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Musik

Die beste aller Welten mit Perfume Genius

Auch wenn Perfume Genius als perfekt androgyner Fashion Week-Schönling durchgehen würde, steckt in ihm noch immer ein World of Warcraft-Nerd.

Es ist Fashionweek. Berlin ist voll von androgynen, unterernährten Schönlingen, die im Pelzmantel ihrer Oma durch die Straßen marodieren. Sie sind echt überall. Als wir zum Interview mit Mike Hadreas aka Perfume Genius erschienen, saß sogar einer von ihnen vor uns im Sessel. Wir waren kurz davor, den Sicherheitsdienst zu rufen. Gerade rechtzeitig aber fiel uns auf: der Fake-Fur-gewandete Jüngling ist unser Gesprächspartner. Wohin sind die Zeiten, in denen Exzentrik noch auf die Leute hinwies, die wirklich einen Knall haben? Es hätte diese Begegnung definitiv erleichtert. Denn Hadreas spinnt aus seinen Spleens, seinen Neurosen uns seinen Erfahrungen mit Sex, Drogen und Gewalt noch immer wundervolle Songs, die in Kürze auf seinem zweiten Album „Put Your Back N2 it“ erscheinen werden. VICE: Hey, wie fühlst du dich?
Mike Hadreas: Super, richtig gut. Ein großartiger Tag. Dein letztes Jahr scheint gut gelaufen zu sein. Ich habe ein Shooting von dir im Interview Magazine gesehen. Das war glaube ich so eine Fashionstrecke. Offensichtlich spielt Mode eine große Rolle in deinem Leben?
Ich ziehe mich jeden Tag anders an, manchmal kaufe ich ziemlich verrücktes Zeug. Ich schätze, das kann manchmal auch etwas lächerlich aussehen oder albern. Stimmt es, dass du keinen Alkohol mehr trinkst? Wie feierst du dann, wenn es etwas zu feiern gibt? Das neue Album zum Beispiel?
Ja, es ist etwas anderes. Du musst deine Ansicht davon, was feiern ist, verändern. Was es heißt Spaß zu haben … Am Ende hatte ich keine Freude mehr an Alkohol und an Drogen. Ich habe mich dann  lieber mit Freunden auf eine Tasse Kaffee getroffen und zehn Minuten später sind wir dann gegangen, irgendwohin, in einem unheimlichen Keller. Und hatten trotzdem Spaß. Du behauptest von dir, schüchtern zu sein. Wie ist es generell für dich im Mittelpunkt zu stehen? Beziehungsweise, wie ist es für dich in der Gesellschaft, nachdem du clean bist?
Das ist ja ein Grund, weshalb ich jetzt so schüchtern bin. Wenn du drauf bist, hast du automatisch Freunde. Das war das, was ich jede Nacht getan habe. Aber es ist eben auch nicht echt. Nur in einer Bar zu sitzen und eine Cola zu trinken… Es ist so laut und du kannst dich eh mit keinem unterhalten. Es ist mir mittlerweile schleierhaft, wie man sieben Stunden in einer Bar verbringt. Wie hat sich dein Freundeskreis seitdem verändert?
Es fühlt sich jetzt alles echter an. Ich habe viele cleane Leute kennengelernt, die nicht langweilig waren. Mit vielen Freunden von früher habe ich auch noch Kontakt. Es gibt einige mit denen ich nicht mehr so abhängen kann. Ich habe aber kein Problem damit, wenn die Leute um mich herum trinken. Es ist so: ich liebe das Trinken. Ich mache es nur nicht. (lacht) Oft denke ich sogar, dass die Leute nicht genug trinken. Wenn sie ewig an einem Glass Wein sitzen, denke ich … warum trinkst du denn nicht aus? Du hast gesagt, dass es das Wichtigste ist, auf sich selbst Acht zu geben und alles andere ergibt sich dann von selbst…
Ja, ich wollte früher immer, dass alle denken, dass es mir gut geht. Und ich habe gedacht, wenn die Leute um mich herum denken, dass es mir gut geht, dann geht es mir auch gut. So eine Art selbsterfüllende Prophezeiung. Klingt aber nicht unbedingt nach einem Erfolgsrezept.
Ich habe mir so viele Gedanken darüber gemacht, was andere Leute von mir halten. Mein ganzes Leben lang. Es hat lange gedauert, bis ich das erkannt habe. Diese persönlichen Erfahrungen verarbeitest du in deinem ersten Album. Das Zweite hingegen scheint ein bisschen universeller zu sein. So dass es nicht nur dir, sondern auch den Hörern helfen könnte.
Oh ja, echt? Das ist eine gute Resonanz! Das freut mich. Was mir viel bedeutet ist, wenn mich Leute, die ich nicht kenne, auf auf Facebook anschreiben und sagen, dass meine Musik ihnen etwas gebracht hat. Ich denke, das ist das Wichtigste für mich. Tatsächlich mache ich mir dann selber auch weniger Sorgen. Glaubst du, deine Musik würde auch mit Schlagzeug funktionieren? Perfume Genius als Heavy Metal-Band zum Beispiel?
Klar das könnte es. Warum nicht. Es würde Spaß machen, das mal auszuprobieren. Ich mache dann auch Shirts für die Band. Mit Einhörnern, Regenbögen und so (lacht)… Wo wir schon bei Fantasy sind. Dein letztes Album hast du mit dem Headset aufgenommen, das du für das Rollenspiel Everquest benutzt hast…
(lacht) Oh ja! Das ist der Nerd in mir. Allerdings! Computerspiele sind super—ich war ewig abhängig von World of Warcraft.
Ja? Was warst du für eine Klasse? Nachtelf natürlich!
(lacht) Nachtelf Jäger? Genau.
Ja, das war ich auch eine Zeit lang! Und dann?
(lacht) Dann war ich ein Troll. Horde also …
Ja, das waren die Bösen. Ich war damals in einer reinen Schwulengilde! Alle Schwulen haben zusammen gespielt. Wir waren berühmt. Und Trolle … ich war echt hässlich. Aber trotzdem waren alle nett zu mir. Eine schöne Welt. Die inneren Werte zählen.
(lacht) Ja, da hast du Recht. Aber dann habe ich aufgehört. Komplett?
Nicht ganz. Ich spiele immer noch viele Spiele. Ich glaube das ist immer noch eine Sucht von mir. Aber ich habe Angst dem wieder zu verfallen. Deshalb lasse ich es und spiele eher Einzelspiele. Perfume Genius Put Your Back N 2 It erscheint am 17.02. bei Matador Records