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So sah soziales Netzwerken vor Facebook aus

Facebook feiert heute seinen zehnten Geburtstag. Wir haben eine archäologische Rundreise auf die inzwischen entvölkerten Online-Plattformen gemacht, die im Jahr 2003 noch als der heißeste Scheiß galten.

Ein Beispiel für ein Friendster Profil aus dem November 2003 via Wayback Machine

Heut vor zehn Jahren hat Marc Zuckerberg mit ein paar College-Mitbewohnern facebook gegründet. Auch wenn der digital-soziale Virus eines Tages tatsächlich aussterben sollte—wie vor wenigen Tagen eine Princeton Studie prognostiziert hat—so steht immerhin schon längst fest, dass Facebook die Art und Weise, wie Online-Communities funktionieren für immer verändert hat.

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Anstatt mir das kitschige, personalisierte Geburtstagsvideo von Facebook anzugucken, habe ich mir die Untiefen der sozialen Netzwerke vor der Zeit des Zuckerberg-Imperiums angesehn. (Aber falls du dein eigenes Video sehen willst, kannst du es dir hier anschauen: www.facebook.com/lookback)

Aber um herauszufinden, was das überhaupt wirklich bedeutet, hab ich mich auf eine archäologische Rundreise auf die inzwischen entvölkerten Online-Plattformen gemacht, die im Jahr 2003 noch als der heisseste Scheiss des sozialen Netzwerkens galten. Ich habe die entvölkerten Webseiten nur aus Gründen persönlicher Neugierde aufgesucht—bestimmt nicht auf der Suche nach Benutzerfreundlichkeit.

Ungefähr so sehen gescheiterte Online-Existenzen aus.

INWYK.com bzw. itsnotwhatyouknow.com zum Beispiel war einmal eine Seite um Dates und Studienfreunde zu finden; heute ist es aber einfach nur eine Seite, die verzweifelt versucht ihre uncoole Domain zu verkaufen, und auf der du ansonsten nicht weisst, auf was du da als Nutzer zuerst nicht klicken willst.

Everyonesconnected.com ist eine billige Seite, die dich mit dem verlockenden Angebot von Gratis-Suchergebissen ködert. Auch auf der Seite des 2003 noch aufstrebenden sozialen Netzwerks sona.com wird dir ungefähr derselbe ,Service' angeboten, der im heutigen Internet übrigens nicht mehr wirklich eine Marktlücke darstellt. Und wenn du heute TICKLE versucht im Internet zu finden, landest du gleich im Nirgendwo. All diese ehemals durchaus pulsierenden Online-Gesellschaften sind heute ziemlich ausgestorben, und ein virtueller Strohballen scheint quer über ihre Homepages zu wehen.

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Es gibt aber auch Online-Ruinen anderer Art. Sie erinnern an Detroit, denn die Bewohner sind geblieben, während die Industrie und das große Geschäft längst weitergezogen sind.

Tribe.net zum Beispiel weist durchaus noch Anzeichen von Leben auf. Auch wenn die E-Mail zu ihrer Marketingabteilung natürlich nicht zugestellt werden kann, so werden z.B. auf der New Yorker Tribe-Seite immer noch Veranstaltungen gepostet. Gerade erst im September 2012 wurde noch der „Web Design Service" entwickelt, eine Art Prototyp von subreddits. Es gibt heute jedenfalls immer noch einige PR-Dienste, die große Freude daran haben auf der Seite das digitale Äquivalent zum Brüllen in einen leeren Raum zu praktizieren.

Vor einigen Jahren gab es deine lokale Band nicht, wenn sie nicht auf MySpace existierte. Und so pflegte auch ich mehrere MySpace-Konten mein Eigen zu nennen. Aber so wie die Menschen zu Facebook weitergezogen sind, so spielt die Musik inzwischen bei Soundcloud und Bandcamp. Heutzutage kannst du dich bei MySpace mit deinem Facebook oder Twitter Konto einloggen, denn selbst im Silicon Valley scheint das alte Wettkampf-Sprichwort zu gelten: „If you cant beat 'em, you gotta join 'em." Aber da die New York Times im Jahr 2003 schon warnte, dass MySpace Profile „sexuelle Informationen beinhalten, von denen einige sogar sehr explizite Darstellung" aufweisen, entschied ich mich, dass es am Besten wäre, meine Online-Archäologie woanders weiter zu verfolgen.

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Also meldete ich mich lieber gleich bei YAFRO an, und nutzte mein Facebook Profil, um auf eine Dating-App der Entwickler von HotorNot.com zuzugreifen. Die Seite erriet sofort, dass ich nach weiblichen Freunden zwischen 18 und 32 Jahren suchte. Zu dem mir dargebotenen schlecht belichteten Foto eines Bikinimädchends, wurde mir erläutert, dass wir beide keine weiteren Gemeinsamkeiten hatten, als diese scheinbar schlecht berechnete Online-Verbindung. Ich entschied, dass ich mich nicht von einer pixeligen Person, mit der ich keine Interessen teilte, angezogen fühle.

Für das einzig wahre Ryze.com, eine ehemalige Business Seite, deren offenes Netzwerken ähnlich wie Twitter funktioniert, kannst du dich übrigens immer noch mit einem eigenen Profil anmelden. Aber es scheint als sei die einzige auf Ryze verbliebene Existenz eine Person mit dem Namen Nancy Dubb zu sein, die in Kalifornien im PR-Business arbeitet. Die Seite versuchte jedoch andauernd mich dazu zu bewegen ein Update für die monatlichen Kosten von 7 Euro abzuschließen, und so ließ ich auch Nancy zurück, die vermutlich von 2002 bis zum Ende ihres Lebens auf der Seite angemeldet sein wird.

Zum krönenden Abschluss besuchte ich noch einmal den ehemaligen Marktführer unter den Sozialen Netzwerken: Friendster. Inzwischen hat sich die Website in eine malaiische Gaming-Seite transformiert. Ich überlegte eine Runde Online-Cricket zu zocken, allerdings hätte ich bei der Anmeldung all meine Facebook-Freunde auch gleich noch dem Friendster-Netzwerk ausliefern müssen. Das wollte ich dann doch niemandem zumuten.

Angeblich hat Friendster über 115 Millionen registrierte Nutzer, wobei 90% davon in Asien leben. Friendster scheint mir der David Haseloff unter den sozialen Netzwerken zu sein—nachdem die Geschäfte im amerikanischen Heimatmarkt nicht mehr laufen, hat es sich für ein zweites Zombieleben in Übersee entschieden.

Im Grunde genommen ähneln soziale Netzwerke Celebrities in vielerlei Hinsicht. Ihre Macht rührt einfach nur daher, dass die Leute an sie denken. Manchmal funktioniert es sich ein neues Image oder einen neuen Look zu zulegen, aber manchmal zieht der Zeitgeist auch einfach unaufhaltsam weiter.

Ich bin mir sicher, dass die Nutzer einmal dachten, das Friendster ein ewiger Teil ihres endlichen Lebens sein würde und für manche Menschen in Indonesien hat es diese Stellung vielleicht immer noch. In Europa und Amerika ist die fröhliche Online-Party jedenfalls schon lange vorbei, die uns die New York Times vor zehn Jahren als befremdliche Zukunft unseres digitalen Lebens verkaufen wollte. Laut eigener Datenanalyse wird Facebook jedenfalls noch ewig lange weiterleben.