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Gnadenlos ehrlicher Algorithmus: Auf How-Old.net schätzt Microsoft euer Alter

Bei der neue Gesichtserkennung von Microsoft Azure scheinen Spieltrieb und Eitelkeit mal wieder größer zu sein als Datenschutzbedenken.
Foto: Bill Gates, geschätzt auf 66, wahres Alter 69 (Screenshot How-old.net)

Jeder von uns steht bisweilen vor der schwierigen Aufgabe, das Alter einer fremden Person schätzen zu müssen. Und egal ob man sich nun in der Rolle des Schätzenden oder des Geschätzten befindet: Die Situation ist stets etwas unangenehm, birgt aber gleichzeitig auch eine gewisse Spannung. Vielleicht ist genau das der Grund, warum sich am Wochenende die ursprünglich microsoftinterne Demo einer neuen API zur automatischen Gesichtserkennung zu einem viralen Phänomen entwickelte.

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Sei es aus Eitelkeit oder purem Spieltrieb: Auf how-old.net luden innerhalb weniger Stunden 35.000 Menschen Bilder von sich hoch, um ihr Alter vom Algorithmus des Clouddienstes Microsoft Azure schätzen zu lassen. Wie die Entwickler Corom Thompson und Santosh Balasubramanian, Microsoft-Ingenieure in den Bereichen Informationsmanagement und Machschinelles Lernen, auf ihrem Blog erklären, hatten sie zunächst lediglich einige Hundert Microsoft-Mitarbeiter gebeten, die Demo für die Entwickler-Konferenz Build 2015 zu testen.

Kurze Zeit später hatten alleine in der Türkei 29.000 Menschen ihr Alter und Geschlecht von der Software ermitteln lassen. Zum Überraschen der Urheber der Aktion ergab eine Analyse von 210.000 hochgeladenen Bildern, dass es sich bei rund 50 Prozent der Fotos um echte Bilder von den Usern handelte.

Auf entsprechende Anfragen weltweiter Nutzer, ob die Bilder von Microsoft für weitere Zwecke außerhalb von how-old.net verwendet würden, erklärten die Entwickler: Wir speichern die Fotos nicht, wir teilen sie nicht und wir nutzen sie ausschließlich, um euer Alter und Geschlecht zu schätzen. Wir verwenden die in der Industrie üblichen Nutzungsbedingungen. Allerdings verhalten sich genau diese terms of service, auf die die Entwickler in ihrem Statement hinweisen bei genauerem Hinsehen eher konträr zu der Aussage von Thompson und Balasubramanian . Denn Microsoft behält sich für alle Azure-Dienste, also auch how-old.net, das Recht vor, Bilder u.a. zu „kopieren, bearbeiten, veröffentlichen". Die vollständigen Nutzungsbedingungen findet ihr hier

Um das Potenzial der API auch anonym testen zu können, haben die Entwickler aber auch die Bildersuche von Bing in ihre Demo integriert. Weitere Information zum Project Oxford, dem Forschungsprojekt das Microsofts neue Gesichtserkennung mit der selben API testet, findet ihr hier. Während die Demo beim Erkennen von Gesichtern ziemlich schnell ist und auch das Geschlecht treffsicher anzeigt, liegt sie beim Schätzen des Alters regelmäßig deutlich daneben. Meine Motherboard-Redaktionskollegen hat das Tool jedenfalls stilsicher als zu alt geschätzt.

Aber seht selbst.