Die größte Friedhofs-Party Berlins

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Die größte Friedhofs-Party Berlins

Die Nachtwölfe waren Schoßhunde, die Fahnen bestanden auch aus Alkohol und die Kinder sind zu Bonbons drapiert worden. Wir waren beim Sowjetischen Ehrenmal in Berlin, wo sich 10.000 Menschen versammelten.

Vor 70 Jahren endete der Zweite Weltkrieg und um den gefallenen sowjetischen Soldaten zu gedenken, pilgerten vergangenen Samstag rund 10.000 Menschen zum sowjetischen Ehrenmal im Berliner Treptower Park. Die Stimmung ungewiss geladen, da nach medialer Aufregung im Vorfeld des Gedenkfeiertages bezüglich dem Erscheinen oder Nichterscheinen der russischen Nachtwölfe, noch Unklarheit über den Verlauf der Veranstaltung in der Luft lag—mehrere Einsatzwagen der Polizei sollten für Sicherheit sorgen. Das Ziel ist klar und Massen von Menschen strömten zum besagten Ort. Ins persönlich schönstes Samstagskleid geschlüpft und die Kinder zu Fleisch gewordenen Bonbons drapiert, um Ur-Großvätern und -Müttern die Ehre zu erweisen, wanderten sie zum Massengrab.

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Unter vielen russische Familien befanden sich einige Friedensbewegte sowie mehrere Biker und eine Handvoll Nachtwölfe. Die Mitglieder des umstrittenen Motorrad-Clubs zeigten sich bei der Veranstaltung (ganz entgegen ihres Namens) regelrecht als zahme Schoßhunde, die sich feiern ließen und anscheinend selber das Feiern nicht lassen konnten, denn unter allen Fahnen, die auf dem Gelände geschwungen wurden, hissten sie besonders die Alkohol-Fahne. Neben ein paar königlichen Handwinkern in die eine Richtung, ein paar Fotos und Autogrammen in die andere, folgte der Abgang. Wo die Nachtwölfe sind, da ist auch Russland, so der Slogan. Und so verlief die Veranstaltung mit einer gehörigen Portion Nationalstolz , die nach dem feierlichen Niederlegen von Blumen traditionell begossen wurde. Vereinzelte Picknick-Atmosphäre auf dem neun Hektar großen Gelände wurde von gelegentlich laut ertönenden Motoren von umherfahrenden Motorrädern untermalt, die von Weitem an lautes Hundegebell erinnerten. Auch vereinzelt Sieges-Ausrufe auf Russisch wie „Pobeda" oder „Urrraaaaa" umhüllten durch ihre Inbrunst plötzlich den gesamten Platz.

Gegenüber gedachte der VVN-BdA (Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V) dem Kriegsende ohne jeden Nationalismus. So wurden Gäste, die noch in körpergroße Russland-Flaggen gehüllt waren, gebeten, diese abzulegen, um den Gedanken des internationalen gemeinsamen Festes zu wahren. Nicht jeder spielte da mit, nichtsdestotrotz gab es viel russische Kultur, sei es Volksmusik von traditionellen Chören, Borschtsch und Pelmeni aus riesigen Kochtanks oder Kwas und Wodka.

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Alle Fotos: Grey Hutton