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Warum interessiert uns die Trennung von Brangelina so sehr?

Mit dem Beziehungsende der beiden Stars stirbt eine der letzten Bastionen der Liebe—und das ist gut so.

Foto: Georges Biard | Wikimedia Commons | CC BY-SA 3.0

Schockschwerenot, OMG, Breaking News: Angelina hat die Scheidung von Brad Pitt eingereicht—nicht etwa wegen einer anderen Frau, sondern wegen unüberbrückbarer Differenzen und aufgrund der Art, wie sich Brad um ihre sechs gemeinsamen Kinder gekümmert hat.

Auch das Sorgerecht will Angelina, wie TMZ berichtet. Natürlich ist die Trennung von Brad und Angelina eine Nachricht, die das Internet zum Explodieren bringt und seit das bevorstehende Ereignis bekannt wurde, fühlt sich jeder gezwungen, sich auch gleich dazu zu äußern. Manche schreiben, dass sie schockiert sind und die Trennung des Hollywood-Traumpaars nicht wahrhaben wollen, wiederum andere schreiben, dass ihnen die Trennung nicht egaler sein könnte—so zum Beispiel Armin Wolf.

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Dass sich aber auch diejenigen, die eigentlich nur ihre Gleichgültigkeit ausdrücken wollen, dazu äußern, zeigt ganz gut, dass die Trennung doch auch über Promi-Seiten hinaus eine gewisse Relevanz für unsere Gesellschaft hat (zumindest bis zum nächst größeren Ereignis). Aber warum? Was interessiert uns an der Beziehung zweier Menschen, die wir nicht kennen?

Neben Kim Kardashian und Kanye West sind Brangelina bis heute wohl das einzige Promi-Paar, das weltweit als ultimatives Traumpaar wahrgenommen wurde. Die beiden haben sich bei gemeinsamen Dreharbeiten verliebt, Angelina hat Jennifer Aniston von der Seite eines der begehrtesten Männer Hollywoods und wahrscheinlich der ganzen Welt verdrängt und in der Versenkung der nichtssagenden Liebeskomödien verschwinden lassen.

Sie haben Kinder gezeugt und adoptiert, setzen sich für weltpolitische Belange ein und sehen dabei noch dazu permanent verdammt gut aus. Sie sind makellos und scheinen alles überstehen zu können—zum Beispiel auch Angelinas Brustamputation im Jahr 2013. Mit den vielen Breaking-Meldungen am Dienstag Nachmittag fängt dieses Bild jedoch zu bröckeln an.

Man kann Brad Pitt und Angelina getrost als perfekt beschreiben— zumindest nach jedem Promi- und Society-Maßstab, den die westliche Welt an ihnen anlegen könnte. Sie sind attraktiv, reich, erfolgreich und schaffen es dabei gleichzeitig, wie ein tiefgründiges, mysteriöses Paar zu wirken, das alle Widrigkeiten überwindet und sich beim nachmittäglichen Bio-Kaffee gerne über wichtige Dinge unterhält.

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Sie haben die Beziehung geführt, die sich wahrscheinlich jeder insgeheim wünscht, auch wenn es nicht alle gerne zugeben (zumindest dem Anschein nach). Wenn nicht einmal diese beiden perfekten Wesen es schaffen, eine funktionierende Beziehung zuführen, die für immer hält, wie sollen dann erst so ganz und gar nicht perfekte Menschen wie du und ich eine Chance haben?

Wie sollen wir es mit unserem Bauchfett, unseren nervigen Ticks und leeren Konten zur einen großen, epischen Liebesgeschichte bringen, wenn nicht mal die beiden ein romantisches Happy End hinbekommen? Vielleicht ist die Trennung von Brangelina für uns genau deswegen so schlimm. Sie rückt das Fleisch gewordene Liebesglück für uns normale Menschen wieder in die Ferne.

Das Verhältnis, das wir zu Brangelina haben, lässt sich recht einfach mit dem Phänomen der parasozialen Interaktion beschreiben. Parasoziale Interaktion nennt man ein bestimmtes soziales Verhalten, das man gegenüber einer Person an den Tag legt, die in der Realität unerreichbar ist. Dieses Verhalten ist typisch für Medienkonsumenten, die Beziehungen zu Stars aufbauen und so kann die Illusion eines persönlichen Kontaktes entstehen.

Ein anderer Erklärungsversuch für die Hysterie um die Trennung von Brangelina ist die Tatsache, dass Angelina Jolie und Brat Pitt wohl das letzte große Paar aus der Promi-Zeit vor dem Internet sind. Beide wurden durch Kinofilme berühmt, haben die klassische Hollywood-Maschinerie durchlaufen und beide passen wie maßgeschneidert in Hochglanz-Magazine (Print) und Paparazzo-Berichte (Privat-TV). Mit ihrer Beziehung stirbt auch eine Zeit, an die viele Celebrity-Fans vielleicht nostalgisch zurückdenken.

Es war die angeblich um so vieles bessere, einfachere, aber irgendwie auch schlauere und intellektuellere Welt, als Menschen nicht durch Handyfotos von großen Ärschen berühmt wurden—oder indem sie Taylor Swift auf der Bühne unterbrechen.

Aber vielleicht ist es an der Zeit, mit dieser verklärten Vergangenheit abzuschließen. Auch gute Dinge enden und wie immer, wenn das passiert, ist es auch völlig OK, traurig zu sein. Es ist nur kein Grund, der alten Zeit nachzutrauern, als wir noch Promi-First-Couples hatten—sondern vielleicht zu hinterfragen, ob es wirklich klug ist, reale Menschen so dermaßen zu idealisieren, dass nicht mal sie unserem Bild von ihrer Beziehung gerecht werden können.

Verena auf Twitter: @verenabgnr