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Wie Torcida Split ihrer Capo-Legende die letzte Ehre erweist

Torcidas Capo Žan Ojdanić ziert das Konterfei des berühmten Banners der ältesten Ultra-Gruppierung Europas. Er rettete nicht nur Hajduk vor dem Bankrott, sondern sorgte auch für die Demokratisierung seines Vereins.
Foto: ultras-tifo.net

Der bekannte Ultra Žan Ojdanić starb am Freitag bei einem Fallschirmunfall. Der 45-Jährige, der laut kroatischen Medien erst vor Kurzem in Deutschland den Fallschirmlehrer-Schein gemacht hatte, erlag seinen Verletzungen nach einem missglückten Landemanöver auf einem Flugplatz bei Split. Daraufhin gedachten tausende Mitglieder der Torcida Split ihrem langjährigen Capo mit einer Pyroshow im Stadion des kroatischen Traditionsvereins Hajduk Split.

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Die Mitglieder der ältesten Fangruppierung Europas zündeten für ihn um genau 19:50 Uhr—in Anlehnung an die eigene Gründung im Jahr 1950—zahlreiche Bengalos und Leuchtraketen. Während Stille im weiten Rund des Stadions Poljud herrschte, stellten die Fans Kerzen für Ojdanić auf. Der Verstorbene, dessen Konterfei seit Jahren das Gruppenbanner der Torcida Split schmückt, galt als einer der wichtigsten Ultras Kroatiens und auch Europas.

Žan Ojdanić war aber mehr als nur ein ehemaliger Präsident der Ultragruppe: Er ziert mit seinem Lockenkopf, der schwarzen Sonnenbrille und dem maskierten Gesicht nicht nur das Logo der Torcida, sondern auch zahlreiche Häuserfassaden in Split. Mit seinem jahrelangen Engagement erkämpfte er sich den Respekt einer ganzen Region und prägte die Ultrabewegung in Kroatien. Mit ihrer Verbreitung in Jugoslawien in den 1980er-Jahren machte er die Torcida Split zu einer der bekanntesten und auch gefürchtetsten Ultragruppen Europas. Die Torcida sorgte unter anderem immer wieder für negative Schlagzeilen, weil sie als extrem gewalttätig eingestuft wird und ein Großteil der Gruppe als politisch rechtsmotiviert gilt.

Wie viele Mitglieder der Torcida und anderer kroatischer Vereine ging Ojdanić nach seinen Anfängen im Jahr 1991 mit Beginn des Kroatienkrieges freiwillig an die Front und genießt daher bei vielen Kroaten hohes Ansehen. Anschließend kämpfte er jedoch nur noch für Hajduk: Nachdem der Verein kurz vor dem Bankrott stand, wurde dieser in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und somit privatisiert. Žan Ojdanić und seine Mitstreiter gründeten „Naš Hajduk" und forderten Vereinsanhänger dazu auf, Mitglied des Klubs zu werden und Aktien zu kaufen. Inspiriert durch das deutsche 50+1-System konnten nun die Fans Einfluss auf den Aufsichtsrat nehmen und diesen wählen. Das machte Hajduk Split zu einem Gegenentwurf zum ansonsten intransparenten und korrupten kroatischen Fußball. Noch heute wird seine Einführung einer demokratischen Verwaltung und die Überwachung durch die Fans als Hajduks Rettung gefeiert. So machte Hajduks Modell Schule und inspirierte unter anderem die rivalisierenden Fans von Dinamo Zagreb.

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Am Sonntag widmete die in Schwarz gekleidete Torcida ihrem ehemaligen Chef im Spiel gegen RNK Split eine Choreo. Auf schwarzem Hintergrund zeigten sie einige Eigenschaften, die ihn auszeichneten: „herzlich", „Bruder", „Vater" , „Anführer", „Beschützer", „Freund", „mutig".