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Popkultur

Im Weltall hört niemand deinen Kitsch, nicht einmal Niki Lauda.

'Gravity' & 'Rush' sollte man trotzdem nicht verpassen.

Alfonso Cuarón ist mein persönlicher Held, weil er unglaublich komplexe Filme über mühevolle Jahre hinweg zusammenbastelt ohne dass im Endprodukt der wahre Aufwand zu erkennen ist. Das ist wahres Kino und der Trick eines subtilen Genies. Wer seinen Children of Men (2006)noch nicht gesehen hat, dem fehlt ein Stück essenzieller Kinogeschichte. Aber Harry Potter: The Prisoner of Azkaban (2004) wird wohl ein Begriff sein. Dieser Mann macht vieles richtig, obwohl er selbst seine alten Filme nicht schaut, weil man sie "wie Ex-Freundinnen hinter sich lassen muss" und es sich meistens anfühlt "wie den Eltern beim Sex zusehen". Fast 8 Jahre hat es gedauert, dass er seine neue "Beziehung" hinter sich bringt: die pervers immersive Weltraum-Plansequenz Gravity. Und Ron Howard hat uns mit Rush die Old School-Formel 1 wieder näher gebracht.

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Gravity: Im Weltall hört niemand deinen Kitsch

Versteht mich bitte nicht falsch, ich möchte fast so weit gehen und Gravity offiziell als besten Film 2013 küren, aber in manchen Instanzen trieft der Film wie fettigstes Schmalz. Es scheint ein bisschen als ob 2001: Space Odyssee ein uneheliches Kind mit Armageddon gezeugt hätte. Das Schlimme daran ist, dass ich bei Gravity ständig emotional alternieren musste, zwischen Ergriffenheit und Anspannung, und wenn das ein Film fertigbringt, hat er gewonnen, egal wie offensichtlich die Tränendrüsen gekitzelt werden. Und im luftleeren Raum brauchen wir, vielleicht gerade der widrigen Umstände wegen, etwas mehr Herz.

Manchmal erlöst uns ein cooler Spruch wie "I fucking hate space!" vor einem detailverliebten Überanspruch, doch ein weiteres Problem, das für mich mit im Orbit schwingt, ist die unpassende Implementierung des Star-Systems. Eigentlich wären die beiden Rollen in Gravity für unbekannte Gesichter prädestiniert gewesen. Vielleicht wäre das Publikum dadurch vor diesem komischen Gefühl bewahrt geblieben, das man bekommt, wenn in innovativen, tollen Filmen, altbekannte Leute mitspielen und deren Ex-Rollen immer wieder ins Bewusstsein blubbern. Aber ohne Namen wie Sandra Bullock und George Clooney geht kein Schwanz ins Kino und so ist der Teufelskreis komplett. Obwohl man sagen muss, dass Bullock echt abliefert. Ich habe mit ihr schwerelose Tränen geweint und die drehende Entkleidung hatte einen Hauch von Barbarella mit anschließendem Nickerchen in treibender Fötus-Stellung. Wunderschöne Szene!

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Der später eingesetzte Trick mit dem Feuerlöscher ist wohl von WALL-E geklaut und das gesamte seekranke Unwohlsein der Aufnahmen hätte Baumgartner im freien Fall nicht besser inszenieren können. Etwas zu unbedarft gleiten dann die Astronauten nach kleinen Katastrophen durch die Unendlichkeit des Alls. Gleich in den ersten 10 Minuten kommt dahingehend eine Raumfahrt-bezogene Unmöglichkeit vor, die vom Film einfach überspielt wird, aber Achtung vor etwaigen SPOILERN, wenn ihr auf den Link klickt. Scheißt auf alles was ich hier erzähle, Gravity ist technisch unglaublich beeindruckend, macht wunderbar fertig und ist zu guter Letzt einfach schönstes Kino.

JOSEF ZORN

Rush: Carmageddon 2000 - The Revenge

Kennt man einen Sportfilm, kennt man alle. Der Wettkampf, das menschliche Drama, die Auf und Abs. Nur dass Rush (von dessen Wiener Premiere wir schon mit einer hautnahen Fotostrecke berichtet) eben eindeutig zu den besseren der Art gehört. Und dann wären dann noch Thor (Chris Hemsworth) als saufender Party-Playboy James Hunt und unser friendly Neighborhood-Nazi als kalkulierende Ratte Niki Lauda (Daniel Brühl), beide perfekt besetzt und schauspielerisch On Top of Their Game. Ich fand die Rennszenen, die erst in der zweiten Hälfte so richtig losgehen, genau so langweilig wie echte Formel 1-Rennen.

Viel spannender war, was sich abseits der Rennstrecke abspielte, und die Personen unter den Helmen. Mit Daniel Brühls Niki Lauda hätte ich gerne viel mehr Zeit verbracht. Dass ich während des Films kein einziges Mal daran denken musste, dass Formel 1-Rennen genau wie japanische Frauen beim Sex ertönen, spricht eindeutig für die Performance.

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Hier eine kleine Liste mit Autorennfilmen, die ich lieber mag als Rush:

1. Speed Racer
1. Die 2 neueren Fast & Furious-Teile
2. Death Race 2000
3. Redline (der japanische Anime)
4. Cannonball Run
5. Smokey and the Bandit (aka Ein ausgekochtes Schlitzohr)

Zugegeben: Die genannten Filme sind alles Komödien oder reines Unterhaltungskino. Rush bleibt somit immer noch das beste Rennfahrer-Drama, das ich je gesehen habe. Im Dienste der Unterhaltung und dramatischer Intensität hätte man sich vielleicht mehr historische Freiheiten nehmen sollen, oder gewisse Dinge bewusst mehr überzeichnen. Dafür wird Hollywood immer wieder gerügt, in Wahrheit dient es dem Film aber fast immer. "Rush" ist auch irgendwie ein langweiliger Titel. Da könnte es auch um Usain Bolt oder koksende Politiker gehen. "Speed Rivals" wär z.B. viel cooler. Es bleibt sicherlich ein spannender und gut gemachter Rennfahrerfilm. Obwohl 80er-Jahre Trainingsmontagen auch super gewesen wären … OK, ich hör schon auf.

PETER VOGL

Fotos von Warner Brothers und Constantin Film