat. Den Leuten ist es immer mehr egal und es gibt einfach so viele Medien. Musik, Film, Fotografie. Alles wird zu einem Brei. So nehmen die Leute die Sachen eben heutzutage auf.

Das stimmt. Was denkst du ist die größte Hürde, die der Zukunft der Musik noch im Weg steht?
Die Leute erwarten die Musik jetzt sofort. Sie erwarten nicht rauszugehen und sie dort zu finden, oder dass sie ihnen jemand ins Gesicht klatscht. Die Art, wie wir Musik aufnehmen, ist inzwischen ganz anders; man braucht keinen Aufwand mehr. Bequemlichkeit macht Leute faul und dumm. Die Gefahr liegt also darin, dass Musik homogenisiert werden könnte.

Hoffen wir das nicht. Was hörst du dir zur Zeit an?
Musik aus den 20er und 30er Jahren. Al Bowly, ein bisschen Jazz und Swing. Ich höre mir gerne wieder Sachen an, die ich in der Vergangenheit nicht so oft gehört habe. Außerdem höre ich eine Band namens Zulu—eine der spannendsten Bands in London im Moment.

Foto von Trixie Textor

Wie unterscheidet es sich, auf Festivals zu spielen, im Vergleich zu normalen Konzerten?
Ich habe ja immer gesagt, dass ich lieber intime Konzerte spiele, ohne Zweifel. Aber so denke ich inzwischen nicht mehr. Es ist ein Fehler zu denken, dass kleine Shows viel intimer sind. In Wirklichkeit ist es so, dass das Publikum auf einem Festival von dir verlangt, intim zu sein. Auf einem Festival gibt es viel mehr Interaktion mit der Menge und aus irgendeinem Grund erzeugen sie dieses Verhalten von selbst.

Was wäre das Furchtbarste, dem man in einem nebeligen Wald begegnen kann?
Auf jeden Fall ein Mörder oder Peiniger. Aber auf diesem Festival ist das furchtbarste, was du im Wald finden wirst, ein Scheißehaufen, in den du trittst.

Was gibt es in der Schnapsbar eures Tourbusses immer?
Eine Flasche Margot, mein Lieblingsrotwein.

Sehr klassisch. Warst du schon in dem riesigen Weinzelt auf dem Festival?
Nein. Weinzelt? Ich bin schon da.

@lightsoutpm