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Das N-Wort ist scheiße und super zugleich

Ich darf mich so nennen. Irgendwelche FPÖler dürfen das sicher nicht.
via Memecenter

Als ich vor gut 25 Jahren im schönen Salzburg zur Welt kam, feierte die Rap-Formation Niggas With Attitude, besser bekannt als N.W.A., mit ihrem Album "Niggaz4Life" in den USA gerade Erfolge. Dr. Dre, Mc Ren und Eazy-E erklärten darauf mehr oder weniger unmissverständlich, warum sie sich selbst als Niggas bezeichnen, und lieferten weiteren Zündstoff in einer wilden gesellschaftlichen Debatte.

Ich glaube, hier in Österreich war diese Debatte schon damals zwei oder drei oder zehn Schritte weiter hinten als in anderen Ländern. Ein gefühltes Drittel meiner Kindheit und Jugend habe ich damit verbracht, Österreichern in anstrengenden Diskussionen zu erklären, dass ich es echt nicht cool finde, wenn sie mich Neger nennen, und dass ich es aus ihrem Mund alles andere als wertungsfrei empfinde, völlig wurscht ob es ums deutsche "Neger" oder ums englische "Nigger" oder "Nigga" geht. Ich war dabei immer wieder erstaunt, wie ignorant manche Leute hierzulande auf die Verwendung beharrten (und es bei meinen Spezis von der FPÖ nach wie vor tun). Die Tatsache, dass das N-Wort in der Rap-Musik so häufig verwendet wird, hat das ganze für einige Leute dann noch weniger begreifbar gemacht. "Die nennan si jo selba a so"- ein ziemlich oft gehörtes Argument der N-Wort-Verteidiger. Kein Scherz.

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Aber es ist zugegeben nicht ganz einfach sachlich zu erklären, warum ich es, obwohl ich unter keinen Umständen von einer weißen Person so genannt werden will, in Ordnung finde, dass Schwarze sich selbst als Nigga bezeichnen. Der Siegeszug des N-Wortes in der Rap-Kultur hat ziemlich tiefgreifende Gründe. Klar, es hat sicher geholfen, dass sich Nigga sich auf "Trigger" und - richtig eingesetzt - auch auf "Nigga", und so ziemlich jedes andere Wort der englischen Sprache reimt. Aber Scherz bei Seite, ich meine natürlich die wirklichen Gründe. Ein Wort, mit dem man Jahrhunderte lang beleidigt und unterdrückt worden ist, in einem anderen Kontext einfach für sich selbst in Beschlag zu nehmen, ist doch letztendlich wirklich genial.

Einige Gegner des N-Wortes stören sich im Moment wieder sehr daran, dass das N-Wort im US-Rap aktuell überstrapaziert wird und Menschen aller Hautfarben dadurch verleitet werden, es zu verwenden. Und auch wenn ich ihr Argument irgendwie verstehe, sehe ich die Sache etwas anders. Zwei meiner momentanen Lieblingssongs sind "Lookin Ass Nigga" von Nicki Minaj und "My Nigga" von YG. Zusammengerechnet wird das N-Wort in beiden Songs genau 160 Mal verwendet. Ja, beim Zählen hab ich selber blöd geschaut. Die Häufigkeit der Verwendung grenzt hier natürlich ans Absurde. Aber es stört mich nicht. Im Gegenteil: Rap lebt eben zu einem ziemlich großen Stück von Übertreibung und Stereotypen.

Ehrlich gesagt bin ich persönlich sogar heilfroh darüber, dass jenes Wort, das mir die meisten unangenehmen Situationen in meinem Leben beschert hat, nicht gänzlich in der großen, grusligen Tabukiste verschwindet, sondern von schwarzen Leuten selbst in Anspruch genommen wird, und zwar auf Teufel komm raus. Im Gegenzug mach ich auch mal eine Ausnahme, und bin keinem Weißen böse, wenn er neben mir im Club mal halblaut die Hook von "My Nigga" mitmurmelt. Versprochen.

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