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So genial sabotieren Flüchtlinge die rassistischen Videos von Bachmann und Co.

Man kann das Internet auch nutzen, um die Wahrheit zu verbreiten.

Stell dir das mal vor: Nach einem harten Tag auf der Arbeit willst du dir in aller Ruhe deine Lieblingsrede von Lutz Bachmann auf YouTube anschauen—und plötzlich sitzt da so ein Flüchtling auf deinem Bildschirm. „Ich war noch nie im Gefängnis", erzählt dir jemand, den die Beschriftung als „Arif, 31, geflüchtet aus Syrien" vorstellt. „Lutz Bachmann aber schon. Der Pegida-Boss wurde wegen Diebstahls, Körperverletzung, Raub und Drogenhandel verurteilt. Ich habe noch nie das Gesetz gebrochen."

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Das Video von Arif ist eines von einer Reihe von derartigen Videos, in denen Flüchtlinge die gängigsten Vorurteile gegen sie mit Argumenten widerlegen. Der Clou: Die Videos wurden bei YouTube als Werbung hochgeladen und werden seit gestern gezielt vor YouTube-Videos geschaltet, die Vorurteile verbreiten—wie eben Aufnahmen von Lutz Bachmanns Pegida-Reden.

Weil die Videos teilweise nicht übersprungen werden können, wird man gezwungen, sich zuerst den Standpunkt des Flüchtlings anzuhören, bevor man zum eigentlichen Video kommt. Vor dem Video über „Moslems, die sich nicht integrieren wollen" kommt jetzt eben das Video eines Flüchtlings, der auf Deutsch erklärt, dass er versucht, unsere Sprache zu lernen. Vor einem typischen „Sozialschmarotzer-Wutanfall" ist eine junge Syrerin geschaltet, die erklärt, dass drei ihrer Cousins im Bürgerkrieg getötet wurden. „Glaubt ihr immer noch, es geht mir um Geld?"

In den Videos gibt es außerdem einen Knopf, auf dem „Skip Vorurteile" steht und der direkt zur Homepage der Aktion „Search Racism. Find Truth." führt. Aber die Werbevideos sind nicht nur auf YouTube zu sehen: Wenn man auf Google nach Begriffen wie „Islam Terror", „NPD Wahlerfolge" oder "Asylanten raus" sucht, bekommt man von Google als Erstes eine Werbung angezeigt, die zu einem der Videos führt.

Screenshot von Google

Ausgedacht hat sich die Aktion die Initiative Flüchtlinge Willkommen, die vor allem Zimmer an Flüchtlinge vermittelt. Man wolle „die Konsumenten der rechtsradikalen Videos zum Nachdenken anregen und am besten sogar umstimmen", erklärt Mareike Geiling von Flüchtlinge Willkommen gegenüber der BR-Sendung puls. Und wenn das nicht klappt, kann man immerhin verhindern, dass Rassisten mit solchen Videos weiter Geld verdienen: Wenn der Hochlader des Videos verhindern möchte, dass die Flüchtlinge vor dem eigentlichen Video sprechen, dann bleibt ihm keine Wahl, als die Werbung generell abzuschalten.

Wie erfolgreich diese Strategie ist, wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Aber wenn ein solches Video auch nur eine Handvoll Menschen zum Umdenken bewegt, dann hat sich die Aktion vielleicht schon gelohnt.